28.04.2024 14:52:33 - dpa-AFX: POLITIK: Scholz setzt im Europawahlkampf auf seinen 'Kurs der Besonnenheit'

HAMBURG (dpa-AFX) - Zum Auftakt des Europawahlkampfs der SPD hat
Bundeskanzler Olaf Scholz seinen "Kurs der Besonnenheit" im Ukraine-Krieg
hervorgehoben. "Ich wundere mich, wenn einige sagen, besonnene Politik ist nicht
richtig", betonte der Kanzler am Samstag bei einer Großkundgebung in seiner
Heimatstadt Hamburg. "Wir machen das Meiste, aber wir machen es klug abgewogen,
zum richtigen Zeitpunkt und mit aller Konsequenz."

Versprechen an diejenigen, "die Angst haben"

Scholz bekräftigte, dass Deutschland unter seiner Führung als - wie er sagte - größter Waffenlieferant weiter an der Seite der Ukraine stehen, aber eine
direkte Konfrontation der Nato mit Russland vermeiden werde. "Denjenigen, die
sich Sorgen machen, die Angst haben, denen sage ich: Sie können sich darauf
verlassen, dass egal, wie die Debatten jeweils laufen, der deutsche
Bundeskanzler, die von mir geführte Regierung, den Kurs der Besonnenheit, den
Kurs, abgewogen zu handeln und Frieden und Sicherheit in Europa zu
gewährleisten, nicht verlassen werden."

Scholz wird von der Union, aber auch von Politikern seiner Koalitionspartner Grüne und FDP für sein Nein zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern in die
Ukraine scharf kritisiert. Polens Außenminister Radoslaw Sikorski setzt darauf,
dass er seine Meinung noch ändert, nachdem die USA nun doch sehr weit reichende
ATACMS-Raketen liefern. "Ich hoffe, der Kanzler fühlt sich durch die Ereignisse
der letzten Tage ermutigt", sagte Sikorski der "Bild am Sonntag" und anderen
Axel-Springer-Medien. Die US-Entscheidung sei eine "Reaktion auf die russische
Eskalation", auf die auch Deutschland reagieren müsse.

Friedenswahlkampf in der Tradition von Brandt und Schmidt

Die große Mehrheit der Bevölkerung steht Umfragen zufolge aber hinter
Scholz' Entscheidung. Dem Kanzler wird vor diesem Hintergrund vorgeworfen, gegen
Taurus entschieden zu haben, um einen "Friedens-Wahlkampf" führen zu können.

"Frieden" ist nun einer der zentralen Begriffe auf den SPD-Wahlplakaten für
die Europawahl am 9. Juni, auf denen Scholz und Spitzenkandidatin Katarina
Barley zusammen zu sehen sind. Parteichef Lars Klingbeil erklärte das auf der
Kundgebung damit, dass sich die SPD mit ihren früheren Kanzlern Willy Brandt und
Helmut Schmidt immer wieder für Frieden in der Welt starkgemacht habe. "Und
diese Politik, in dieser Tradition setzt unser sozialdemokratischer Kanzler Olaf
Scholz fort."

Ukraine-Krieg vor Rente und Kampf gegen Rechts

Scholz stellte den Krieg in der Ukraine an den Beginn seiner ersten
Wahlkampfrede - vor andere Themen wie den Kampf gegen Rechts und die Absage an
eine Anhebung des Renteneintrittsalters.

In einer Diskussionsveranstaltung mit Bürgern in Lüneburg unmittelbar zuvor
bekräftigte er seine Absage an eine Taurus-Lieferung. Die Waffe reiche 500
Kilometer weit und sei so präzise, "da können wir direkt ein Wohnzimmer
ansteuern", sagte er. "Das ist nur verantwortlich, wenn wir die Kontrolle über
die Zielsteuerung behalten." Das würde aber eine Kriegsbeteiligung bedeuten und
komme deshalb nicht in Frage.

Barley betonte, dass die Ukrainer nicht zu einem Friedensschluss gedrängt
würden. "Nur sie alleine können entscheiden, wann und wie dieser Krieg enden
wird. Bis dahin werden wir sie unterstützen."

Umfragewerte minimal über letztem Europawahlergebnis

Die SPD hatte bei der letzten Europawahl 2019 mit 15,8 Prozent der Stimmen
ihr schlechtestes Ergebnis bei einer bundesweiten Wahl erzielt. Derzeit liegt
sie in den Umfragen bei 16 bis 17 Prozent./mfi/DP/he

© 2000-2024 DZ BANK AG. Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen | Impressum
2024 Infront Financial Technology GmbH