02.05.2024 05:55:20 - dpa-AFX: ROUNDUP: Hamas nach Gaza-Vorschlag noch unentschlossen - Die Nacht im Überblick

GAZA/KAIRO/TEL AVIV (dpa-AFX) - Die islamistische Hamas steht einem
Verhandlungsangebot für einen Geisel-Deal im Gaza-Krieg Medienberichten zufolge
ablehnend gegenüber, will die Gespräche aber fortsetzen. "Unsere Position zum
aktuellen Verhandlungspapier ist negativ", sagte der im Libanon ansässige
Hamas-Sprecher Osama Hamdan am Mittwochabend im libanesischen Fernsehen, wie die
Zeitung "Times of Israel" berichtete. Die Pressestelle der Hamas habe die
Äußerungen Hamdans danach jedoch präzisiert und erklärt, die Hamas-Führung werde
zwar die aktuellen Vorschläge Israels nicht unverändert akzeptieren, sei aber
bereit weiterzuverhandeln, schrieb dazu die "New York Times". Die ablehnende
Haltung bedeute nicht, dass die Verhandlungen eingestellt wurden. Vielmehr gebe
es "ein Hin und Her". In den kommenden Stunden könnte es eine Antwort geben, so
die "Times of Israel".

Bericht: Hamas-Anführer im Gazastreifen sieht Angebot skeptisch

Im Rahmen von Vermittlungsbemühungen in der ägyptischen Hauptstadt Kairo war der Hamas ein Vorschlag für eine Feuerpause im Gegenzug für die Freilassung von
Geiseln unterbreitet worden. Nach Ansicht des Anführers der
Islamistenorganisation im Gazastreifen, Jihia al-Sinwar, enthält der Vorschlag
jedoch eine Reihe von Fallstricken. So gebe es keine Garantie dafür, dass der
Krieg beendet wird, sagte eine dem Hamas-Anführer nahestehende Quelle dem
israelischen Fernsehsender Channel 12 am Mittwochabend. Es handele sich nicht um
ein Angebot der ägyptischen Vermittler, sondern um ein israelisches "in
amerikanischem Gewand". Äußerungen von Hamas-Führern im Exil sollten nicht als
offizielle Positionen der Hamas betrachtet werden, sagte der Vertraute
Al-Sinwars dem israelischen TV-Sender.

Israel droht mit Bodenoffensive in Rafah

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu habe am Mittwoch
US-Außenminister Antony Blinken unter vier Augen gesagt, dass Israel mit einer
Bodenoffensive in Rafah im Süden des Gazastreifens beginnen werde, sollte die
Hamas weiterhin ein Geiselabkommen von der Beendigung des Krieges abhängig
machen, berichtete das Nachrichtenportal "Axios" unter Berufung auf zwei
israelische und amerikanische Beamte. Blinken hatte von einem "sehr, sehr
großzügigen" Vorschlag Israels für einen Deal gesprochen. Die Hamas bestand
bislang auf einem Ende des Krieges, was Israel aber ablehnt.

Die israelische Regierung hat einen raschen Beginn der umstrittenen
Offensive in Rafah an der Grenze zu Ägypten angekündigt, sollte es nicht zur
Einigung kommen. In der Stadt haben Hunderttausende Zivilisten Schutz gesucht.
Blinken sagte am Mittwoch in Tel Aviv: "Wir sind entschlossen, eine Waffenruhe
zu erzielen, die die Geiseln nach Hause bringt, und zwar jetzt. Und der einzige
Grund, warum dies nicht erzielt werden könnte, ist wegen der Hamas." Es liege
ein Vorschlag auf dem Tisch. "Und wie wir gesagt haben, keine Verzögerungen,
keine Ausreden." Dem Sender Channel 12 zufolge zögert der Hamas-Anführer in
Gaza, Al-Sinwar, jedoch. Laut seinem Vertrauten nehme er für sich in Anspruch,
alle Entscheidungen zum Gaza-Krieg allein zu treffen.

Israel vermutet, dass sich Al-Sinwar im Tunnelnetzwerk der Hamas unter dem
Gazastreifen aufhält und sich zu seinem eigenen Schutz mit Geiseln umgeben hat.
Das unterirdische System stellt in dem seit rund sieben Monaten andauernden
Gaza-Krieg eine enorme Herausforderung für Israels Armee dar.

Israel betrachtet Al-Sinwar als einen der Architekten des Massakers vom 7.
Oktober vergangenen Jahres im israelischen Grenzgebiet. Es war der Auslöser des
Krieges. Israel will nun in Rafah die letzten dort verbliebenen Bataillone der
Hamas zerschlagen. "Die Idee, dass wir den Krieg stoppen, bevor alle seine Ziele
erreicht sind, kommt nicht infrage", sagte Regierungschef Netanjahu am Dienstag.
Er steht unter starkem Druck seiner rechtsextremen Koalitionspartner, die jüngst
mit einem Ende der Regierung gedroht hatten, sollte der jetzt vorgeschlagene
Geisel-Deal umgesetzt und der geplante Einsatz in Rafah abgeblasen werden.
Netanjahus politisches Überleben hängt von ihnen ab.

Kolumbien bricht wegen Gaza-Krieg Beziehungen zu Israel ab

Unterdessen kündigte Kolumbiens Präsident Gustavo Petro einen Abbruch der
diplomatischen Beziehungen zu Israel an. Israel habe eine "völkermörderische"
Regierung, sagte Petro zur Begründung am Mittwoch bei einer Kundgebung zum Tag
der Arbeit in Bogotá. "Wenn Palästina stirbt, stirbt die Menschheit, und wir
werden sie nicht sterben lassen", sagte der Linkspolitiker vor Tausenden
Menschen in Kolumbiens Hauptstadt. Der Abbruch der Beziehungen gelte von diesem
Donnerstag an.

Der israelische Außenminister Israel Katz bezeichnete Petro in einer
Erklärung als "antisemitisch und hasserfüllt". Er habe beschlossen, "sich auf
die Seite der verabscheuungswürdigsten Monster der Menschheit zu stellen, die
Babys verbrannten, Kinder ermordeten, Frauen vergewaltigten und unschuldige
Zivilisten entführten", schrieb Katz auf der Plattform X, vormals Twitter, auf
Hebräisch und Spanisch. Der Präsident werde nichts daran ändern, dass die
Beziehungen zwischen beiden Ländern immer herzlich gewesen seien. Petro hatte in
den vergangenen Monaten Israel mehrmals scharf kritisiert und mit einem Abbruch
der Beziehungen gedroht./ln/DP/zb

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