26.02.2024 17:40:03 - dpa-AFX: HINTERGRUND: Abschied von Apps? Telekom will Smartphone-Gebrauch ändern

BONN (dpa-AFX) - Ob Navi, Shopping-Portal oder Video-Streaming: Wer sein
Smartphone nutzt, wischt häufig hin und her, um von einer App zur nächsten zu
kommen. Geht es nach der Deutschen Telekom und deren US-Partner Brain
Technologies, hat genau das perspektivisch ein Ende: Der Konzern stellte am
Montag beim Mobile World Congress (MWC) in Barcelona den Prototypen eines
Smartphones vor, bei dem der Nutzer keine Apps mehr sieht.

Statt auf dem Screen herumzutippen, reichen Sprachbefehle. Such mir ein
Geschenk für meinen Sohn! Zeig mir den kürzesten Weg zu meinem
Lieblingsrestaurant! Sag mir, wie ich ohne Streichhölzer Feuer im Wald mache!
Ein Künstliche-Intelligenz (KI)-Concierge geht dann im Netz auf die Suche und
zeigt Lösungen auf dem Screen an, ob Fotos oder Texte. Das soll einfacher sein
als das Gefummel mit verschiedenen Apps.

Die sind dann nicht mehr nötig. Die Apps können auf dem Smartphone zwar im
Hintergrund laufen, zu sehen sind sie aber nicht - sie spielen nur noch eine
Nebenrolle, wenn überhaupt. "Das Smartphone kommt komplett ohne Apps aus",
betont Telekom-Innovationschefin Claudia Nemat. Bei dem Vorhaben hat der Bonner
Konzern zusammengearbeitet mit der KI-Firma Brain Technologies und mit dem
Chiphersteller Qualcomm, beide aus den USA.

Beim genutzten Telefon handelt es sich um das Mittelklasse-Smartphone
T-Phone. Das Besondere ist, was der Technologiepartner Brain daraus gemacht hat:
Von ihm kommt die KI, die über die Cloud arbeitet. Außerdem gibt es eine zweite
Version des KI-Phones, das offline arbeitet und einen Highspeed-Prozessor von
Qualcomm hat. Ob eins dieser beiden derzeit nur als Prototyp
existierende Handys jemals fertig entwickelt und im Laden zu kaufen sein wird,
ist unklar.

Der Gründer und Chef von Brain Technologies, der 30 Jahre alte Amerikaner
Jerry Yue, ist davon fest überzeugt. "Es wird auf den Markt kommen", sagt der
umtriebige Geschäftsmann, der es 2022 auf die Forbes-Liste der weltweit 30
einflussreichsten Unternehmer geschafft hat, die jünger als 30 Jahre sind. Auf
die Frage, wann das Gerät zu kaufen sein werden, sagt er: "Ich denke nicht, dass
Sie sehr lange warten müssen." Mit großem Selbstvertrauen tritt er vor das
Publikum am Messestand der Telekom und sagt mit Inbrunst der Überzeugung, dass
er auf einer Mission sei, und die laute: "Die Zukunft wird frei von Apps sein."
Die Macht, die die Apps derzeit hätten, werde zurückgehen an die Nutzer.

Damit haben sich Brain und die Telekom, die in den USA mit ihrer Tochter
T-Mobile stark vertreten ist und dort die Schwergewichte AT&T und
Verizon herausfordert, viel vorgenommen. Denn auf Apples iPhone
und Telefonen großer Hersteller mit dem Google -System Android
spielen Apps immer noch die Hauptrolle, auch wenn Nutzer mit Hilfe von Widgets
die Oberfläche zum Teil selbst gestalten können. Der iPhone-Konzern bietet zudem
für seine Computer-Uhr Apple Watch ein Zifferblatt an, auf dem
Software-Algorithmen die gerade passenden Informationen anzeigen sollen.

Auf die Frage nach dem Marktstart geben sich Telekom-Verantwortliche
zurückhaltend. Aber selbst wenn es am Ende nichts wird mit einem fertigen
Produkt, so könnte das Projekt der Telekom das Ende der App-Ära einleiten. Ein
Branchenvertreter, dessen Unternehmen im Wettbewerb mit der Telekom steht und
seinen Namen nicht veröffentlicht haben will, sagt, dass das Vorhaben Potenzial
habe. "Das werden wir im Blick behalten."

Ben Woods vom Beratungsunternehmen CCS Insight sieht einen starken Trend hin zur Künstlichen Intelligenz in der Mobilfunkbranche. Das KI-Phone der Telekom
sei hierbei ein interessantes Beispiel, wie die Zukunft aussehen könnte. Dass
das Smartphone nun als fassbarer Prototyp in der Öffentlichkeit vorgestellt
worden sei, sei ein bemerkenswerter Schritt, zumal ausgerechnet ein
Netzbetreiber das tue.

Die Telekom sei offenbar fest davon überzeugt, sich mit so einem Produkt von der Konkurrenz unterscheiden zu können, sagt der Branchenfachmann. Bezüglich
einer Markteinführung sei er derzeit aber skeptisch. Woods sieht zudem "das
Risiko eines Hypes", der sich von der Realität absetze, und merkt an, dass
Netzbetreiber bei Hardware bisher nicht allzu erfolgreich gewesen seien.

Die Telekom betont, dass es ihr um die Kundenbindung gehe - dass also Kunden treu bleiben oder zu Magenta wechseln, weil das Gerät neue Möglichkeiten biete.
Annette Zimmermann vom Beratungsunternehmen Gartner rechnet damit, dass die
Branche künftig noch mehr Geräte dieser Art herausbringen werde.

Und wie reagiert die Konkurrenz auf den Telekom-Prototypen, der
perspektivisch den Abschied von Apps einleiten könnte? Vodafone
macht deutlich, dass es Apps auch künftig für wichtig halte. Marcel de Groot,
der für Privatkunden zuständige Geschäftsführer Privatkunden, sagt, dass der
Einsatz von Künstlicher Intelligenz die Bedienung von Smartphones auf lange
Sicht zwar revolutionieren könne. Jede nachhaltige Veränderung brauche aber
Zeit. "Wir glauben, dass Smartphone-Hersteller und App-Anbieter ihre Services
und Anwendungen zunächst so anpassen werden, dass der Datenaustausch mit anderen
Apps und Betriebssystemen über KI-Funktionen leichter und besser
funktioniert."/wdw/DP/jha

--- Von Wolf von Dewitz, dpa ---
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