18.04.2024 20:00:03 - dpa-AFX: Studie: Boden unter vielen Städten Chinas sackt ab

PEKING (dpa-AFX) - Der Boden unter vielen chinesischen Städten sinkt stetig
ab - mit einem steigenden Risiko für Überschwemmungen in den Millionenmetropolen
an der Küste des Landes als Folge. Fast die Hälfte der städtischen Gebiete in
China - 45 Prozent - sinken mit einer Geschwindigkeit von mehr als drei
Millimetern pro Jahr ab, wie ein Forschungsteam im Fachmagazin "Science"
berichtet. Bei 16 Prozent seien es sogar mehr als zehn Millimeter pro Jahr. Zu
den von Absenkung stark betroffenen Städten gehöre die Megacity Peking.

Auch von Shanghai ist bekannt, dass sich Gebiete der Stadt im vergangenen
Jahrhundert bis zu drei Meter absenkten. Das Team um Zurui Ao von der South
China Normal University in Foshan wertete nun Satellitenmessungen von 82
chinesischen Großstädten mit 74 Prozent der Stadtbevölkerung des Landes zwischen
2015 und 2022 aus. Von Absenkungen um mehr als drei Millimeter ist demnach rund
ein Drittel (29 Prozent) der Bevölkerung dieser Städte betroffen. Stand 2020
lebten den Forschenden zufolge insgesamt 920 Millionen Menschen in den
städtischen Gebieten Chinas - davon geschätzt etwa 270 Millionen auf sinkendem
Boden.

Gefahr von Überschwemmungen

Die Bodenabsenkungen könnten langfristig vor allem in den dicht besiedelten
Küstenregionen Folgen haben, warnen die Forschenden. Durch die Kombination von
Bodenabsenkung und Meeresspiegelanstieg drohten dort in den nächsten hundert
Jahren etwa ein Viertel der Flächen unter Meeresspiegelniveau zu sinken. Für
große Bevölkerungsgruppen bedeute das ein erhebliches Überschwemmungsrisiko.
Hinzu kämen direkte Schäden an Gebäuden und Fundamenten, Infrastruktur und
Kanalisation.

Das Absinken des Bodens wird mit einer Reihe von Faktoren in Verbindung
gebracht, darunter die Entnahme von Grundwasser und das Gewicht von Gebäuden.
China habe in den vergangenen Jahrzehnten eine der schnellsten und
umfangreichsten Stadterweiterungen in der Geschichte der Menschheit erlebt, hieß
es von den Forschenden. Schon jetzt würden in Großstädten zunehmend Fälle von
Bodensenkungen gemeldet. Setzungsbedingte Katastrophen hätten in China in den
vergangenen Jahrzehnten bereits hunderte Tote und Verletzte jährlich sowie
immense wirtschaftliche Schäden verursacht.

Schutz ist möglich

"Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit, die Schutzmaßnahmen zu
verstärken und die Grundwasserentnahme streng zu kontrollieren", heißt es in der
Studie. Langfristige Kontrollen und ein nachhaltigeres Wassermanagement, wie es
in den japanischen Städten Tokio und Osaka bereits erfolgreich praktiziert
werde, könnten auch in China dazu beitragen, die Absenkungsrate zu
stabilisieren.

Bodenabsenkung ist ein Phänomen, das nicht nur in China, sondern auch in
vielen anderen Teilen der Welt erhebliche Probleme verursacht. Sie wird häufig
durch menschliche Aktivitäten wie die Übernutzung von Grundwasser, intensive
Bebauung oder Öl- und Gasförderung verursacht. Aber auch natürliche geologische
Faktoren spielen eine Rolle. Städte wie Venedig in Italien und Mexiko-Stadt in
Mexiko sind beispielsweise für ihre Probleme mit Bodenabsenkungen bekannt.

In einigen Gegenden der Welt gibt es gegenläufige Prozesse - etwa durch eine noch immer anhaltende Hebung vom Gewicht des Eisschilds der letzten Eiszeit
befreiter Landflächen./jpt/DP/stk

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