01.05.2024 06:19:56 - dpa-AFX: Umfrage: Jedes fünfte Metall-Unternehmen will Produktion verlagern

HAMBURG (dpa-AFX) - Alarmierende Daten aus der norddeutschen Metall- und
Elektroindustrie: Laut der Frühjahrs-Konjunkturumfrage der Arbeitgeberverbände
plant inzwischen jedes fünfte Unternehmen seine Produktion ganz oder teilweise
ins Ausland zu verlegen. "Das ist einer der höchsten je in unseren
Konjunkturumfragen gemessenen Werte und offenbart auf ganz dramatische Weise:
Viel zu hohe Arbeits- und Energiekosten sowie die weiter wuchernden
Bürokratielasten treiben die Unternehmen aus dem Land, vernichten Arbeitsplätze
und Wertschöpfung in Norddeutschland", sagte der Präsident des
Arbeitgeberpräsidenten Nordmetall, Folkmar Ukena, der Deutschen Presse-Agentur.

An der Frühjahrs-Konjunkturumfrage von Nordmetall, AGV Nord und den
Arbeitgeberverbänden Oldenburg, Ostfriesland und Bremen nahmen den Angaben
zufolge im Februar und März 141 Betriebe mit rund 95 000 Beschäftigten teil. Die
befragten Firmen haben ihren Sitz in Hamburg, Schleswig-Holstein,
Mecklenburg-Vorpommern, im nordwestlichen Niedersachsen und in Bremen.

Produktionsverlagerungen ins Ausland erwägen laut Umfrage vor allem
Unternehmen im Straßenfahrzeugbau, im Luft- und Raumfahrzeugbau sowie
Gießereien. Ursache dafür seien immer schwierigere Arbeitsbedingungen. So
beklagten 80 Prozent der Firmen zu hohe Arbeitskosten, 72 Prozent zu hohe
Energiekosten und 70 Prozent einen zu großen Bürokratieaufwand. 60 Prozent aller
norddeutschen Metall- und Elektrobetriebe wiederum bewerteten den
Arbeitskräftemangel als erschwerenden Wirtschaftsfaktor, etwas mehr als die
Hälfte neue Gesetze und die internationale Politik.

"Wenn mit 71 Prozent fast drei Viertel der Firmenleitungen angeben, dass
sich die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Deutschland in den letzten sechs
Monaten weiter verschlechtert hat, ist das ein Alarmsignal erster Güte", sagte
Ukena. Entsprechend wollten nur noch 22 Prozent der Unternehmen ihre
Investitionen im Vergleich zum Vorjahr erhöhen, dafür aber 31 Prozent
einschränken oder 47 Prozent gleich halten. Verbessert habe sich aus Sicht der
Unternehmen dagegen die Verfügbarkeit von Arbeitskräften. Hatten vor eineinhalb
Jahren noch 84 Prozent der Firmen eine schlechte oder unbefriedigende
Verfügbarkeit beklagt, seien es nun noch 63 Prozent. Bei der Verfügbarkeit von
Auszubildenden sei der Wert von 74 auf 63 Prozent gefallen.

"Auch die norddeutsche Metall- und Elektroindustrie braucht dringend
günstigere Energiepreise und eine Entlastungsoffensive in Sachen Bürokratie",
sagte Ukena. Hier passiere nach wie vor viel zu wenig - egal ob ihn Brüssel,
Berlin oder den norddeutschen Landeshauptstädten. Überflüssige
Schriftformerfordernisse müssten weg und dafür die Digitalisierung der Ämter bei
der Fachkräfteeinwanderung oder die Reduzierung des Meldeumfangs bei
Unternehmensneugründungen endlich durchgesetzt werden. "Nur so werden wir weiter
eine starke Metall- und Elektroindustrie im Norden bleiben können", sagte Ukena.

Gleichzeitig ermahnte er die IG Metall: "Wer zum Tag der Arbeit in dieser
dramatischen Krisenlage ernsthaft mit dem Slogan ?Mehr Lohn, mehr Freizeit, mehr
Sicherheit? auf die Straße geht, der hat grundlegende Zusammenhänge nicht
verstanden." Arbeitsplätze und Wohlstand könnten nur durch mehr Arbeit, niedrige
Arbeitskosten und mehr Sicherheit erhalten werden. "Alles andere ist ein
direktes De-Industrialisierungsprogramm zum Schaden Norddeutschlands."/klm/DP/zb

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