29.04.2024 14:58:16 - dpa-AFX: Ökonomen-Stimmen zur Inflationsentwicklung in Deutschland

FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Inflationsrate in Deutschland bleibt nach drei
Rückgängen in Folge unverändert. Die Verbraucherpreise lagen im April wie schon
im März um 2,2 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats, wie das Statistische
Bundesamt am Montag auf vorläufiger Basis mitteilte. Niedriger war die jährliche
Teuerungsrate zuletzt im April 2021 mit 2,0 Prozent. Im Dezember hatte die Rate
noch bei 3,7 Prozent gelegen und war seither stetig zurückgegangen. Höhere
Teuerungsraten schwächen die Kaufkraft von Verbraucherinnen und Verbrauchern.

Einschätzungen von Ökonomen zur Preisentwicklung und zu möglichen Folgen für die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB):

Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank:

"Dass die Inflationsrate im April nicht weiter zurückgeht, mag auf den
ersten Blick als Dämpfer im Disinflationsprozess erscheinen, doch die
Teuerungsentwicklung offeriert im Detail eine Reihe von guten Nachrichten. Unter
Herausrechnung der volatilen Energie- und Nahrungsmittelpreise (Kernrate) fällt
die Inflationsrate merklich von 3,3 auf 3,0 Prozent. Erfreulich dabei ist, dass
sich der Preisauftrieb im Dienstleistungssektor abgeschwächt hat."

Ralf Umlauf, Ökonom Landesbank Hessen-Thüringen:

"Zugelegt hat die Jahresrate (...) wie erwartet in harmonisierter Rechnung
von 2,3 Prozent auf 2,4 Prozent. Der Wegfall der Mehrwertsteuersenkung auf Gas
und Fernwärme Ende März hat zu den Entwicklungen beigetragen, der Rückgang der
Dienstleistungsinflation dominiert aber. So ist auch die Kerninflation in
nationaler Abgrenzung des Warenkorbes gesunken und die Zinssenkungserwartungen
bezüglich der EZB im Juni bleiben präsent."

Robin Winkler, Deutschland-Chefvolkswirt der Deutschen Bank:

"Die Zinswende im Juni wird immer konkreter. Die vorläufigen Inflationsdaten für April dürften der EZB größeres Vertrauen einflößen, dass die Inflation trotz
der anziehenden Konjunktur weiterhin abklingt. In Deutschland fiel die
Inflationsrate auf 2,2 Prozent, ein Zehntel niedriger als an den Finanzmärkten
erwartet, auch wenn die HVPI-Inflationsrate mit 2,4 Prozent etwas höher ausfiel.
Noch beruhigender ist der nennenswerte Rückgang der Kerninflationsrate auf 3,0
Prozent von zuvor 3,3 Prozent im März."

Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank:

"Aus Verbrauchersicht bleibt die Inflation im grünen Bereich. Die wieder
erhöhte Mehrwertsteuer bei Erdgas wurde durch leichte Entlastungen bei den
Preisen für Verkehrstickets ausgeglichen. Die extrem hohen Inflationsraten aus
den vergangenen zwei Jahren sind allerdings Geschichte. Solange es nicht wieder
zu neuen geopolitischen Spannungen kommt, welche die internationalen
Lieferketten bedrohen, bleibt das Inflationsumfeld entspannt. Die Geldpolitik
muss allerdings weiterhin wachsam bleiben, ob es im Herbst bei weiterhin hohen
Lohnzuwächsen nicht zu neuen Inflationsimpulsen kommt. Die weitere Beruhigung
bei der Kernrate der Inflation macht für die EZB den Weg frei für eine
Zinssenkung im Juni."

Michael Heise, Chefökonom von HQ Trust:

"Der starke Inflationsrückgang der letzten Monate ist vorerst wohl gestoppt. Die Inflationsrate ist zwar aktuell stabil, dürfte aber in den kommenden Monaten
leicht nach oben gehen. (...) Dass weiterhin Inflationsdruck gegeben ist, zeigen
auch die Preissteigerungen ohne Energie und Nahrungsmittel, die sich zwar leicht
vermindert haben, mit einem Wert von 3,0 Prozent aber noch immer recht hoch
liegen. Eine Zinssenkung im Juni ist damit noch keine ausgemachte Sache."

Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING Bank:

"Trotz des frühen Ostertermins in diesem Jahr sind die Preise für Freizeit,
Pauschalreisen sowie Hotels und Restaurants im April nicht gesunken. Die
heutigen deutschen Inflationsdaten verdeutlichen nicht nur den hohen Einfluss
der Öl- und Lebensmittelpreise auf die Gesamtinflation, sondern machen auch
deutlich, wie hartnäckig die Inflation bleibt."

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