10.05.2024 15:15:03 - dpa-AFX: WOCHENAUSBLICK: US-Inflationsdaten werden zum Prüfstein für die Dax-Rekordjagd

FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Rekordrally des Dax muss sich in
der neuen Woche einer Realitätsprüfung unterziehen. Der Höhenflug am deutschen
Aktienmarkt basiert derzeit insbesondere auf der Hoffnung, dass die Leitzinsen
in den USA doch wieder eher früher als später sinken. Dies würde die Wirtschaft
stimulieren und Aktien gegenüber Anleihen attraktiver machen. Doch falls sich am
Mittwoch wider Erwarten zeigen sollte, dass die Inflation in den Vereinigten
Staaten im April deutlich angezogen ist, könnte es an den Börsen ungemütlich
werden. Denn dann könnte sich die US-Notenbank Fed gezwungen sehen, einen
härteren geldpolitischen Kurs zu fahren.

Noch aber herrsche Kauflaune am hiesigen Aktienmarkt, schrieb der
Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Handelshaus Robomarkets: "Der Dax kennt
kein Halten mehr." Aktuell erlebten die Anleger eine der besten Börsenwelten. So
gebe es konjunkturelle Hoffnungsschimmer aus Deutschland, der Eurozone und
China. Zudem seien Arbeitsmarktzahlen aus den USA zuletzt schwach ausgefallen,
was die geldpolitischen Lockerungsabsichten der Fed unterstreiche. "Für den Dax
heißt die nächste Anlaufstelle nun 19 000 Punkte", resümierte Molnar.

Auch laut Analyst Sven Streibel von der DZ Bank stehen die Börsenampeln
weiterhin auf Grün. So sei der Dax immer noch nicht teuer, wenngleich er derzeit
auf Rekordniveau notiert. Die Bewertung des Leitindex "reflektiert auf dem
aktuell eher durchschnittlichen Level schlicht ein geringeres
Weltuntergangsrisiko als noch vor sechs Monaten" - und das, obwohl der Leitindex
ein überdurchschnittlicher Profiteur einer bevorstehenden globalen
Konjunkturverbesserung sei.

Wie tragfähig dieses positive Szenario ist, dürfte sich zur Wochenmitte
zeigen. "Alle Augen richten sich auf die US-Inflationszahlen", schrieb Robert
Greil, Chefstratege bei der Privatbank Merck Finck. Die Teuerung sollte zwar
seiner Auffassung nach minimal gesunken sein, sie dürfte aber anders als in der
Eurozone inklusive Deutschland weiter spürbar über drei Prozent verharren.

Greil hält dieses Niveau nach wie vor für deutlich zu hoch, um der
US-Notenbank eine baldige erste Leitzinssenkung zu erlauben. Der im Vergleich zu
Europa hartnäckigere Inflationstrend in den USA dürfte nun ungewöhnlicherweise
dazu führen, dass die Europäischen Zentralbank (EZB) am 6. Juni zumindest einige
Monate vor der Fed mit den Leitzinssenkungen beginnt. Der Experte rechnet mit
insgesamt drei Leitzinssenkungen der EZB in diesem Jahr, während er bei der Fed
frühestens ab Herbst zwei für realistisch hält.

Auch die Analysten der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) mahnen zur
Vorsicht. Zwar bleibe in den USA der grundlegende Abwärtstrend bei der
jährlichen Kernteuerungsrate ohne Energie und Nahrungsmittel intakt, doch auch
im Frühjahr 2024 habe sich diese Kenngröße überraschend störrisch gezeigt. "Die
letzten Monate waren eine kalte Dusche für diejenigen, die das Inflationsproblem
mental schon beerdigt hatten", hieß es. Das Risiko, dass die Inflationslage es
der Fed nicht erlaubt, in absehbarer Zeit die Geldpolitik nennenswert zu
lockern, habe zugenommen. Insofern sei eine Atempause für Aktien gar nicht mal
so schlecht.

Gleichwohl habe der Dax auch vor dem Hintergrund solider
Unternehmensnachrichten seine jüngsten Höchststände erreicht, fuhren die
Experten der Helaba fort. Auch deshalb dürften die Anleger auch in der neuen
Woche die Berichtssaison der Unternehmen genau verfolgen.

Dabei stehen erneut viele Geschäftszahlen auf der Agenda. So informieren
etwa der Agrarchemie- und Pharmakonzern Bayer am Dienstag sowie
die Commerzbank , der Energiekonzern RWE und der
Versicherer Allianz am Mittwoch über ihre Aktivitäten im ersten
Quartal. Am Donnerstag folgen dann unter anderem der Industriekonzern Siemens
und die Deutsche Telekom .

Unter dem Strich zeigte sich Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank,
zuversichtlich: "Das Finanzsystem funktioniert gut, innovative Technologien
ermöglichen neue Geschäftsmodelle und hohe Gewinne." Das alles sei eine sehr
angenehme Temperaturzone für die Finanzmärkte, daher auch die Rekordstände an
den Aktienmärkten. Der wichtigste Teil dieses Bildes sei die
Konjunkturkomponente: "Solange Europa, die USA und die asiatischen
Volkswirtschaften weiter wachsen, können Unternehmen mit dem aktuellen, relativ
hohen Zinsniveau leben."/la/ajx/men

--- Von Lutz Alexander, dpa-AFX ---
Name WKN Börse Kurs Datum/Zeit Diff. Diff. % Geld Brief Erster Schluss
DAX ® 846900 Xetra 18.768,96 20.05.24 17:50:00 +64,54 +0,35% - - 18.710,13 18.704,42

© 2000-2024 DZ BANK AG. Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen | Impressum
2024 Infront Financial Technology GmbH