25.04.2024 16:25:17 - dpa-AFX: ROUNDUP: Klagen gegen Anbindung von LNG-Terminal abgewiesen

LEIPZIG/MUKRAN (dpa-AFX) - Die Genehmigung für die Anbindungsleitung des
umstrittenen Rügener Terminals für Flüssigerdgas (LNG) ist rechtens. Das
Bundesverwaltungsgericht wies Klagen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) und des
Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) ab. Der Verzicht auf eine
Umweltverträglichkeitsprüfung bei der Genehmigung sei nicht zu beanstanden, weil
das Rügener Terminal der Bewältigung einer Gasversorgungskrise diene, teilte das
Gericht am Donnerstag mit.

DUH und Nabu hatten auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses vom
August 2023 geklagt. Schon mit Eilanträgen, die auf einen Baustopp abzielten,
waren sie vor dem Leipziger Gericht im vergangenen Jahr gescheitert. Nun lehnte
das Gericht die Klagen im Hauptsacheverfahren ab. Umwelthilfe und
Naturschutzbund reagierten enttäuscht.

"Auch wenn das Gericht eben keinen Rechtsverstoß erkannt hat, dann ist aus
unserer Sicht eben das LNG-Projekt trotzdem energiepolitisch überflüssig,
ökologisch für die Ostsee wirklich fatal und eben auch politisch ein schwerer
Fehler", sagte die Nabu-Referentin für Meeresschutz, Anne Böhnke-Henrichs, der
Deutschen Presse-Agentur.

Beschleunigte Genehmigung

Angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine hatte der Bund den Ausbau einer eigenen Importinfrastruktur für LNG forciert, um unabhängiger von
russischem Gas zu werden. Mit dem LNG-Beschleunigungsgesetz hat der Gesetzgeber
die Möglichkeit geschaffen, auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung zu
verzichten.

Das Gericht schrieb, die beschleunigte Zulassung des ersten Seeabschnitts
der Leitung sei geeignet, einen relevanten Beitrag zu leisten, um die
fortbestehende Krise der Gasversorgung infolge der Einstellung der russischen
Gaslieferungen und der Zerstörung der Nord Stream Pipelines zu bewältigen. "Die
Alarmstufe des Notfallplans Gas galt im Zeitpunkt des
Planfeststellungsbeschlusses und gilt weiterhin."

Weitere Klagen angekündigt

Die DUH kündigte am Donnerstag weitere rechtliche Schritte an. "Wir werden
nicht aufgeben und nun im Genehmigungsverfahren für das LNG-Terminal im Mukran
alle rechtlichen Mittel ausschöpfen", teilte Bundesgeschäftsführer Sascha
Müller-Kraenner mit. Der Bürgermeister der unweit des Terminals gelegenen
Gemeinde Binz sagte, seine Gemeinde werde in Kürze Klage beim
Bundesverwaltungsgericht gegen die Genehmigung des LNG-Terminals einreichen.
"Wir sind sehr zuversichtlich, damit den geplanten Betriebsbeginn am 15. Mai
untersagen zu lassen."

Im Hafen von Mukran liegt bereits das Spezialschiff "Energos Power", das
seit Anfang März im Probebetrieb Gas eingespeist hat. Künftig soll es mit einem
weiteren sogenannten Regasifizierungsschiff per Schiff geliefertes LNG
aufnehmen, umwandeln und über die Anbindungsleitung einspeisen. Die rund 50
Kilometer lange Anbindungsleitung durch die Ostsee ist fertiggestellt und
verbindet das Rügener Terminal mit dem Gasleitungsknotenpunkt auf dem Festland
in Lubmin.

Kritik an Eingriffen in die Ostsee

Böhnke-Henrichs sprach von mehr als 100 000 Quadratmetern zerstörter Riffe
in einem Schutzgebiet, die bagatellisiert würden. Die bestehenden LNG-Terminals
seien schon jetzt nicht ausgelastet. Schon zum Zeitpunkt des beklagten
Genehmigungsverfahrens im zurückliegenden Sommer habe es Anzeichen gegeben, dass
keine Gasmangellage mehr bestehe.

Finn Viehberg, Leiter des WWF-Büros Ostsee, verwies auf den schlechten
Zustand der Ostsee. Umweltverträglichkeitsprüfungen würden ausgehebelt, um ihr
wissentlich noch mehr Schaden zuzumuten. Er verwies auf den stark unter Druck
stehenden Hering, der seine Kinderstube im Greifswalder Bodden hat. Auch hier
wurde die Leitung verlegt. "Es ist enttäuschend zu hören, dass das Gericht nicht
seiner Verantwortung nachkommt, die gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen
wie die Klimakrise und das Artensterben angemessen in dem Verfahren zu
berücksichtigen", kritisierte Viehberg.

Der Bund hatte das Rügener LNG-Terminal auch wegen seiner geografischen Lage verteidigt. Dem Standort komme besonders wegen der Einspeisemöglichkeit im Osten
Deutschlands eine hohe Bedeutung für die nationale und europäische
Energieversorgung zu, hatte das Bundeswirtschaftsministerium Ende Februar
erklärt.

"Wir leben in einem demokratischen Rechtsstaat, in dem jeder die Möglichkeit hat, auch staatliches Verwaltungshandeln unabhängig überprüfen zu lassen", wurde
der Schweriner Wirtschaftsminister, Reinhard Meyer (SPD), zitiert. Mit dem
Bergamt Stralsund war eine Behörde in seiner Zuständigkeit für die beklagte
Genehmigung zuständig. "Jetzt haben wir eine höchstrichterliche Entscheidung und
damit Rechtssicherheit. Das ist gut für alle Beteiligten."/chh/DP/zb

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