19.02.2024 05:15:33 - dpa-AFX: WDH/HINTERGRUND/10 Jahre nach Kauf durch Facebook: WhatsApp immer noch WhatsApp

(Wiederholung vom Wochenende)

MENLO PARK (dpa-AFX) - Hinter dem WhatsApp-Logo, das auf mehr als zwei
Milliarden Smartphones zu finden ist, steckt auch eine der spannenderen
Was-Wäre-Wenn-Fragen der Tech-Branche. Was wäre, wenn die Gründer und Geldgeber
des Chatdienstes vor zehn Jahren der Versuchung eines 19 Milliarden Dollar
schweren Kaufangebots von Facebook widerstanden hätten?

Wäre der Dienst im Wettbewerb mit den Tech-Giganten untergegangen? Oder
hätte sich das Geschäftsmodell mit einem Dollar Abo-Gebühr pro Jahr als
Gegenentwurf zu kostenlosen Diensten etabliert, bei denen man mit
personalisierter Werbung überhäuft wird?

Sofort nachdem der Deal am 19. Februar 2014 bekannt gegeben wurde, kamen
Sorgen von Nutzern auf, der Dienst könnte sich unter der Regie von Facebook
grundlegend verändern. Muss das ausgegebene Geld nicht schließlich irgendwie
zurückverdient werden? Und bis die Übernahme im Oktober 2014 abgeschlossen
wurde, schwoll der Kaufpreis auf knapp 22 Milliarden Dollar an - ein großer Teil
wurde in Facebook-Aktien bezahlt, die im Kurs gestiegen waren.

Zehn Jahre später ist WhatsApp immer noch unverkennbar WhatsApp. Es gibt
keine Werbung, die App ist statt an ein Profil an die Telefonnummer gebunden.
Und alle Nachrichten sind mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung geschützt, was dafür
sorgt, dass sie nur auf den Geräten der beteiligten Nutzer im Klartext sichtbar
sind, aber nicht für den Dienst.

Als Facebook zum Kauf von WhatsApp ansetzte, hatte der Dienst noch rund 450
Millionen Nutzer. Und es wurden tatsächlich noch mehr klassische SMS als
Chat-Nachrichten verschickt. Heute ist es unvorstellbar, pro einzelne Nachricht
Geld zu bezahlen - damals fanden sich Mobilfunk-Anbieter gerade damit ab, dass
sie diese einst lukrative Geldquelle verlieren werden.

WhatsApp erwies sich als die richtige SMS-Alternative zur richtigen Zeit.
Die einfache Bedienung schreckte auch Smartphone-Neulinge nicht ab. Und der
Dienst schlug eine Brücke zwischen iPhones und den Telefonen mit Googles
Android-System. Apples Chatdienst iMessage ist nur auf Geräten des Konzerns
verfügbar - und der Bedarf an einer plattformübergreifenden Lösung war da.

WhatsApp war erst 2009 an den Start gegangen. Die beiden Mitgründer Jan Koum und Brian Acton hatten beim damaligen Internet-Schwergewicht Yahoo gearbeitet
und wollten sich danach an einem eigenen Start-up versuchen.

Facebook wurde auf den Dienst über die dazugekaufte VPN-App Onavo
aufmerksam, die der Konzern nebenbei dazu nutzte, Trends in den Gewohnheiten der
Nutzer zu erkennen. Das so beobachtete explosive Wachstum von WhatsApp dürfte
eine Erklärung für den aufsehenerregenden Kaufpreis gewesen sein. Die
US-Regierung wirft Facebook in einer Wettbewerbsklage vor, schlicht einen
Wettbewerber vom Markt gekauft zu haben, bevor er dem Konzern gefährlich werden
konnte. Sie brachte eine Abspaltung des Dienstes ins Gespräch. Der Prozess dazu
steht noch aus.

Der Facebook-Konzern Meta glaubt unterdessen einen Weg
gefunden zu haben, mit WhatsApp schließlich Geld zu verdienen. Die Abo-Gebühr
von einem Dollar ließ Facebook nach der Übernahme schnell fallen. Für die Nutzer
soll sich weiterhin nichts ändern, aber Unternehmen zahlen Geld dafür, dass sie
über WhatsApp mit ihren Kunden kommunizieren.

Im vergangenen Quartal sprangen Metas App-Erlöse außerhalb des
Werbegeschäfts vor allem dank der Business-Plattform von WhatsApp um 82 Prozent
hoch. Mit 334 Millionen Dollar machten sie allerdings gerade einmal 0,8 Prozent
vom Gesamt-Umsatz des Konzerns aus.

Die Gründer Koum und Acton blieben nach der Übernahme nur einige Jahre bei
WhatsApp. Koum kündigte an, er werde sich nun eine Auszeit für Dinge außerhalb
der Technologie-Branche nehmen, "zum Beispiel seltene luftgekühlte Porsche-Autos
sammeln" - und verschwand weitgehend von der Bildfläche. Acton investierte
derweil in die Chat-App Signal, auf deren Verschlüsselungs-Technologie heute
auch WhatsApp zurückgreift.

Signal lieferte jüngst zudem den Beweis, dass das ursprüngliche
Geschäftsmodell von WhatsApp durchaus hätte aufgehen können. Der Chatdienst, der
sich durch Spenden wie die von Acton finanziert, schätzte, dass er im kommenden
Jahr rund 50 Millionen Dollar für Entwicklung und Betrieb brauchen werde. Schon
mit nur einem Dollar pro Nutzer hätte WhatsApp ein vielfaches davon
eingenommen./so/DP/he
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