03.05.2024 16:03:40 - dpa-AFX: ROUNDUP: Schwierige Lage für viele Handwerksbetriebe

BERLIN (dpa-AFX) - Viele Handwerksbetriebe in Deutschland stecken in einer
schwierigen Lage. "Von einer konjunkturellen Entspannung im Gesamthandwerk kann
keine Rede sein", sagte Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbandes des
Deutschen Handwerks (ZDH), der Deutschen Presse-Agentur. Weiter in der Krise ist
vor allem der Wohnungsbau. Weil es dort deutlich weniger Neuaufträge gebe,
dürften die Wartezeiten auf einen Handwerker hier laut ZDH weiter abnehmen.

Die Geschäftslage im Handwerk hat sich im ersten Quartal 2024 spürbar
eingetrübt, wie eine neue Umfrage ergab. Grund sei insbesondere die schwächelnde
Baukonjunktur und die schwache Nachfrage der Industrie. Insgesamt hätten nur
noch 43 Prozent der Betriebe eine gute Geschäftslage gemeldet.

Die Geschäftserwartungen ließen für das laufende Quartal keine
Konjunkturerholung im Gesamthandwerk erwarten. Allerdings sei die Lage
zweigeteilt. Die Baukonjunktur leide unter dem schwachen Wohnungsbau und
Verzögerungen bei der Energie- und Klimatransformation. Der Hochbau zeige eine
"eklatante Nachfrageschwäche", die sich insbesondere im Wohnungsbau zeige, hieß
es. Die Order seien am Tiefpunkt einer Talsohle angekommen. Der Wohnungsbau wird
seit längerem von gestiegenen Zinsen und Baukosten belastet.

Industriezulieferer würden von den schwachen Exporten der deutschen
Wirtschaft belastet, hieß es weiter. Auf der anderen Seite scheine sich der
Konsum zu erholen, wovon die übrigen Handwerksbranchen mehr oder weniger stark
profitierten. Aufgrund des großen Gewichts der Bau- und Ausbaugewerke am
Gesamthandwerk sei für das Gesamtjahr aber damit zu rechnen, dass die Umsätze
real erneut sinken.

Termine bei Handwerksbetrieben seien aktuell sicherlich schneller verfügbar
als noch vor einem Jahr, so der ZDH. "Aber gleich am nächsten Tag werden diese
auch weiter nicht zu bekommen sein, außer es handelt sich um Notfälle. In den
Bauhandwerken werden noch immer Auftragsbestände aus den Vorjahren abgearbeitet,
auch wenn diese Auftragspolster abnehmen und absehbar auslaufen werden." Während
Wartezeiten auf Handwerker im Wohnungsbau weiter abnehmen, sieht es bei
energetischen Sanierungen anders aus. Die Nachfrage bleibt laut ZDH hoch, womit
die Wartezeiten auf einem hohen Niveau verbleiben dürften.

Zur Entwicklung der Preise hieß es, höhere Ausgaben für Material, Energie
und Löhne ließen sich nicht stemmen, ohne die Preise anzupassen. Dazu kämen hohe
Lasten aus Berichts- und Nachweispflichten, die Personalkapazitäten im Betrieb
binden und auch durch Aufträge "verdient" werden müssten.

Der Handlungsdruck für die Politik habe in keiner Weise nachgelassen, so
Dittrich. "Wenn die Handwerksbetriebe, die vor Ort täglich ihre Geschäfte
betreiben, in großer Zahl davon berichten, dass ihre Aufträge zurückgehen, ihre
Umsätze sinken, sich die Beschäftigtenzahl verringert und sie Investitionen
wegen zu großer Unsicherheiten und fehlender verlässlicher Planungs- und
Förderbedingungen nicht tätigen, dann sind das Fakten und kein Schlechtreden der
Situation". Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte wiederholt davor gewarnt, den
Standort schlechtzureden.

Der Handwerkspräsident nannte eine hohe Steuer- und Abgabenlast, die den
Mittelstand in der Fläche treffe. "Gleiches gilt bei der Bürokratie, die das
Handwerk vor allem aufgrund seiner verhältnismäßig kleinen Betriebsgröße
besonders belastet: Im Handwerk liegen die Dokumentations-, Berichts- und
Nachweispflichten in den meisten Fällen allein auf dem Schreibtisch der
Betriebsinhaberin oder des Betriebsinhabers. Im Unterschied zu vielen großen
Konzernen können sie sich eigene Abteilungen nur zur Bewältigung der Bürokratie
schlicht nicht leisten."

Dittrich forderte ein "mutiges, mittelstandsorientiertes Wachstumspaket".
Bei den anstehenden Verhandlungen über den Bundeshaushalt 2025 müsse die
Regierung Zukunftsinvestitionen Vorrang einräumen, also mehr Bildung und
Maßnahmen, die Deutschland im Wettbewerb stärken.

Die Haushaltsverhandlungen innerhalb der Bundesregierung dürften allerdings
schwierig werden, weil die Koalition Milliardenlöcher schließen muss.
Forderungen nach einer Reform der Schuldenbremse hat die FDP eine Absage
erteilt. Unklar ist, wie genau ein neues Wachstumspaket aussehen kann und
welches Entlastungsvolumen es hat./hoe/DP/stw

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