04.05.2024 11:12:59 - dpa-AFX: Spahn: Bei Koalitionen nicht zuerst an SPD und Grüne denken

BERLIN (dpa-AFX) - Kurz vor dem CDU-Parteitag hat Präsidiumsmitglied Jens
Spahn für einen selbstbewussten Kurs geworben, um bei einer künftigen
Regierungsbildung ohne SPD und Grüne auszukommen. "Wir wollen eine bürgerliche
Politik, eine Politik, die Leistung wertschätzt, die wertebasiert ist, die auf
Marktwirtschaft setzt. Und die geht nun mal mit Grünen und SPD schlecht. Das
sind immer Kompromisse nach links", sagte Spahn der Deutschen Presse-Agentur in
Berlin. Bei der am Montag anstehenden ersten Wiederwahl von Parteichef Friedrich
Merz rechne er "mit einem starken Ergebnis, mit viel Rückenwind und
Unterstützung" für den Vorsitzenden.

Die Union müsse bei der Bundestagswahl mit fünf, maximal zehn konkreten
Punkten antreten, forderte Spahn. Es gehe um Steuerentlastungen, die Abschaffung
des Bürgergeldes, das Rückabwickeln des Heizungsgesetzes und die Begrenzung
irregulärer Migration. "Wir müssen antreten mit diesen klaren Positionen, von
denen klar ist, wenn wir regieren, kommen die auch genau so." Wenn die Union in
Verantwortung kommen sollte und ihre wichtigsten Punkte nicht durchsetze, "war
das möglicherweise der letzte Schuss der demokratischen Mitte". Die Ansage müsse
sein: "Keine Koalition, ohne dass diese Punkte umgesetzt sind."

Spahn nannte den Parteitag eine Zwischenetappe auf dem Weg zur
Bundestagswahl im nächsten Jahr. "Dass wir überhaupt wieder so stark sind, hat
viel mit Friedrich Merz zu tun." In Umfragen liegen CDU/CSU seit langem trotz
viel Kritik an der Ampel-Regierung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) bei 30 Prozent,
bei Allensbach auf 32,5 Prozent. Bei der Wahl 2021 hatte die Union nur 24,1
Prozent erreicht. Der CDU-Politiker unterstrich: "Mit dem neuen
Grundsatzprogramm läuten wir im Grunde eine neue christlich-demokratische Ära
ein. Das wird das Signal des Parteitages sein."

"CDU-Chef immer auch ein natürlicher Kanzlerkandidat"

Zur Frage, ob ein sehr gutes Ergebnis für Merz bei dessen Wiederwahl auch
eine Vorentscheidung bei der Suche nach einem Kanzlerkandidaten sei, antwortete
Spahn, Merz und CSU-Chef Markus Söder würden im Herbst gemeinsam einen Vorschlag
machen. "Aber natürlich ist ein CDU-Vorsitzender immer auch ein natürlicher
Kanzlerkandidat", fügte er hinzu. Neben Merz gelten auch Söder und der
nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst als mögliche
Unions-Kanzlerkandidaten.

Auf die Frage, ob er in der Auseinandersetzung um die K-Frage mit ähnlichen
Sticheleien Söders gegen Merz wie im Jahr 2021 gegen den damaligen CDU-Chef
Armin Laschet rechne, sagte Spahn: "Jeder, den ich in Bayern und in Deutschland
kenne in der Union, will, dass wir nächstes Jahr die Wahl gewinnen, dass wir die
Ampel ablösen. Und jeder wird dabei mithelfen. Auch Markus Söder, da bin ich
ganz sicher." Alle in der Führung der Union wollten den gemeinsamen Erfolg. "Wir
wollen ab 2025 wieder den Kanzler stellen. Das muss der Korpsgeist sein. Und
jeder, der nicht mithilft, dass das rüberkommt, der wird ein paar Fragen
beantworten müssen."

Seitenhieb auf Scholz

Auf die Frage, ob es ein Nachteil sei, dass Merz keine Regierungserfahrung
vorweisen könne, entgegnete Spahn: "Er kann auf einen breiten politischen und
wirtschaftlichen Erfahrungsschatz zurückgreifen." Merz führe zudem die größte
Oppositionsfraktion und
-partei. "Man sieht übrigens an Olaf Scholz, dass selbst
Regierungserfahrung als Hamburger Bürgermeister, also als Ministerpräsident, und
Finanzminister nicht unbedingt einen guten Bundeskanzler macht."

"Grüne müssen sich ziemlich verändern"

Mit Blick auf mögliche Machtoptionen der Union nach der Bundestagswahl 2025
sieht Spahn eine Zusammenarbeit mit den Grünen wie auch mit der SPD skeptisch.
"Mit diesen Bundes-Grünen, die sich so reideologisieren, sehe ich aktuell nicht,
wie eine Zusammenarbeit funktionieren soll", sagte er etwas mit Blick auf den
Atomausstieg. Spahn ergänzte: "Wenn die Grünen wieder koalitionsfähig werden
wollen, müssen sie sich ziemlich verändern."

Er werbe dafür, "dass wir rauskommen aus dieser Logik, dass wir immer zuerst an SPD und Grüne denken, wenn es ums Regieren geht", betonte Spahn. "Wir als
CDU/CSU müssen so stark werden, dass wir ohne SPD und Grüne regieren können und
so stark werden, dass wir eben auch Vertrauen zurückgewinnen können von
denjenigen, die aus Frust möglicherweise AfD wählen wollen." Wer AfD wähle,
mache eine Koalition nach links wahrscheinlicher.

Auf die Frage, dass dann nur die FDP als Partner bliebe, die in Umfragen
aktuell um die fünf Prozent pendelt, sagte Spahn, bei der Wahl 2013 habe es eine
ähnliche Ausgangslage gegeben. Damals flog die FDP aus dem Bundestag. Die Union
habe die absolute Mehrheit mit 41,5 Prozent nur um fünf Mandate verfehlt. Dies
zeige ihm, dass eine solche Konstellation wieder machbar sei. Er rechne aber
nicht damit, dass der Parteitag über Koalitionsfragen diskutiere. Es gehe um
eigene Stärke und eigenes Profil. "Koalitionswahlkämpfe führt man schon gar
nicht in der Opposition."/bk/sam/DP/zb

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