08.05.2024 12:02:23 - dpa-AFX: ROUNDUP 2: Siemens Energy erhöht Prognose - Sanierungsplan für Windgeschäft

(neu: Details, Analysten, Aktienkurs)

MÜNCHEN (dpa-AFX) - Der angeschlagene Energietechnikkonzern Siemens Energy
findet langsam zurück in die Spur. Die Münchner profitieren von
einer deutlich gestiegenen Nachfrage im Elektrizitätsmarkt. Insbesondere das
Netzgeschäft wächst rasant. Nach einem besser als erwartet ausgefallenen zweiten
Geschäftsquartal erhöhte das Unternehmen, das in der Vergangenheit durch
zahlreiche Gewinnwarnungen Vertrauen an der Börse verspielt hatte, seine
Prognose für das laufende Geschäftsjahr.

Für das Verluste schreibende Windgeschäft Siemens Gamesa wurde zudem ein
weitreichender Sanierungsplan vorgelegt, der den Turbinenbauer wieder in die
schwarzen Zahlen führen soll. Dies wird jedoch Jahre dauern. Der Plan beinhaltet
unter anderem Kapazitätsanpassungen und ein Stellenabbau im Geschäft mit
Landturbinen. Zudem überraschte Siemens Energy mit einem Managementwechsel bei
Gamesa: Chef Jochen Eickholt, der das Sanierungsprogramm maßgeblich
mitverantwortet, wird zum Jahresende ausscheiden. Siemens Energy begründete dies
mit einem "Generationenwechsel".

Die in den letzten Jahren stark gebeutelte Aktie von Siemens Energy
verzeichnete am Mittwoch einen Kurssprung. Mit einem Plus von 12 Prozent auf
mehr als 22 Euro führte das Papier am Vormittag die Gewinnerliste im Leitindex
Dax an. Der Kurs hat in diesem Jahr einen Gutteil seiner Verluste
wett gemacht: So hat die Aktie im laufenden Jahr um mehr als 80 Prozent
gewonnen. Für die vergangenen 12 Monate steht noch ein kleines Minus von 3,5
Prozent zu Buche. Auf drei Jahre gesehen hat das Papier gut 16 Prozent an Wert
eingebüßt.

In der zweiten Jahreshälfte 2023 war der Siemens-Energy-Kurs vor allem wegen Gamesa deutlich eingebrochen. Wurden im Juni des vergangenen Jahres noch Kurse
knapp über dem nun wieder erreichten Kursniveau bezahlt, sackte der Aktienwert
bis Ende Oktober auf ein Rekordtief von nur noch 6,40 Euro ab. Seitdem hat sich
der Kurs mittlerweile schon wieder mehr als verdreifacht.

Nach den zahlreichen Gewinnwarnungen, die es zuletzt gab, sendet das
Unternehmen damit wieder bessere Nachrichten, wie es am Markt hieß. Für Akash
Gupta von der US-Bank JPMorgan war es die größte positive Überraschung, dass das
Unternehmen nun im Gesamtjahr mit einem klar positiven Mittelzufluss rechnet.
Jefferies-Experte Simon Toennessen zeigte sich davon ebenfalls beeindruckt. Im
zweiten Quartal seien der Mittelzufluss und der Auftragseingang stark gewesen,
die Zahlen insgesamt besser ausgefallen als erwartet. UBS-Analystin Supriya
Subramanian geht nach der Prognoseerhöhung nun davon aus, dass die
Gewinnerwartungen des Marktes im mittleren bis hohen einstelligen Prozentbereich
steigen dürften.

Berenberg-Experte Philip Buller notierte zudem, dass es keine weiteren
schlechten Nachrichten bei Siemens Gamesa gegeben habe, auch wenn die Zahlen
weiter schlecht seien. Er verwies dabei auch auf den Sanierungsplan des
Windanlagenbauers und die angekündigte Rückkehr der Landturbinen 4.X und 5.X in
den Verkauf. Den Chefwechsel bei Gamesa bezeichnete er als "vernünftig", er
komme seiner Ansicht nach ein Jahr früher als vorgesehen. Jedoch dürfte dies gut
aufgenommen werden. Nachfolger Vinod Philip, bislang zuständig für
Zentralfunktionen und maßgeblich an der Integration von Gamesa beteiligt, sei
eine gute Wahl.

Die Entwicklung im zweiten Geschäftsquartal zeuge "von der anhaltend starken Nachfrage nach unserer Energiewende-Technologie sowie ersten Erfolgen bei der
Stabilisierung des Windgeschäfts", sagte Konzernchef Christian Bruch. Dabei
profitierte der Konzern insbesondere von einem stark laufenden Netzgeschäft.
Statt um 3 bis 7 Prozent soll der Umsatz 2023/24 (per Ende September) auf
vergleichbarer Basis nun um 10 bis 12 Prozent wachsen - ein Unterschied im
Milliardenbereich. Dabei ausgeklammert sind Währungs- und Portfolioeffekte.

