04.05.2024 16:13:33 - dpa-AFX: ROUNDUP: Lob für Merz vor CDU-Parteitag - Umgang mit Grünen und SPD umstritten

BERLIN (dpa-AFX) - Vor dem CDU-Bundesparteitag hat sich der
nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst klar hinter Parteichef
Friedrich Merz gestellt. Die Christdemokraten wollen auf ihrem am Montag
beginnenden Konvent in Berlin Kurs auf eine mögliche Übernahme des Kanzleramts
nach der nächsten Bundestagswahl nehmen. Merz bekräftigte, mit der Frage der
Kanzlerkandidatur der Union "beschäftigen wir uns im Herbst". In der Frage
möglicher Koalitionspartner nach der nächsten Wahl wurden bei führenden
CDU-Politikern unterschiedliche Nuancen deutlich.

Zur Frage der Kanzlerkandidatur sagte Merz dem "Tagesspiegel" (Samstag),
wenn die Wahl regulär stattfinde, sei dann noch ein Jahr Zeit. Allerdings räumte
er ein: "Neuwahlen sind beim Zustand der Bundesregierung nicht ausgeschlossen."
Die Christdemokraten sieht Merz auf einem guten Weg, um nach der nächsten
Bundestagswahl wieder in Regierungsverantwortung zu kommen. "Die CDU ist jetzt
wieder klar positioniert."

Wüst, der neben Merz und CSU-Chef Markus Söder als möglicher Kanzlerkandidat der Union gilt, lobte den CDU-Chef. Auf die Frage der "Welt am Sonntag", ob die
CDU ein "Merz-Problem" habe und einen Vorsitzenden, der die Umfragewerte der
Partei nach unten ziehe, sagte Wüst: "Um hier klar zu entgegnen: Nein, die CDU
hat dieses Problem nicht. Friedrich Merz hat der CDU nach der verlorenen
Bundestagswahl wieder Stabilität gegeben."

In Umfragen liegen CDU/CSU derzeit bei 29 bis 32,5 Prozent. Bei der Wahl
2021 hatte die Union nur 24,1 Prozent erreicht. Bei ihrem Parteitag will sich
die CDU mit einem erneuerten Programm als Gegenmodell zur Ampel-Koalition
präsentieren.

Spahn rechnet mit starkem Ergebnis für Merz

Auch Präsidiumsmitglied Jens Spahn verwies darauf, dass Merz und CSU-Chef
Markus Söder im Herbst gemeinsam einen Vorschlag zur Kanzlerkandidatur machen
würden. "Aber natürlich ist ein CDU-Vorsitzender immer auch ein natürlicher
Kanzlerkandidat", sagte Spahn der Deutschen Presse-Agentur. Bei der am Montag
anstehenden ersten Wiederwahl von Parteichef Friedrich Merz rechne er "mit einem
starken Ergebnis, mit viel Rückenwind und Unterstützung" für den Vorsitzenden.

Zugleich warb Spahn für einen selbstbewussten Kurs, um bei einer künftigen
Regierungsbildung ohne SPD und Grüne auszukommen. "Wir wollen eine bürgerliche
Politik, eine Politik, die Leistung wertschätzt, die wertebasiert ist, die auf
Marktwirtschaft setzt. Und die geht nun mal mit Grünen und SPD schlecht. Das
sind immer Kompromisse nach links", sagte Spahn. "Mit diesen Bundes-Grünen, die
sich so reideologisieren, sehe ich aktuell nicht, wie eine Zusammenarbeit
funktionieren soll", sagte er etwas mit Blick auf den Atomausstieg. "Wenn die
Grünen wieder koalitionsfähig werden wollen, müssen sie sich ziemlich
verändern."

Wüst: "Bei Optionen nicht verengen"

Wüst sagte dagegen, dass sich die Union mehrere Koalitionsmöglichkeiten
offen halten solle. "Die Union muss am besten so stark werden, dass es mehrere
Optionen gibt", sagte der CDU-Politiker. "Wir dürfen uns bei den Optionen, die
Koalitionen aus der demokratischen Mitte heraus bieten, nicht verengen". Er habe
in NRW erfolgreich mit der FDP regiert, nun arbeite die CDU mit den Grünen
"vertrauensvoll und gut zusammen". Auch die SPD "kann immer Partner für die
Union sein, wenn es der Wählerwunsch ist".

Spahn erinnerte auf den Hinweis, dass ohne Grünen und SPD nur die derzeit um fünf Prozent pendelnde FDP als Partner bleibe, an die Wahl 2013. Damals habe es
eine ähnliche Ausgangslage gegeben. Die FDP flog aus dem Bundestag. Die Union
habe die absolute Mehrheit mit 41,5 Prozent nur um fünf Mandate verfehlt. Dies
zeige ihm, dass eine solche Konstellation wieder machbar sei, so Spahn.

Merz: Grüne verantwortungsbewusster als SPD

Merz bemerkte: "Die perfiden Versuche, uns mit dem Attribut "rechts"
gemeinsam mit der AfD zu attackieren, kommen nur von der SPD. Die Grünen agieren
in dieser Hinsicht sehr viel verantwortungsbewusster." Der SPD warf der CDU-Chef
vor, bei ihnen "fallen alle Hemmungen, je näher der Wahltermin rückt". Bei einem
kürzlichen Treffen der SPD-Spitze habe man den "Kampf gegen rechts" zur
Hauptaufgabe erklärt - "und die CDU natürlich gleich mitgemeint". Das
widerspreche seiner Verabredung mit den SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Lars
Klingbeil, im Kampf gegen den Rechtsextremismus zusammenzustehen.

Wappnen für den Wahlkampf

Inhaltlich forderte Spahn, die Union müsse bei der Bundestagswahl mit fünf,
maximal zehn konkreten Punkten antreten. Es gehe um Steuerentlastungen, die
Abschaffung des Bürgergeldes, das Rückabwickeln des Heizungsgesetzes und die
Begrenzung irregulärer Migration. "Wir müssen antreten mit diesen klaren
Positionen, von denen klar ist, wenn wir regieren, kommen die auch genau so."
Merz sagte: "Wir werden ein Sofortprogramm für die Wirtschaft brauchen, um die
Stimmung in den Unternehmen zu heben. Wir sind psychologisch vermutlich in
schlechterer Verfassung als die Wirtschaft selbst."

Wie umgehen mit Wagenknecht?

CDU-Bundesvize Karin Prien schließt eine Zusammenarbeit ihrer Partei mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) nach den drei anstehenden ostdeutschen
Landtagswahlen nicht aus. Prien, die auch Bildungsministerin in
Schleswig-Holstein ist, sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag): "In den
Ländern wird man schauen müssen, welche Persönlichkeiten dort für das BSW
antreten und welche politischen Ziele in den Wahlprogrammen stehen. Danach kann
man entscheiden, ob es vor Ort eine Grundlage für eine Zusammenarbeit mit dem
BSW gibt." Kooperationen mit Linkspartei und AfD lehnt sie weiter ab, auf
Bundesebene im Augenblick auch mit dem BSW.

Merz sagte auf die Frage, ob er Kontakt zu Wagenknecht habe: "Warum sollte
ich? Sie segelt ins Plenum, hält eine Rede und rauscht wieder ab, ehe der
nächste Redner angefangen hat." Er glaube nicht, dass ihre Partei eine relevante
Größe erreiche oder dass Wagenknecht Interesse an parlamentarischer Arbeit
habe./bw/bk/sam/DP/mis

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