16.04.2024 06:23:57 - dpa-AFX: VERMISCHTES: Höchststrafe für 'Rust'-Waffenmeisterin - 18 Monate Haft

SANTA FE (dpa-AFX) - Der schockierende Tod einer Kamerafrau bei Dreharbeiten
zu dem Western "Rust" mit Hollywood-Star Alec Baldwin hat nun für eine junge
Waffenmeisterin schwerwiegende Folgen. Hannah Gutierrez-Reed ist am Montag
(Ortszeit) wegen fahrlässiger Tötung zu 18 Monaten Haft verurteilt worden - das
war die mögliche Höchststrafe in diesem schlagzeilenträchtigen Fall.

Sie war auf dem Filmset für Sicherheit beim Umgang mit Waffen
verantwortlich. Statt einer harmlosen Kugel befand sich scharfe Munition in der
Waffe, die von Baldwin bedient wurde.

Das Gericht in Santa Fe (US-Bundesstaat New Mexico) gab das Strafmaß am
Montag bekannt. Die Staatsanwaltschaft hatte die Richterin im Vorfeld der
Verkündung zur Verhängung der vollen Strafe aufgefordert. Die Verteidigung
bemühte sich darum, dass die Strafe zur Bewährung ausgesetzt werde.

Richterin Mary Marlowe Sommer hatte scharfe Worte für die Waffenmeisterin.
Sie habe keine Reue für ihr verantwortungsloses Handeln gezeigt, sagte Sommer im
Gerichtssaal. Gutierrez-Reed habe eine sichere Waffe zu einer tödlichen Waffe
gemacht und somit den Tod der Kamerafrau Halyna Hutchins verschuldet.

Die Waffenmeisterin, die während des Prozesses nicht ausgesagt hatte,
ergriff am Montag erstmals das Wort. Ihr Herz schmerze für die Hutchins-Familie.
Sie sei bei dem Dreh jung und naiv gewesen, habe ihre Arbeit als Waffenmeisterin
aber ernst genommen, beteuerte Gutierrez-Reed. Sie lamentierte, dass sie in
Presseberichten als "völliges Monster" dargestellt worden sei, obwohl das
Gegenteil zutreffe.

Nach einem mehrwöchigen Prozess war die junge Frau im März von Geschworenen
wegen fahrlässiger Tötung schuldig gesprochen worden. Seitdem saß sie im
Gefängnis. In hellgrüner Haft-Kleidung wohnte sie am Montag einer mehrstündigen
Anhörung bei, bevor die Richterin das Urteil sprach. Mit Tränen in den Augen
hörte Gutierrez-Reed zu, wie Freunde und Kollegen der getöteten Kamerafrau das
Wort ergriffen und an sie erinnerten. Auch die in Kiew lebende Mutter der aus
der Ukraine stammenden Kamerafrau sprach in einer emotionalen Videobotschaft
über den Verlust ihrer Tochter.

Das tödliche Drama auf der Bonanza Creek Ranch, einem beliebten
Western-Drehort in New Mexico, hatte Hollywood aufgerüttelt. Am 21. Oktober 2021
zückte Hauptdarsteller Baldwin in Westernkluft bei Proben einen Revolver. Doch
statt harmloser Patronen löste sich scharfe Munition. Die Kugel durchbohrte
Hutchins (42) und traf dann den hinter ihr stehenden Regisseur Joel Souza an der
Schulter. Einem Augenzeugen zufolge sagte Hutchins, als sie blutend auf dem
Boden lag: "Das war nicht gut. Das war überhaupt nicht gut." Die Mutter eines
damals neunjährigen Sohnes starb kurz danach.

Schon kurz nach dem Vorfall wurden Vorwürfe und Mutmaßungen laut.
Mitarbeiter der Filmcrew beklagten Nachlässigkeit und mangelnde Sicherheit am
Set, die unerfahrene Waffenmeisterin sei überfordert gewesen. Sie hatte den
Revolver geladen, der dann Baldwin gereicht wurde.

Wie die scharfe Munition an das Set kam, war eine der Kernfragen bei dem
Prozess. Neben Platzpatronen und sogenannten Dummy-Patronen fanden die Ermittler
sechs echte Patronen. Eine davon wurde beim Laden in die Revolvertrommel
eingelegt.

Die Anklage hielt der Waffenmeisterin vor, Sicherheitsvorkehrungen
missachtet und die Munition nicht geprüft zu haben. Ihr Verteidiger wiederum
macht Hauptdarsteller und Produzent Baldwin sowie andere Mitwirkende der
"Rust"-Produktion für mangelnde Sicherheit am Set verantwortlich.

Als Nächstes muss sich Baldwin auf der Anklagebank verteidigen. Der Prozess
gegen den 66 Jahre alten Hollywoodstar wegen fahrlässiger Tötung ist für Juli
geplant. Bereits im Januar 2023 war Anklage gegen den Schauspieler erhoben, aber
wenige Monate später wieder fallen gelassen worden. Nach weiteren Ermittlungen
wurde Baldwin zu Jahresbeginn dann neu belangt. Er hatte in Interviews
wiederholt seine Unschuld beteuert und auch behauptet, dass er den Abzug der
Waffe nicht betätigt habe. "Wir freuen uns auf unseren Tag vor Gericht",
erklärte sein Anwaltsteam im Januar. Nach der Höchststrafe für die
Waffenmeisterin steht auch für Baldwin viel auf dem Spiel./mux/DP/zb

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