Bei der operativen Marge vor Sondereffekten hob das Management die untere
Spanne an und erwartet zwischen minus einem und plus einem Prozent. Bislang war
Siemens Energy im schlechtesten Fall von minus zwei Prozent ausgegangen. Auch
beim Mittelzufluss nach Steuern zeigte sich das Unternehmen deutlich
optimistischer.

Im zweiten Quartal erzielte Siemens Energy ein vergleichbares
Umsatzwachstum von 3,7 Prozent auf rund 8,3 Milliarden Euro. Der Auftragseingang
sank hingegen auf vergleichbarer Basis um 22 Prozent auf 9,5 Milliarden Euro.
Dafür waren in erster Linie fehlende Orders von Siemens Gamesa verantwortlich,
wo derzeit Verkäufe von bestimmten Landturbinen wegen Qualitätsmängel noch
ausgesetzt sind. Für die betroffenen Turbinen soll der Vertrieb zum Ende des
Geschäftsjahres (4.X) beziehungsweise 2025 (5.X) wieder aufgenommen werden,
kündigte Bruch an.

Das bereinigte operative Ergebnis legte von 41 Millionen auf 170 Millionen
Euro zu. Das Netzgeschäft verzeichnete dabei einen Gewinnsprung. Nach Steuern
verdiente Siemens Energy 108 Millionen Euro, dabei profitierte das Unternehmen
auch von dem Verkauf von Geschäftsbereichen. Im Vorjahr hatte noch ein Verlust
von 189 Millionen Euro zu Buche gestanden.

Die kriselnde Wind-Tochter Gamesa schrieb weiter Verluste, diese fielen
jedoch nicht so hoch aus wie von Analysten erwartet. Das Unternehmen hat am
Mittwoch ein umfassendes Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht, welches Gamesa bis
zum Jahr 2026 wieder in die Gewinnzone führen soll. Dabei kommt es zu einem
Wechsel an der Spitze des Windanlagenherstellers: Jochen Eickholt werde den
Chefposten zum 1. August an Vinod Philip übergeben und nach einer Übergangsphase
zum 30. September ausscheiden. Der 62-Jährige hatte vor rund zwei Jahren das
Ruder bei der Verluste schreibenden Wind-Tochter übernommen.

"Bei Siemens Gamesa hat Jochen in einer sehr schwierigen Situation die
zentralen Grundlagen für die dringend erforderliche Sanierung und den Neubeginn
innerhalb von Siemens Energy geschaffen", sagte Bruch. Mit der nun beschlossenen
Umsetzung des mehrjährigen Sanierungsplans sei jetzt auch der Zeitpunkt für
einen Generationswechsel bei Gamesa gekommen.

Gamesa werde sowohl im Geschäft mit Landturbinen (Onshore) als auch mit
Meeresanlagen (Offshore) bleiben, kündigte Siemens Energy an. Das seit Jahren
kriselnde Onshore-Geschäft soll sich künftig auf die Kernmärkte Europa und USA
konzentrieren, erklärte Bruch. Sonstige lokale Märkte würden im Neugeschäft nur
noch dann bedient, wenn dies "im jeweiligen Fall wirtschaftlich sinnvoll ist".
In diesem Zusammenhang will Siemens Gamesa Kapazitäten herausnehmen. Bei
Offshore konzentriert sich die Tochter von Siemens Energy hingegen weiter auf
den Hochlauf ihrer Kapazitäten. Zudem will Gamesa die Verantwortlichkeiten für
das Neuanlagen- und das Service-Geschäft künftig zusammenfassen.

Außerdem sollen mit einem neuen Organisationsmodell unter anderem
Hierarchien-Ebenen herausgenommen werden. Dies wird auch einen Stellenabbau nach
sich ziehen. Dabei will Gamesa durch interne Arbeitsplatzwechsel möglichst viel
des beabsichtigten Personalabbaus in den betroffenen Bereichen auffangen. Die
genauen Auswirkungen der Stellenstreichungen, auch auf einzelne Länder und
Standorte, könnten derzeit noch nicht beziffert werden. Im Zuge des Chefwechsels
würden Eickholt und Philip in den kommenden Wochen die Einzelmaßnahmen
finalisieren und über die nächsten Monate hinweg mit den jeweiligen
Arbeitnehmervertretern besprechen und verhandeln. "Gamesa wird Zeit kosten",
stellte Bruch klar./nas/lew/stk
Name WKN Börse Kurs Datum/Zeit Diff. Diff. % Geld Brief Erster Schluss
SIEMENS ENERGY AG NA O.N. ENER6Y Frankfurt 25,100 17.05.24 21:26:12 -0,120 -0,48% 0,000 0,000 25,110 25,100

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