04.05.2024 11:35:03 - dpa-AFX: ROUNDUP: Cyber-Angriffe - Expertin sieht 'besorgniserregende Bedrohungslage'

BERLIN (dpa-AFX) - BSI-Präsidentin Claudia Plattner hat nach dem mutmaßlich
russischen Cyber-Angriff auf die SPD vor weiteren Fällen gewarnt und eine
konsequente Umsetzung von Schutzmaßnahmen gefordert. "Wir haben eine
besorgniserregende Bedrohungslage", sagte die Präsidentin des Bundesamtes für
Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) am Freitagabend in den
ARD-"Tagesthemen". Der Grünen-Innenpolitiker Konstantin von Notz forderte die
Bundesregierung zum entschlossenen Handeln auf - der CDU-Außenpolitiker Roderich
Kiesewetter verlangte mehr Mittel für die Cyberabwehr in Deutschland.

Technische Schutzmaßnahmen konsequent angehen

Plattner sagte, man sei der Bedrohung nicht schutzlos ausgeliefert. "Es gibt die technischen Möglichkeiten, sich zu schützen. Die müssen wir jetzt konsequent
miteinander umsetzen." Konkret sagte die Expertin: "Wir müssen alle unsere IT in
Ordnung bringen." Die Systeme müssten auf dem neuesten Stand sein, man müsse
sich gegebenenfalls Back-ups von Daten machen. "Also es gibt sehr viel zu tun,
und das ist auch sehr vielschichtig. Wenn es ein einfaches Thema wäre, dann
hätten wir das alle längst geschafft", sagte sie.

Cyber-Angriffe nicht nur auf die SPD - diplomatisches Signal an Moskau

Zuvor war bekannt geworden, dass die Bundesregierung eine Einheit des
russischen Militärgeheimdienstes für einen Cyber-Angriff auf die SPD im
vergangenen Jahr verantwortlich macht. Ziel waren damals laut SPD E-Mail-Konten
der Parteizentrale. Weitere Cyber-Angriffe richteten sich nach Angaben des
Bundesinnenministeriums gegen deutsche Unternehmen aus den Bereichen Logistik,
Rüstung, Luft- und Raumfahrt, IT-Dienstleistungen sowie gegen Stiftungen und
Verbände.

Das Auswärtige Amt bestellte am Freitag einen hochrangigen russischen
Diplomaten ein, den amtierenden Geschäftsträger, der in Abwesenheit des
Botschafters die russische Botschaft leitet. Das sei ein klares diplomatisches
Signal, "Moskau deutlich zu machen, dass wir dieses Vorgehen nicht akzeptieren,
deutlich verurteilen und uns da auch Konsequenzen vorbehalten", sagte ein
Sprecher des Außenministeriums.

Demokratie "wehrhafter aufstellen"

Grünen-Politiker von Notz, der dem Parlamentsgremium zur Kontrolle der
Geheimdienste vorsteht, gehen die bisherigen Schutzmaßnahmen nicht weit genug.
Er sagte der "Rheinischen Post" (Samstag): "Staatlich organisierte
Einflussnahme-Operationen aus Russland, China und anderen autoritären Staaten
bedrohen unsere Freiheit und Sicherheit ganz massiv." Die krassen und ernsten
Risiken seien lange bekannt. "Politisch müssen wir ihnen endlich ganz anders als
bisher begegnen und unsere Demokratie sehr viel wehrhafter aufstellen." Während
man in anderen Bereichen durchaus Konsequenzen aus der Aggression von Russland
gezogen habe, bleibe die "Zeitenwende" bei der Bekämpfung und Abwehr von
hybriden Bedrohungen bislang weitgehend aus, sagte von Notz. Er forderte, die
Sicherheitsbehörden personell und technisch zu stärken.

Es sei überfällig, dass man sich mit diesen ganz "erheblichen
sicherheitspolitischen Risiken" angemessen beschäftige. "Hier ist in erster
Linie das Bundesinnenministerium in der Verantwortung. Doch auch das Kanzleramt
ist in der Verantwortung, dass die Reform des Rechts der Nachrichtendienste und
das Kritis-Dachgesetz zeitnah endlich vorgelegt und abgeschlossen werden", sagte
der Grünen-Politiker. "Wir können es uns schlicht nicht erlauben, erhebliche
Risiken für unser Land und unsere Demokratie weiterhin so sträflich zu
vernachlässigen." Mit dem Kritis-Gesetz soll die kritische Infrastruktur besser
vor Gefahren geschützt werden.

Forderung nach mehr Geld für IT-Sicherheit

Der CDU-Politiker Roderich Kiesewetter sagte dem Portal taz.de: "Wir müssen
finanziell wie mental deutlich mehr in unsere Sicherheit investieren." Er
kritisierte die bisherigen Maßnahmen der rot-grün-gelben Bundesregierung. "Die
Bedrohungslage durch russische Cyber-Angriffe ist gravierend ernst, auch für
Deutschland, das leider einerseits naiv im Umgang mit hybrider Kriegsführung ist
und andererseits besonders schlecht gewappnet ist im Bereich der Cyberabwehr und
der Spionageabwehr."/stz/DP/zb

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