10.05.2024 16:33:34 - dpa-AFX: ROUNDUP: Ampel streitet über Finanzierung künftiger Rüstungsausgaben

BERLIN (dpa-AFX) - Die Finanzierung der Rüstungsausgaben nach dem Auslaufen
des 100-Milliarden-Sondervermögens für die Bundeswehr entwickelt sich zunehmend
zum Streitpunkt in der Ampel-Koalition. FDP-Fraktionschef Christian Dürr wies am
Freitag den Vorstoß von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) zurück, die
Milliardenbeträge nicht unter die Schuldenbremse des Grundgesetzes fallen zu
lassen. "Investitionen in unsere Sicherheit hängen nicht von der Schuldenbremse
ab, sondern von politischen Entscheidungen", sagte Dürr der Deutschen
Presse-Agentur in Berlin. "Deshalb werden wir in den kommenden Wochen
priorisieren müssen, um den Haushalt umzuschichten."

Pistorius hatte zuvor gefordert, Ausgaben für die Verteidigung und auch für
Teile der Krisenvorsorge von der Schuldenbremse auszunehmen. Der SPD-Politiker
berief sich auf das Grundgesetz, in dem sowohl die Schuldenbremse als auch die
Verteidigungsfähigkeit der Streitkräfte verankert ist. "Die Schuldbremse bliebe
ja bestehen, aber die Ausgaben für Verteidigung und Zivilschutz würden nicht
dort eingerechnet", sagte Pistorius der Deutschen Presse-Agentur.

Finanzminister Christian Lindner (FDP) lehnte dies umgehend ab. "Der bessere Weg ist, in unserem großen Staatshaushalt Geld umzuschichten und die Wirtschaft
in Fahrt zu bringen", sagte er der dpa. Der Mediengruppe Bayern sagte Lindner:
"Ich bedauere, dass der Kollege Pistorius die Debatte um die Schuldenbremse
fortsetzt. Damit wird wieder am Grundkonsens der Koalition gerüttelt."

Ende 2027 wird voraussichtlich das 100-Milliarden-Sondervermögen zur
Stärkung der Bundeswehr ausgegeben sein. Dieses war nach dem Angriff Russlands
auf die Ukraine 2022 aufgelegt worden. Offen ist, wie die anschließend weiter
notwendigen hohen Investitionen zur Verbesserung der deutschen
Verteidigungsfähigkeit finanziert werden sollen.

Unterstützung erhielt Pistorius von seiner Parteifreundin Svenja Schulze.
"Sparappelle allein werden der internationalen Lage, in der wir uns befinden, in
keinster Weise gerecht", sagte die Bundesentwicklungsministerin dem
"Tagesspiegel" (Samstag). Zugleich wies sie auf die Sicherheitsrelevanz ihres
Ressorts hin: "Für die umfassende Sicherheit unseres Landes ist auch die
Entwicklungszusammenarbeit zentral - was wir jetzt kurzfristig sparen, kommt uns
mittelfristig teuer zu stehen."

FDP-Fraktionschef Dürr betonte, die Schuldenbremse sei kein Hemmnis. "Sie
ist vielmehr eine Lebensversicherung für die Stabilität unseres Landes - und
eine Lebensversicherung kündigt man in schwierigen Zeiten nicht." Als "falschen
Ansatzpunkt" bezeichnete der stellvertretende Vorsitzende der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Johann Wadephul, den Pistorius-Vorstoß. "Bei
Haushaltsforderungen muss man sich politisch durchsetzen. Da hilft Juristerei
nicht weiter. Denn man könnte mit gutem Recht ja zum Beispiel auch sagen, dass
die Mittel für die Grundsicherung Verfassungsrang haben", sagte der
CDU-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Dagegen nannte es SPD-Vizefraktionschef Achim Post falsch, "in dieser
sicherheits- und haushaltspolitisch schwierigen Lage vorschnell Optionen vom
Tisch zu nehmen". Das gelte für die Möglichkeit eines Aussetzens der
Schuldenbremse im kommenden Jahr wie für die Debatte über ihre Reform.
"Natürlich wird es auch um Priorisierungen beim Haushalt gehen müssen. Es muss
angesichts von Krieg und Krisen aber ebenso darum gehen, wie dringend notwendige
zusätzliche finanzielle Spielräume erschlossen werden können. Am Ende muss es
gelingen, die äußere, innere und soziale Sicherheit gleichermaßen zu
gewährleisten und nicht eine Sicherheit gegen eine andere auszuspielen."

Die Grünen-Verteidigungspolitikerin Agnieszka Brugger forderte einen
"Sicherheitshaushalt" angesichts des Krieges in Europa. "Denn ohne mehr Geld
werden wir unseren Frieden, die Sicherheit und Freiheit nicht effektiv schützen
können. In diesen gefährlichen Zeiten ist die Schuldenbremse ein
Sicherheitsrisiko", sagte sie dem RND./sk/DP/nas

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