30.04.2024 11:41:53 - dpa-AFX: POLITIK: Neue Regeln gegen Scheinvaterschaften geplant

BERLIN (dpa-AFX) - Die Ampel-Koalition nimmt einen neuen Anlauf, um das seit
Jahren ungelöste Problem von Scheinvaterschaften zur Sicherung eines Aufenthalts
in Deutschland in den Griff zu bekommen. Als Scheinväter bieten sich meist
Männer ohne Job an, die dafür Geld kassieren, dass sie einer Frau und ihrem Kind
zur deutschen Staatsbürgerschaft oder einem langfristigen Aufenthaltstitel
verhelfen. Ein Entwurf, der im Juni im Kabinett beraten werden könnte, sieht
vor, dass die Ausländerbehörde vor der Beurkundung der Vaterschaft künftig immer
dann prüfen soll, ob es sich um einen Betrugsversuch handelt, wenn zwischen
Vater und Mutter ein "Aufenthaltsrechtsgefälle" besteht. Das ist zum Beispiel
dann der Fall, wenn der Vater Deutscher ist und die Mutter nur ein
Touristenvisum oder eine Duldung hat.

Liegt ein Nachweis vor, dass jemand der leibliche Vater ist oder wohnen
Mutter und Vater schon länger als Paar zusammen, wird von einer Prüfung
abgesehen. Umgekehrt soll ein Missbrauch grundsätzlich immer dann vermutet
werden, wenn sich das vermeintliche Paar sprachlich nicht verständigen kann,
wenn es Hinweise gibt, dass der "Vater" Geld erhalten hat oder wenn ein Mann
schon andere Kinder ausländischer Mütter anerkannt hat. Über den Entwurf hatte
zuerst das ARD-Hauptstadtstudio berichtet.

Der Gesetzgeber hat seit 2008 schon zweimal versucht, den
Scheinvaterschaften einen Riegel vorzuschieben. Die erste Reform wurde
allerdings vom Bundesverfassungsgericht gekippt - wegen der Härte für Kinder,
die dadurch staatenlos werden können. Die zweite Reform, bei der Notare und
Jugendämter aufgefordert sind, vermutete Missbrauchsfälle an die
Ausländerbehörden zu melden, erwies sich als wenig effektiv. Denn
Missbrauchsfälle werden, wenn überhaupt, meist erst spät erkannt. Eine
nachträgliche Korrektur ist nicht möglich. Die Justizminister der Länder dringen
schon länger auf eine Gesetzesänderung. Denn die Männer, die für einige Tausend
Euro ein Kind anerkennen, leben in der Regel von staatlichen Leistungen. Wenn es
um den Kindesunterhalt geht, ist bei ihnen ergo nichts zu holen, sodass der
Staat einspringen muss.

Der Entwurf, an dem das Bundesinnenministerium und das Justizressort
mitgewirkt haben, sieht erstmals eine Strafbarkeit vor. Wer falsche Angaben
macht, um eine Zustimmung zur Anerkennung einer Vaterschaft zu erwirken, die
Auswirkungen auf den Aufenthaltsstatus von Mutter und Kind haben, muss demnach
in Zukunft mit einer Geldstrafe oder eine Haftstrafe von bis zu einem Jahr
rechnen. Nach Erkenntnissen der Bundesregierung wurden von den Ausländerbehörden
in den Jahren 2018 bis 2021 insgesamt 1769 Verdachtsfälle bearbeitet und 290
falsche Anerkennungen festgestellt. Das tatsächliche Ausmaß sei vermutlich
deutlich größer, hieß es./abc/DP/ngu

© 2000-2024 DZ BANK AG. Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen | Impressum
2024 Infront Financial Technology GmbH