06.05.2024 19:43:09 - dpa-AFX: Zeremonie zur fünften Amtszeit von Putin spaltet EU

BRÜSSEL (dpa-AFX) - Innerhalb der EU gibt es erhebliche Differenzen über den
richtigen Umgang mit Einladungen zur Zeremonie zum Start der fünften Amtszeit
von Russlands Präsident Wladimir Putin. Wie mehrere EU-Diplomaten am Montag der
Deutschen Presse-Agentur in Brüssel sagten, wollen Länder wie Frankreich und
Ungarn Vertreter zur Vereidigung Putins schicken, um Gesprächskanäle
offenzuhalten. Deutschland und zahlreiche andere EU-Staaten halten eine
Teilnahme jedoch insbesondere angesichts des russischen Angriffskrieges gegen
die Ukraine für unangemessen. "Deutschland wird an diesem Termin nicht
teilnehmen", sagte eine Sprecherin des Auswärtigen am Montag in Berlin.

Im Fall der Bundesrepublik kommt hinzu, dass die Regierung den deutschen
Botschafter in Moskau, Alexander Graf Lambsdorff, nach Cyberangriffen auf die
SPD und deutsche Unternehmen für eine Woche zu Konsultationen nach Berlin
zurückgerufen hat. Die Bundesregierung macht für die Attacken eine Einheit des
russischen Militärgeheimdienstes verantwortlich.

Ob die Vertretung der Europäischen Union in Moskau am Dienstag bei der
Zeremonie vertreten sein wird, war am frühen Abend noch nicht abschließend
geklärt. Der Außenbeauftragte Josep Borrell hat sich nach Angaben eines
Sprechers gegen die Teilnahme der EU an der Veranstaltung ausgesprochen. Denkbar
sei aber auch noch eine Kompromisslösung, hieß es am späten Nachmittag aus dem
Auswärtigen Dienst. Als ein Argument dafür wurde genannt, dass ein Fernbleiben
bei der Zeremonie Russland einen Vorwand geben könnte, künftig noch mehr
diplomatische Regeln und Normen zu ignorieren.

Putin will an diesem Dienstagvormittag den Eid für eine weitere Amtszeit als russischer Präsident ablegen. Damit beginnen für ihn sechs weitere Jahre als
Staatschef. Die Zeremonie im Moskauer Kreml findet vor Vertretern der Regierung,
beiden Kammern des russischen Parlaments und weiteren hochrangigen Gästen statt.
Der 71 Jahre alte Putin, der die Politik im Land seit 24 Jahren beherrscht,
hatte sich bei der Präsidentenwahl im März ein Rekordergebnis von mehr als 87
Prozent der Stimmen bescheinigen lassen.

Die EU hatte am Ablauf der Wahl scharfe Kritik geübt. In einer Erklärung
hieß es, die russische Wählerschaft habe nur sehr beschränkten Zugang zu
faktischen Informationen und "keine echte Wahl" gehabt. Grund dafür sei unter
anderem gewesen, dass zahlreiche Kandidatinnen und Kandidaten ausgeschlossen
worden sein - darunter auch all jene, die sich gegen den Angriffskrieg Russlands
gegen die Ukraine ausgesprochen hätten./aha/DP/he

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