24.04.2024 11:10:03 - dpa-AFX: ROUNDUP: Tiktok-Gesetz vom US-Senat gebilligt - Eigentümer soll wechseln

WASHINGTON (dpa-AFX) - Das US-Gesetz, das einen Eigentümerwechsel bei der
Kurzvideo-App Tiktok erzwingen soll, hat auch den Senat als zweite
Kongresskammer passiert. Damit kommt es nun auf den Tisch von Präsident Joe
Biden, der bereits ankündigt hat, dass er es unterschreiben wird. Der in China
ansässige Bytedance-Konzern hätte danach maximal ein Jahr Zeit, sich von Tiktok
zu trennen. Ansonsten soll die App aus amerikanischen App-Stores verbannt
werden. Das Gesetz wurde vom Senat in der Nacht zum Mittwoch mit einer großen
Mehrheit von 79 zu 18 Stimmen angenommen.

Bytedance wird in den USA parteiübergreifend als chinesisches Unternehmen
gesehen, das sich entsprechend dem Willen der Kommunistischen Partei Chinas
beugen müsse. Deshalb wird gewarnt, chinesische Behörden könnten sich in großem
Stil Zugriff auf Daten amerikanischer Nutzer verschaffen - und die Plattform
auch für politische Einflussnahme nutzen. Tiktok bestreitet dies seit Jahren.

Unklar ist, ob das Gesetz vor US-Gerichten bestehen kann. Schon eine frühere Verbotsdrohung scheiterte dort.

Angesprochen auf die Abstimmung in den USA verwies Chinas Außenministerium
auf frühere Äußerungen. Peking hatte den USA etwa vorgeworfen, unter dem Vorwand
der nationalen Sicherheit wettbewerbsfähige Firmen anderer Länder behindern zu
wollen. Chinas Regierung habe nie andere Unternehmen aufgefordert, rechtswidrig
für sie Daten zu sammeln oder bereitzustellen und werde dies auch nicht tun,
sagte Sprecher Wang Wenbin Mitte März.

Das vor wenigen Tagen im Repräsentantenhaus zum zweiten Mal verabschiedete
Gesetz ist diesmal Teil eines Pakets, das unter anderem auch neue Hilfen für die
von Russland angegriffene Ukraine möglich machen soll. Deshalb kam es im zweiten
Anlauf auch schnell durch den Senat.

Bidens Demokraten bringt das Gesetz in eine Zwickmühle: Denn zum einen will
der Präsident eine harte Position gegenüber China einnehmen, zum anderen ist die
App bei jungen Nutzern populär, deren Stimmen er für eine Wiederwahl im November
braucht. Bidens Wahlkampf-Team eröffnete erst in diesem Jahr selbst einen
Tiktok-Account.

Tiktok betont, man sehe sich nicht als Tochter eines chinesischen
Unternehmens. Bytedance sei zu 60 Prozent im Besitz westlicher Investoren. Der
Firmensitz liege auf den Cayman-Inseln in der Karibik. Allerdings kontern
US-Politiker, dass die chinesischen Gründer bei einem Anteil von 20 Prozent die
Kontrolle dank höherer Stimmrechte hielten und das Hauptquartier von Bytedance
in Peking sei, wo man sich dem Einfluss der Behörden nicht entziehen könne.

Erst am Montag hatte die Europäische Kommission erneut ein Verfahren gegen
TikTok eröffnet. Es soll geprüft werden, ob die App TikTok Lite die psychische
Gesundheit Minderjähriger gefährdet und damit gegen EU-Regeln verstößt.
Besonders beunruhigt sei man über ein Aufgaben- und Belohnungsprogramm. Dieses
ermögliche es den Nutzern, Punkte zu sammeln, wenn sie bestimmte Aufgaben in der
App-Version TikTok Lite erfüllen - wie das Ansehen von Videos oder die positive
Bewertung ("Liken") von Inhalten. Dies könne süchtig machen und sei besonders
besorgniserregend für Kinder.

Tiktok hat nach eigenen Angaben 170 Millionen Nutzer in den USA. Schon
Donald Trump versuchte während seiner Amtszeit als US-Präsident, mit
Verbotsdrohungen einen Verkauf des US-Geschäfts von Tiktok an amerikanische
Investoren durchzusetzen.

Doch das Vorhaben scheiterte vor allem daran, dass US-Gerichte in den Plänen für ein Tiktok-Verbot einen Verstoß gegen die in der US-Verfassung verankerte
Redefreiheit vermuteten. Auch ein aktuelles Gesetz im Bundesstaat Montana, das
Tiktok dort aus den App-Stores verbannen sollte, liegt deswegen auf Eis. Trump
ist inzwischen von den Verbotsforderungen abgerückt./so/DP/jha

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