30.04.2024 13:57:44 - dpa-AFX: AUSBLICK: US-Notenbank dürfte Zinsen weiter stabil halten

WASHINGTON (dpa-AFX) - Die US-Zentralbank Federal Reserve dürfte ihre
Leitzinsen weiter auf hohem Niveau belassen. Für die an diesem Mittwoch (1. Mai)
anstehende Zinsentscheidung rechnen Fachleute ganz überwiegend nicht mit einer
Zinslockerung. "Die Fed dürfte die Zinsen unverändert im Zielkorridor von 5,25
bis 5,5 Prozent belassen", sagt Michael Heise, Chefökonom vom Vermögensverwalter
HQ Trust. Allerdings könnten die Währungshüter das Abschmelzen ihrer
aufgeblähten Bilanz verlangsamen, erwarten Experten.

Die Frage, die die Märkte derzeit mit am stärksten beschäftigt, ist: Wann
beginnen die Zinsen in der weltgrößten Volkswirtschaft zu sinken? Sah es zu
Jahresbeginn noch so aus, als würde die Fed gleich mehrere Male ihre Ausrichtung
lockern, sind diese Erwartungen bis zuletzt drastisch gesunken. An den
Anleihemärkten sind für 2024 nicht mehr - wie noch zum Jahresstart - sechs
Reduzierungen eingepreist, sondern gerade mal etwas mehr als eine Senkung. Und
diese wird aktuell frühestens im Spätsommer erwartet.

Ausschlaggebend für die Entwicklung ist vor allem die zähe Inflation. Sie
ist im Trend zwar rückläufig, entwickelt sich aber nur langsam in Richtung des
Zwei-Prozent-Ziels der Währungshüter. Hinzu kommt die solide US-Konjunktur, die
zu Jahresbeginn zwar etwas abgebremst hat. Von der viel beschworenen Rezession,
die vor allem die straffe Geldpolitik der Federal Reserve bewirken sollte, ist
aber weit und breit nichts zu sehen. Mittlerweile wird unter Fachleuten sogar
diskutiert, ob die Fed die Zinsen - anstatt sie zu senken - nicht noch weiter
anheben müsste.

"Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Leitzinsen tatsächlich
weiter erhöht werden müssen, relativ gering", meint Ökonom Heise. Zum einen
seien bei der Lohnentwicklung Abflachungstendenzen zu erkennen. Zum anderen gebe
es beträchtliche Produktivitätssteigerungen, die den Inflationsdruck minderten.
Zudem werde das hohe Zinsniveau mit der Zeit die Konjunktur und speziell den
Bausektor verlangsamen.

Ungeachtet dessen rechnen viele Experten damit, dass die Fed vorerst keine
Zinssenkungssignale geben wird. Als denkbar gilt sogar, dass die Fed in ihrer
Erklärung nicht mehr explizit von Zinssenkungen spricht, sondern eine neutralere
Haltung einnimmt. "Das wäre für uns eine Überraschung - und vermutlich auch für
den Markt", sagt Experte John Velis von der Bank of New York Mellon. Die Fed
selbst signalisiert für dieses Jahr noch drei Zinssenkungen. Allerdings könnte
diese Haltung mittlerweile überholt sein.

Eine tendenzielle Lockerung ihrer Geldpolitik könnte allerdings von einer
anderen Seite kommen: der Notenbank-Bilanz. Schon länger diskutieren die
Währungshüter darüber, ob sie den Abbau ihrer durch Krisenmaßnahmen aufgeblähten
Bilanz verlangsamen wollen. "Wir gehen davon aus, dass die Fed wahrscheinlich
eine Halbierung des Abbautempos ankündigen wird", sagt Velis. Käme es so, wäre
das keine große Überraschung für die Märkte, sagt der Fachmann mit Blick auf die
bereits angestoßene Debatte./bgf/jkr/stk

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