27.05.2023 18:54:50 - dpa-AFX: Wegen KI: Bayerischer Lehrerverband will keine klassischen Noten mehr

MÜNCHEN/HAMBURG (dpa-AFX) - Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband
(BLLV) fordert mit dem Vormarsch Künstlicher Intelligenz (KI) eine Reform des
klassischen Notensystems - und zwar schnell. "Ich glaube, dass die schnelle
Entwicklung der KI uns kein langsames Weiterentwickeln der Leistungsbewertung
erlaubt. Wir müssen einsehen, dass unser Leistungssystem oldschool ist", sagte
BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann der Deutschen Presse-Agentur in München.

Am Freitag war bekannt geworden, dass einige Hamburger Schüler unter
Verdacht stehen, in Klausuren für das Abitur mit Hilfe von Programmen mit
Künstlicher Intelligenz geschummelt und ChatGPT genutzt zu haben. In Bayern gibt
es nach Angaben des Kultusministeriums bislang noch keine derartigen
Verdachtsfälle in Schul-Abschlussprüfungen.

"Die Art und Weise unseres Schulsystems, die Systemlogik, stößt inzwischen
an ihre Grenze. Das hat damit zu tun, dass wir einfach stehen geblieben sind",
kritisierte Fleischmann. "Wir wollen immer noch selektieren, aussortieren, Noten
geben. Aber wir müssen künftig die Prozesse beurteilen und nicht das Ergebnis."

Bayerns Kultusminister sieht die Forderung skeptisch. Michael Piazolo (Freie Wähler) will auch künftig nicht auf Noten in der Schule verzichten. "Ich bin der
Auffassung, dass wir Noten brauchen und viele Schülerinnen und Schüler Noten
auch wollen. Man braucht Leistungsnachweise, um selbst zu wissen, wie man in den
einzelnen Fächern steht", sagte er der Deutschen Presse-Agentur am Samstag.

Auch der Verband Deutscher Realschullehrer (VDR) hält nicht viel von der
Forderung: "Noten und KI schließen sich aus? Welche Logik hinter dieser
vermeintlichen Feststellung steckt, erschließt sich einem nicht", sagte der
VDR-Bundesvorsitzende Jürgen Böhm. "Nur, weil bei Prüfungen in Hamburg digitale
Endgeräte nicht überprüft wurden, sollen Noten abgeschafft werden? Spätestens
seit dem grafikfähigen Taschenrechner liegt es in der Verantwortung der
Ministerien und letztlich Lehrkräfte, bei Prüfungen besondere Vorkehrungen zu
treffen."/bsj/DP/zb

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