05.05.2024 13:45:03 - dpa-AFX: POLITIK/ROUNDUP: Israelische Regierung billigt Schließung TV-Sender Al-Dschasira

TEL AVIV (dpa-AFX) - Israel will den arabischen TV-Sender Al-Dschasira im
Land schließen. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu teilte am
Sonntag bei X (vormals Twitter) mit, dies habe seine Regierung einstimmig
beschlossen. Netanjahu sprach dabei von "dem Hetz-Sender Al-Dschasira".

Netanjahu hatte bereits vor mehr als einem Monat eine rasche Schließung des
im Golfemirat Katar ansässigen TV-Netzwerk in Israel angekündigt. Das Parlament
hatte zuvor das sogenannte Al-Dschasira-Gesetz gebilligt. Dieses ermöglicht eine
Schließung ausländischer TV-Sender, wenn diese als Risiko für die
Staatssicherheit eingestuft werden.

Netanjahu hatte dem Sender vor dem Hintergrund des Gaza-Kriegs vorgeworfen,
dieser habe "die Sicherheit Israels beschädigt, aktiv am Massaker am 7. Oktober
teilgenommen und gegen israelische Soldaten gehetzt".

Der israelische Kommunikationsminister Schlomo Karhi sagte, er habe die
Schließungsanordnung unterzeichnet und diese werde sofort umgesetzt. Damit
könnten nach Medienberichten Büroräume in Israel geschlossen, die
Sendeausrüstung beschlagnahmt, der Sender aus dem Programm der Anbieter von
Kabel- und Satellitenfernsehen entfernt und seine Internetseite blockiert
werden.

Israel wirft dem Sender vor, voreingenommen zu berichten. Al-Dschasira hat
seit Beginn des Gaza-Kriegs ausführlich über die katastrophale Lage im
Gazastreifen berichtet und Bilder von Tod und Zerstörung gezeigt, die in
israelischen TV-Sendern kaum zu sehen sind. Der Sender zeigt auch regelmäßig
Videos des militärischen Hamas-Arms, der Kassam-Brigaden, von Angriffen auf
israelische Soldaten.

Al-Dschasira wurde 1996 gegründet und hat seinen Hauptsitz in Doha. Er galt
als einer der ersten arabischen TV-Sender, der auch kritische Berichte über die
Region veröffentlichte und gewann daher schnell an Popularität in der arabischen
Welt. Kritiker werfen Al-Dschasira dagegen vor, als Sprachrohr der Hamas zu
fungieren. Katar selbst galt vor Ausbruch des Gaza-Kriegs als einer der
wichtigsten finanziellen Unterstützer der Terrororganisation. In Doha leben auch
Spitzenvertreter der Hamas.

Die US-Regierung reagierte schon zu Anfang irritiert auf die Pläne des engen Verbündeten. Ein Sprecher des US-Außenministeriums sagte, man unterstütze die
freie Presse überall auf der Welt. Auch die Bundesregierung hatte das sogenannte
Al-Dschasira-Gesetz kritisiert. Ein Sprecher des Auswärtigen Amts sagte vor gut
einem Monat: "Eine freie und vielfältige Presselandschaft ist Grundpfeiler einer
liberalen Demokratie."

Al-Dschasira wies Vorwürfe der Voreingenommenheit zurück und verurteilte die Entscheidung. Das im Golfemirat Katar ansässige TV-Netzwerk beschrieb die
Vorwürfe Netanjahus "gefährliche, lächerliche Lügen". Es handle sich um
"hetzerische Verleumdungen gegen das Netzwerk". Die jüngsten israelischen
Maßnahmen seien Teil einer Reihe "systematischer israelischer Angriffe, um
Al-Dschasira zum Schweigen zu bringen." Man behalte sich das Recht vor,
rechtliche Schritte einzuleiten./le/DP/mis

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