19.04.2024 06:23:26 - dpa-AFX: Erneut Nahverkehrsstreiks in sieben Südwest-Städten

STUTTGART (dpa-AFX) - Fahrgäste von Bussen und Bahnen im Nahverkehr in
mehreren Städten Baden-Württembergs müssen sich am Freitag erneut Alternativen
suchen. Wie bereits am Donnerstag bestreikt die Gewerkschaft Verdi sieben
kommunale Nahverkehrsunternehmen. Betroffen sind neben der Landeshauptstadt
Stuttgart auch Karlsruhe, Heilbronn, Freiburg, Baden-Baden, Esslingen und
Konstanz, wie die Gewerkschaft Anfang der Woche mitteilte.

Auch Abiturientinnen und Abiturienten müssen sich wie am Donnerstag auf
Einschränkungen einstellen. Denn der Streik fällt mit dem Beginn der
schriftlichen Prüfungen zusammen. Nach Angaben des Kultusministeriums stehen am
Freitag an den allgemeinbildenden Gymnasien Geschichte (bilingual Französisch)
und Hebräisch auf dem Plan. An den Berufsgymnasien wird Mathematik geprüft.

Änderungen soll es aber nicht geben: "Das Abitur und die Abschlussprüfungen
finden statt", teilte das Ministerium vorab mit. Für das Zu-Spät-Kommen gelte
eine Toleranzgrenze von 30 Minuten. Auch wer also eine halbe Stunde zu spät
komme, dürfe noch mitschreiben. Wer aufgrund des Streiks gar nicht in die Schule
kommen könne, für den bleibe grundsätzlich der Nachtermin. Ob die Schülerin oder
der Schüler nicht unter zumutbaren Anstrengungen zur Schule hätte kommen können,
muss demnach im Einzelfall geprüft werden.

Der Landesschülerbeirat (LSBR) Baden-Württembergs zeigte sich besorgt: Durch den Streik könnten zahlreiche Schülerinnen und Schüler ihre täglichen Schulwege
nicht wie gewohnt zurücklegen. Insbesondere während der Abiturzeit könne dies
eine enorme Belastung und Stresssituationen darstellen und im Extremfall
Auswirkungen auf den Prüfungsverlauf haben.

Tarifstreit zieht sich seit Ende Januar

Die Auseinandersetzung zwischen Verdi und den Nahverkehrsbetrieben zieht
sich seit Ende Januar: Nach vier Verhandlungsrunden hatte Verdi die
Verhandlungen mit dem Kommunalen Arbeitgeberverband (KAV) am 11. März für
gescheitert erklärt. Im Anschluss sprachen sich bei einer Urabstimmung rund 93
Prozent der Gewerkschaftsmitglieder in den Betrieben für die Möglichkeit
unbefristeter Streiks aus.

Der Konflikt hat den ÖPNV in Teilen des Landes bereits mehrmals weitgehend
lahmgelegt. Bus- und Straßenbahnfahrer in den Städten traten seit Anfang Februar
bislang an vier Tagen zeitgleich in den Ausstand. Hinzu kamen einzelne
Warnstreiks in verschiedenen Städten.

Verdi verhandelt mit den kommunalen Nahverkehrsunternehmen in mehreren
Bundesländern über neue Manteltarifverträge. Die Forderungen unterscheiden sich:
Im Südwesten tritt die Gewerkschaft für eine grundsätzliche Verkürzung der
Wochenarbeitszeit sowie eine Schichtzulage im Fahrdienst ein. Außerdem will
Verdi unter anderem erreichen, dass sich die Beschäftigten Verspätungen und
bislang unbezahlte Wegzeiten vollständig als Arbeitszeit anrechnen lassen
können. Von den Gesprächen sind rund 6500 Beschäftigte betroffen.

Arbeitgeber sehen Schmerzgrenze

Die Arbeitgeber hatten in der vergangenen Verhandlungsrunde ein neues
Angebot vorgelegt und waren Verdi nach eigenen Angaben weit entgegengekommen.
Mit dem Angebot sah KAV-Hauptgeschäftsführerin Sylvana Donath auch eine
Schmerzgrenze überschritten. Der Gesamtumfang der Verdi-Forderungen sei
Steuerzahlern nicht vermittelbar. Statt mit Streiks das Vertrauen in den ÖPNV zu
schwächen, sei es wichtig, zu einem Abschluss zu kommen. Die Fahrgäste hätten
nach zahlreichen Streiktagen kein Verständnis mehr.

Die nächste Verhandlungsrunde ist für kommende Woche geplant./jwe/DP/zb

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