26.04.2024 10:39:11 - dpa-AFX: ROUNDUP/Habeck: Frage des Weiterbetriebs deutscher AKW wurde proaktiv geprüft

BERLIN (dpa-AFX) - Nach Angaben von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck
haben er und sein Ministerium die Frage eines möglichen Weiterbetriebs der
deutschen Atomkraftwerke sehr frühzeitig von sich aus geprüft. Das betonte
Habeck am Freitag in Berlin nach einer Sondersitzung des Ausschusses für
Klimaschutz und Energie, in der er den Abgeordneten Rede und Antwort gestanden
hatte.

Auslöser der Sondersitzung war ein Bericht des Magazins "Cicero". Demnach
sollen sowohl im Wirtschafts- als auch im Umweltministerium im Frühjahr 2022
interne Bedenken zum damals noch für den folgenden Jahreswechsel geplanten
Atomausstieg unterdrückt worden sein. Beide grün geführten Ministerien weisen
das zurück. Den Abgeordneten sollen nun weitere Unterlagen zur Verfügung
gestellt werden.

"Und wenn die Abgeordneten die Unterlagen lesen, dann wird sich ein anderes
Bild darstellen", sagte Habeck. "Die Unterlagen erzählen eine andere Geschichte,
als es kolportiert wurde, nämlich dass das Ministerium und meine Person, und
zwar schon vor dem russischen Angriffskrieg, aktiv auf die Betreiber der
Atomkraftwerke zugegangen ist, mit der Frage: Können eure Dinger länger laufen?
Und hilft es uns was?" Diese Beratungen hätten schon kurz vor dem russischen
Angriff begonnen, als dieser sich abzeichnete, sagte eine Sprecherin des
Ministeriums auf Nachfrage. Russland war zu diesem Zeitpunkt der wichtigste
Gaslieferant Deutschlands. Der lange geplante Atomausstieg Deutschlands war für
den Jahreswechsel 2022/23 geplant.

Die Auskunft der AKW-Betreiber sei im Frühjahr gewesen, dass die noch
vorhandenen Brennelemente der letzten drei deutschen Atomkraftwerke zum
Jahresende ausgebrannt wären, sagte Habeck. "Später im Laufe des Jahres wurde
diese Information korrigiert. Da hieß es dann, die können doch noch zwei, drei,
vier, fünf Monate länger laufen und entsprechend wurde dann auch noch einmal die
Laufzeit verlängert." Er versicherte: "Die Versorgungssicherheit hatte für mich
absolute Priorität und das ganze Haus hat ohne Denkverbote, allerdings natürlich
immer auf der Basis von Fakten, von Daten und auch von Rechtsnormen,
gearbeitet."

Im Entwurf eines Vermerks hatten Fachleute des Wirtschaftsministeriums
Anfang März die Frage aufgeworfen, ob ein Weiterbetrieb nicht sinnvoll sein
könnte, Argumente dafür aufgeführt und eine Prüfung empfohlen. Dieses Papier
erreichte Habeck nach eigenen Angaben damals nicht. Es ging aber laut
Wirtschaftsministerium später in einen Prüfvermerk ein, in dem Wirtschafts- und
Umweltministerium sich gegen eine Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke
aussprachen. Später war der Betrieb von drei Atomkraftwerken zur Sicherung der
Stromversorgung doch noch bis Mitte April 2023 verlängert worden.

Die Sprecherin der Grünen-Fraktion für Klimaschutz und Energie, Ingrid
Nestle, sah die Vorwürfe mit der Sitzung "öffentlich, transparent und
vollständig ausgeräumt"./hrz/DP/ngu

© 2000-2024 DZ BANK AG. Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen | Impressum
2024 Infront Financial Technology GmbH