24.04.2024 10:38:51 - dpa-AFX: VERMISCHTES/ROUNDUP/Umfrage: Lehrkräfte beobachten Gewalt an Schulen

STUTTGART (dpa-AFX) - Fast jede zweite Lehrkraft in Deutschland sieht an der
eigenen Schule psychische oder physische Gewalt unter Schülerinnen und Schülern
in problematischem Ausmaß. Das geht aus einer am Mittwoch veröffentlichten,
repräsentativen Umfrage der Robert Bosch Stiftung hervor. Danach gaben 47
Prozent der befragten Lehrerinnen und Lehrer an, dass es diese Probleme an ihrer
Schule gebe.

Für die aktuelle Ausgabe des Deutschen Schulbarometers wurden zwischen dem
13. November und 3. Dezember vergangenen Jahres 1608 Lehrkräfte an allgemein-
und berufsbildenden Schulen in Deutschland vom Meinungsforschungsinstitut Forsa
befragt. Es handelt sich um eine repräsentative Befragung zur aktuellen
Situation der Schulen in Deutschland. Die Robert Bosch Stiftung lässt sie seit
2019 regelmäßig durchführen.

Als größte Herausforderung in ihrer beruflichen Tätigkeit sehen Lehrkräfte
das Verhalten von Schülerinnen und Schülern. Das sagten bei der aktuellen
Umfrage 35 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer. Am zweithäufigsten (33 Prozent)
nannten sie den Umgang mit heterogenen Klassen. Gemeint sind damit nach Angaben
der Robert Bosch Stiftung Klassen, in denen die Schülerinnen und Schüler
individuelle Lernbiografien, unterschiedliche kulturelle und familiäre
Hintergründe und unter Umständen auch besondere Förderbedarfe haben.

Bei der Frage, was an den Schulen am dringendsten getan werden müsse, sahen
41 Prozent Handlungsbedarf beim Personalmangel. Dagmar Wolf von der Robert Bosch
Stiftung wertete die Ergebnisse der Umfrage als Momentaufnahme eines kranken
Systems. Lehrerinnen und Lehrer müssten seit Langem die Folgen des "massiven
Personalmangels" ausgleichen und immer neue Belastungen bewältigen. Gleichzeitig
werde das berufliche Wohlbefinden in Zukunft enorm wichtig sein, um Lehrerinnen
und Lehrer an den Schulen zu halten und den Beruf für junge Menschen wieder
attraktiver zu machen.

Dringenden Handlungsbedarf sieht gut ein Drittel auch bei maroden
Schulgebäuden: 35 Prozent der befragten Lehrkräfte hielten Investitionen in die
Sanierung und Renovierung für notwendig. Der Bedarf ist laut Robert Bosch
Stiftung in allen Regionen und sozialen Lagen in etwa gleich hoch.

Ganz grundsätzlich zeigt die Umfrage aber auch: Obwohl die Mehrheit (75
Prozent) der Lehrerinnen und Lehrer der Umfrage zufolge zufrieden mit ihrem
Beruf und ihren Schulen ist, würden 27 Prozent den Beruf wechseln, wenn sie
könnten.

Mit Blick auf die Umfrage sagte die Vorsitzende des Philologenverbandes
Susanne Lin-Klitzing, dem Berliner "Tagesspiegel": "Es ist erschütternd, dass so
viele Lehrkräfte im Alltag verschiedene Formen von Gewalt erleben müssen." Das
wachsende Ausmaß von Gewalt an Schulen, der Lehrkräftemangel und der marode
Zustand vieler Schulen führten zu zusätzlichem Stress für alle. Deshalb müsse in
die Schulen investiert werden.

Auch Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) nannte die
Ergebnisse alarmierend. Es mache deutlich, wie groß mittlerweile der
Handlungsdruck in der Bildung sei, sagte sie den Tageszeitungen der Funke
Mediengruppe.

Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Stefan Düll, sagte: "Wenn
Lehrkräfte in der Schule einen großen Teil der eigentlichen Unterrichtszeit
aufwenden müssen, um sich mit problematischem Verhalten der Schülerinnen und
Schülern und mit der Schlichtung von Konflikten auseinanderzusetzen, bleibt
weniger Zeit für guten Unterricht."/asn/DP/jha

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