10.05.2024 17:37:40 - dpa-AFX: ROUNDUP/Treibstoffnotstand im Gazastreifen: Krankenhäuser vor dem Aus

RAFAH/GENF (dpa-AFX) - Humanitäre Helfer in der Grenzstadt Rafah im
Gazastreifen haben am Freitag von verheerenden Zuständen berichtet. "Ich arbeite
seit fast 30 Jahren bei humanitären Großeinsätzen und war noch nie in eine so
verheerende, komplexe und unberechenbare Situation involviert wie diese", sagte
Hamish Young, Nothilfekoordinator des UN-Kinderhilfswerks Unicef. "Die Notlage
im Gazastreifen hat ein noch nie dagewesenes Ausmaß erreicht", sagte der
Vertreter des UN-Nothilfebüros OCHA, Georgios Petropoulos. Beide waren in Rafah
und sprachen über Videolink mit Reportern in Genf.

Fünf Krankenhäuser, 17 kleinere Kliniken, fünf Feldlazarette, zehn mobile
Ärzteteams und 28 Krankenwagen müssten innerhalb von 24 Stunden ihre Dienste
einstellen, wenn nicht dringend benötigtet neuer Treibstoff geliefert werde,
sagte Petropoulos.

Nach Angaben von Young haben nach den Evakuierungsaufrufen Israels, das
größere Militäreinsätze in Rafah ankündigte, innerhalb von fünf Tagen mehr als
100 000 Menschen die Region verlassen. Die Straßen Richtung Norden seien
verstopft. Das von Israel als Sicherheitszone ausgewiesene Gebiet Al-Mawasi nahe
der Küste sei völlig überfüllt. Familien buddelten Löcher neben ihren Zelten in
den Boden, um ihre Notdurft zu verrichten.

Über die Grenzübergänge Rafah und Kerem Schalom kämen seit Tagen praktisch
keine Hilfsgüter mehr in den Gazastreifen, vor allem kein Benzin, sagte
Petropoulos. Ohne das seien aber die grundlegendsten Bedürfnisse der Menschen
nicht mehr zu befriedigen. Krankenhäuser, Banken, Kommunikationsfirmen und die
Trinkwasseraufbereitung brauchten Benzin für Generatoren, um rudimentäre Dienste
aufrechterhalten zu können. Die Müllabfuhr sei teilweise eingestellt worden,
ebenso die Abwasserentsorgung in bestimmten Gebieten.

"Wir brauchen sofort Treibstoff", sagte Young. "Hilfe muss reinkommen. Die
Geiseln müssen freigelassen werden. Rafah darf nicht eingenommen werden. Und
Kinder müssen geschützt werden, nicht getötet."

Die für Palästinenserangelegenheiten zuständige israelische Militärbehörde
Cogat teilte am Freitagnachmittag mit, dass sie die Lieferung von 200 000 Litern
Treibstoff über den Grenzübergang Kerem Schalom ermöglicht habe. Die Lastwagen
seien inspiziert worden, worauf sie in den Gazastreifen gefahren seien. Die
Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen./gm/oe/DP/nas

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