29.04.2024 10:28:17 - dpa-AFX: ROUNDUP: Postbank-Kauf könnte Deutsche Bank teuer zu stehen kommen - Kursrutsch

FRANKFURT/KÖLN (dpa-AFX) - Der Kauf der Postbank könnte für die Deutsche
Bank ein unerwartet teures Nachspiel haben. In dem langwierigen
Rechtsstreit mit früheren Aktionären des übernommenen Instituts stellt sich der
Dax-Konzern auf eine Nachzahlung in Milliardenhöhe ein, wie er am
Freitagabend überraschend in Frankfurt mitteilte. Nach entsprechenden Äußerungen
des zuständigen Gerichts legt die Bank im zweiten Quartal voraussichtlich 1,3
Milliarden Euro zurück. Am Finanzmarkt kamen die Neuigkeiten am Montag schlecht
an.

Am Morgen verlor die Deutsche-Bank-Aktie rund vier Prozent an Wert auf 15,88 Euro und war damit größter Verlierer im Dax. Zuvor hatte das Papier seit dem
Jahreswechsel um rund ein Drittel zugelegt. Besonders die Zahlen des ersten
Quartals wurden vergangene Woche an der Börse mit einem Kurssprung belohnt. Am
Freitag war das Papier zeitweise sogar so teuer gehandelt worden wie seit 2017
nicht mehr.

Die erwartete Belastung von 1,3 Milliarden Euro ergibt sich den Angaben
zufolge aus dem Gesamtbetrag aller Forderungen, einschließlich der aufgelaufenen
Zinsen. Die Summe gelte für den Fall, dass alle Klagen erfolgreich sind.

Diese Milliardenbelastung würde der Bank im laufenden Jahr voraussichtlich
einen deutlichen Gewinnrückgang einbrocken. Schon vor der Ankündigung der
Sonderbelastung erwarteten Analysten für 2024 einen auf die Aktionäre
entfallenden Überschuss von rund 4 Milliarden Euro, nachdem das Ergebnis im
vergangenen Jahr auf 4,2 Milliarden Euro gesunken war.
    
    Der Rechtsstreit zieht sich seit rund 14 Jahren hin. Die Deutsche Post als

damaliger Mehrheitseigner und die Deutsche Bank hatten die Übernahme kurz vor
Ausbruch der Finanzkrise 2008/2009 eingeleitet, die Bedingungen nach dem Crash
an den weltweiten Finanzmärkten jedoch geändert.

Nach der Übernahme der Aktienmehrheit bot die Deutsche Bank den verbliebenen Aktionären im Oktober 2010 je Anteilschein 25 Euro. Nach Ansicht des Klägers
hätte die Deutsche Bank jedoch 57,25 Euro je Aktie zahlen müssen - weil sie die
Kontrolle der Postbank schon 2008 übernommen habe. Nachdem das Oberlandesgericht
Köln die Klagen Ende 2020 abgewiesen hatte, hob der Bundesgerichtshof die
Urteile Ende 2022 auf und verwies sie an das Oberlandesgericht zurück.

Am Freitag deutete das Gericht den Angaben zufolge an, dass es Teile der
Ansprüche in einer späteren Entscheidung für begründet erachten könnte. Die
Deutsche Bank widerspricht dieser Einschätzung zwar weiterhin "nachdrücklich".
Allerdings ist aus ihrer Sicht die Wahrscheinlichkeit gestiegen, dass sie den
Anlegern einen Nachschlag zahlen muss.

Mehr Klarheit könnte es im Sommer geben. Das Gericht habe die Absicht
geäußert, am 21. August eine Entscheidung bekannt zu geben, schreibt die
Deutsche Bank. Zugleich habe es den Streitparteien vorgeschlagen, Verhandlungen
über einen Vergleich aufzunehmen.

Die Deutsche Bank hat unterdessen durchgerechnet, wie stark die Rückstellung an ihrem Kapital zehren würde. Rechnerisch würde sich die harte Kernkapitalquote
(CET1) zum 31. März um rund 0,20 Prozentpunkte auf 13,25 Prozent verringern. Auf
derselben Basis läge die Verschuldungsquote zum 31. März 2024 bei 4,42 Prozent.

Nur einen Tag vor der Gerichtsverhandlung hatte Deutschlands größtes
Geldhaus für das erste Quartal einen Nettogewinn von knapp 1,3 Milliarden Euro
gemeldet. Dass das Gericht zugunsten des Klägers entscheiden könnte, hatte das
Management bis zu der Anhörung den Angaben zufolge nicht erwartet.

Trotz der möglicherweise hohen Belastungen erwartet das Management den
Angaben zufolge "keine signifikanten Auswirkungen" auf die strategischen Pläne
oder Finanzziele der Bank. Angesichts der Komplexität dieses Rechtsfalls will
der Vorstand die rechtlichen Argumente sowie die möglichen Auswirkungen auf die
Finanzberichte jedoch weiter prüfen./stw/mne/stk
Name WKN Börse Kurs Datum/Zeit Diff. Diff. % Geld Brief Erster Schluss
DEUTSCHE BANK AG NA O.N. 514000 Frankfurt 16,042 15.05.24 17:47:10 -0,026 -0,16% 16,042 16,060 16,052 16,068

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