27.03.2024 11:08:07 - dpa-AFX: ROUNDUP: ProSiebenSat.1 lehnt Aufspaltungsidee von Berlusconi-Firma MFE ab

UNTERFÖHRING (dpa-AFX) - ProSiebenSat.1 lehnt die Forderung
des von der Berlusconi-Familie kontrollierten italienischen Großaktionärs MFE
nach einer Aufspaltung ab. Aufsichtsratschef Andreas Wiele sagte der Deutschen
Presse-Agentur: "Es fällt uns schwer, irgendeinen positiven Aspekt dieser
Abspaltung abzugewinnen."

Die MFE-Forderung liege nach Auffassung von Vorstand und Aufsichtsrat nicht
im Interesse aller übrigen Aktionärinnen und Aktionäre, teilte der Medienkonzern
zudem am Mittwoch mit. Am 30. April ist die Hauptversammlung. Dort stimmen die
Aktionäre über alle Anträge - auch die von Media for Europe (MFE) - ab.

MFE will das Fernseh- und Streaming-Kerngeschäft sowie andere
Geschäftsbereiche wie Datingportale oder Handelsplattformen in zwei
börsennotierte Firmen aufteilen, um den Fokus stärker auf TV legen zu können.

Der von der Familie des gestorbenen italienischen Ex-Ministerpräsidenten
Silvio Berlusconi kontrollierte Konzern, der unter anderem auch TV-Aktivitäten
in Spanien betreibt, hält schon Jahre Anteile an ProSiebenSat.1. Immer wieder
kam die Frage auf, welche Ziele die Mailänder damit verfolgen. MFE liegt unter
der 30-Prozent-Schwelle - wären sie darüber, müssten sie wegen einer drohenden
Übermacht ein Übernahmeangebot abgeben. Zuletzt schien es, als habe sich das
Verhältnis verbessert. MFE betonte, man suche nach Synergien, vor allem im
Werbebereich.

Die vor rund einer Woche bekanntgemachten MFE-Anträge, die neben der
Aufspaltung auch einen Vorschlag für Aufsichtsratsposten beinhalten, kamen für
ProSiebenSat.1 offensichtlich überraschend. Chefaufseher Wiele sagte der dpa:
"Ja, wir sind über das Vorgehen und insbesondere den Inhalt der Anträge
überrascht." Er ergänzte: "Wir haben in den letzten zwei Jahren hohen Wert
darauf gelegt, mit unseren beiden großen Minderheitsaktionären, die auch selbst
im Medienbereich tätig sind, einen guten Austausch zu haben und gleichzeitig
immer die Balance zu wahren, so dass die Interessen aller Gesellschafter
gleichermaßen gewahrt werden." Neben MFE hält auch die internationale
Investmentfirma PPF Group einen größeren Anteil an ProSiebenSat.1.

Auf die Frage, wie er sich das Verhalten von MFE erkläre, sagte Wiele: "Ich
kann darüber nur spekulieren und versuchen, aus den Anträgen herauszulesen. Dort
ergibt sich für uns ein klares Bild: Dass diese Anträge alle darauf hinzielen,
mehr Einfluss auf das Unternehmen zu nehmen, als es einem Aktionär, der weniger
als 30 Prozent der Anteile hat, zusteht. Das ist nicht etwas, was wir im
Interesse aller Aktionäre gutheißen können."

Ablehnung auf Hauptversammlung erwartet

Mit Blick auf die Hauptversammlung sagte der Aufsichtsratschef: "Es ist
wichtig, dass sich möglichst viele Aktionäre an der Diskussion und an der
Abstimmung beteiligen, so dass diese wirklich ein volles Bild der
Aktionärsmeinung widerspiegelt." Wiele ergänzte: "Wir gehen fest davon aus, dass
die Hauptversammlung diese Anträge nicht mit der erforderlichen Mehrheit
genehmigen wird."

Die Abspaltung würde Wiele zufolge dazu führen, dass jeder Aktionär je eine
Aktie von beiden Unternehmen bekommt. Der aktuelle Plan bei ProSiebenSat.1 sehe
hingegen vor, Mehrheitsbeteiligungen in den Bereichen Commerce & Ventures und
Dating & Video zu verkaufen und damit den Verschuldungsgrad der ganzen Gruppe zu
senken. "Mit einer Aufspaltung in zwei unabhängige Unternehmen wäre dies
komplett ausgeschlossen, denn die Geldflüsse aus dem Verkauf der einzelnen
Assets würden nicht mehr in das Entertainmentunternehmen fließen können."

Vorstand und Aufsichtsrat seien sich einig, dass man sich auf das
Kerngeschäft und die Digitalisierung konzentriere. Wegen des hohen
Verschuldungsgrades sollen Bereiche, die nicht dazu gehören, zu einem sinnvollen
Zeitpunkt verkauft werden. "Die Unternehmen, die zuerst potenziell zum Verkauf
stehen - das sind Flaconi und Verivox - stehen strategisch und finanziell so gut
da, dass sie jetzt auch einen Käufer finden können", sagte Wiele. Durch den
Verkauf könne man die Verschuldung deutlich zurückführen und gleichzeitig mehr
in das Kerngeschäft, vor allem in Inhalte bei Fernsehsendern und die
Streamingplattform Joyn, investieren.

Wiele sieht weitere negative Aspekte einer Aufspaltung: "Wir wären deutlich
weniger handlungsfähig. Wir wären kleiner." Der Chefaufseher ergänzte: "Und es
könnte sein, dass die Schulden, die im Unternehmen verbleiben, so hoch sind,
dass der eigentliche Wert des Unternehmens abzüglich der Schulden so gering ist
und dass der Aktienkurs so niedrig wäre, dass das Unternehmen fast nicht mehr
handelbar wäre oder potenziell die Gefahr einer Übernahme zu einem zu niedrigen
Preis groß wäre." Auch das abgespaltene Unternehmen wäre aus Wieles Sicht an der
Börse nicht lebensfähig.

Neben MFE hatte auch PPF einen eigenen Vorschlag für die Besetzung des
Aufsichtsrats eingebracht. Wiele sagte: "Wir halten es nicht für richtig, dass
sich der Aufsichtsrat einen Vorschlag zu eigen macht, bei dem am Ende die
Mehrheit der Aufsichtsratsvertreter entweder PPF oder MFE zugehörig oder von
diesen vorgeschlagen worden sind - selbst, wenn sie unabhängig sind."/rin/DP/jha
Name WKN Börse Kurs Datum/Zeit Diff. Diff. % Geld Brief Erster Schluss
PROSIEBENSAT.1 NA O.N. PSM777 Xetra 7,345 26.04.24 17:35:20 -0,140 -1,87% 0,000 0,000 7,620 7,345

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