16.04.2024 06:23:07 - dpa-AFX: VERMISCHTES/Jährliche Gnu-Wanderung: Gesundheit leidet durch Hindernisse

KOPENHAGEN/NAIROBI (dpa-AFX) - Jedes Jahr wandern mehr als eine Million Gnus
in der ostafrikanischen Savanne zwischen der tansanischen Serengeti und der
Masai Mara in Kenia. Inzwischen unterbrechen allerdings Straßen, Zäune und
menschliche Siedlungen alte Migrationsrouten auf dem afrikanischen Kontinent.
Das habe Auswirkungen auf die genetische Gesundheit von Tieren, die von den
historischen Wanderrouten abgeschnitten wurden, berichtet ein Forschungsteam im
Fachjournal "Nature Communications".

"Unsere Ergebnisse zeigen deutlich, dass Gnus, die nicht länger wandern,
obwohl sie das früher getan haben, genetisch weniger gesund sind als diejenigen,
die weiterhin wandern, sagte Rasmus Heller von der Universität Kopenhagen. Ihre
genetische Vielfalt sei geringer, es gebe mehr Inzucht innerhalb der Herde. Die
Wissenschaftler vermuten, dass dies auch Auswirkungen auf Fruchtbarkeit und
Überlebensrate der Tiere hat.

Vor 150 Jahren hätten noch viele Gnu-Populationen große Wanderungen
unternommen, erläutert das Forschungsteam. Vor 40 Jahren habe dann nur noch zwei
große intakte Wanderungen gegeben: die berühmte in der Serengeti-Mara und eine
in der Kalahari-Wüste im südlichen Afrika. "Vor allem in Botswana wurden jedoch
in jüngster Zeit Zäune errichtet, um das Vieh vor dem Kontakt mit wandernden
Wildtieren zu schützen", erläuterte Mitautor Mikkel Sinding von der Universität
Kopenhagen. Die Kalahari-Population in Botswana sei von etwa 260 000 in den
1970er-Jahren auf weniger als 15 000 in den späten 1980er-Jahren zurückgegangen.
"Heute ist die einzige verbliebene große Population die der Serengeti-Mara."

Für die Studie hatten die Forschenden die Gene von 121 Gnus aus dem gesamten Verbreitungsgebiet von Südafrika bis Kenia analysiert. Während die Zahl der
Tiere insgesamt relativ stabil und die Art nicht gefährdet sei, habe die Zahl an
einzelnen Orten stark abgenommen, hieß es. "Wenn wir wollen, dass die Art nicht
nur die nächsten 50 Jahre überlebt, sondern auch langfristig gedeiht und
überlebt, müssen wir den genetischen Verfall stoppen, der durch die
Unterbrechung ihrer natürlichen Wanderrouten verursacht wird, sagte Heller.

Die Untersuchung zeige, dass wilde Tiere, für die Wanderungen ein
wesentlicher Teil ihrer Biologie sind, in einer von Menschen dominierten Welt zu
kämpfen haben, wenn der Bewahrung ihrer alten Migrationsrouten keine
Aufmerksamkeit geschenkt wird. Dies dürfte nicht nur für Gnus gelten, sondern
auch für andere wandernde Tierarten, so Heller. Langfristig sei davon
auszugehen, dass sich Tierarten mit geringerer genetischer Vielfalt zudem
schlechter an die Auswirkungen des Klimawandels anpassen können./czy/DP/zb

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