09.05.2024 18:25:34 - dpa-AFX: Pistorius trifft Austin - Deutschland und USA 'im Gleichschritt'

WASHINGTON (dpa-AFX) - Verteidigungsminister Boris Pistorius hat dem
wichtigsten Nato-Partner USA die Bereitschaft Deutschlands zugesichert, mehr
militärische Verantwortung für die Sicherheit in Europa und der Welt zu
übernehmen. Zugleich rief er die US-Regierung auf, im gemeinsamen Engagement
auch in Europa nicht nachzulassen. "Wir werden beide weiterhin als enge Partner,
als Verbündete als Freunde zusammenarbeiten. Das ist wichtiger denn je in der
Welt und ich bin zuversichtlich, dass wir zusammen viel erreichen können", sagte
Pistorius bei einem Treffen mit seinem US-Amtskollegen Lloyd Austin im Pentagon.

Pistorius wurde dort am Donnerstag mit vollen militärischen Ehren empfangen, einer Zeremonie mit erweiterter Ehrengarde und Militärkapelle. Seine Reise in
die USA und nach Kanada dient auch dazu, den Nato-Partnern das stärkere
militärische Engagement Deutschlands deutlich zu machen. Vor dem Nato-Gipfel im
Juli im Washington will er damit einen in früheren Jahren entstandener
kritischen Blick auf Deutschland zurechtrücken. Das Thema hat auch eine größere
politische Dimension: im Falle eines Siegs von Donald Trump bei den
Präsidentenwahlen kann diese als brenzlig verstanden werden. Trump hat
Deutschland immer wieder scharf kritisiert.

Pistorius versicherte, Deutschland sei zu "mehr Beitragen zu einer fairen
transatlantischen Lastenteilung" bereit. Er nannte das Erreichen des
Zwei-Prozent-Ziels der Nato, die angelaufene Stationierung einer
gefechtsbereiten Brigade in Litauen sowie die von Deutschland angestoßene
Luftverteidigungsinitiative in Europa.

Austin selbst führte in einer Ansprache im Pentagon auf, was Deutschland für die Verteidigung der Ukraine und in der Nato leiste und auch für Sicherheit in
Nahen Osten, Afrika und auf dem Balkan. "Ob bei der Abschreckung gegen eine
Aggression des Kremls oder der Stärkung der Stabilität im Indo-Pazifik, unsere
zwei stolzen Demokratien sind im Gleichschritt", sagte Austin und bezeichnete
Deutschland als "Macht für Frieden und Sicherheit". Er sagt: "Deutschland bleibt
einer unserer stärksten und verlässlichsten Partner."

Am Vortag hatte Pistorius ein Hubschrauberwerk des Rüstungsunternehmens
Boeing in Philadelphia besucht. Dort wird der schwere Transporthubschrauber vom
Typ CH47-F "Chinook" produziert und Deutschland hat für die Bundeswehr 60 Stück
davon in der modernsten Variante Block II bestellt. Sie sollen künftig das
Arbeitspferd der Luftwaffe bei der Verlegung von Personal und Material sein und
Pistorius wird versichert, dass alles im Zeitplan sei und eine Lieferung bis
2027 erfolgen könne. Der Mann an der Spitze des Verteidigungsministeriums lässt
nicht unerwähnt, dass Deutschland damit auch seine Verpflichtungen in der Nato
erfüllen könne.

Inzwischen hat Deutschland als Teil der "Zeitenwende" nachdem Ukraine-Krieg
Waffen und Ausrüstung für die Bundeswehr im Wert von 23 Milliarden Euro in den
USA bestellt. Insgesamt geht es um etwa 380 Verträge mit amerikanischen
Rüstungsunternehmen. Pistorius sieht den Kauf von Ausrüstung und Waffen, die
schon auf dem Markt vorhanden sind, als Erfolgsweg. Es ist das Gegenmodell zu
einem Beschaffungswesen, bei dem vor lauter "Bedarfen" und Sonderwünschen oft
Zeit- und Kostenpläne gänzlich aus dem Ruder gelaufen sind.

Überhaupt das Geld. Pistorius macht in den USA am Rande des Besuchs
deutlich, dass er sich von der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse nicht
am Verfassungsauftrag verteidigungsfähiger Streitkräfte zum Schutz der
Bevölkerung und des demokratischen Staatswesens behindern lassen will. Es sei
noch deutlich mehr Geld nötig, um Lücken der letzten Jahrzehnte zu füllen. "Es
geht um zwei Fregatten, es geht möglicherweise um zwei U-Boote, es geht um
Iris-T-Systeme, es geht um Panzer. Also es gibt eine ganze Latte von Produkten,
die wir jetzt bestellen oder in kürzere Zeit bestellen könnten, wenn das Geld da
ist", sagt Pistorius. Dies wäre für Deutschland "natürlich ein Impuls in die
Wirtschaft hinein". Er nannte die Sicherung von Arbeitsplätzen, Sicherung von
Fachkenntnis ("Know-how") in den Firmen sowie einen Konjunkturanstoß, der damit
verbunden wäre./cn/DP/he

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