17.04.2024 17:05:04 - dpa-AFX: Weltwirtschaft droht laut Studie durch Klimafolgen stark zu schrumpfen

POTSDAM (dpa-AFX) - Die Weltwirtschaft droht einer neuen Berechnung zufolge
durch Folgen der Erderwärmung bis Mitte des Jahrhunderts um rund ein Fünftel zu
schrumpfen - und das sogar, wenn der Ausstoß klimaschädlicher Gase künftig
drastisch gesenkt würde. Andernfalls sind noch deutlich größere wirtschaftliche
Schäden als jene 38 Billionen US-Dollar pro Jahr zu erwarten, wie Forscher des
Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) in einer am Mittwoch im
Fachjournal Nature veröffentlichten Studie berechnet haben.

Diese Schäden würden damit sechsmal höher ausfallen als die veranschlagten
Kosten für Klimaschutzmaßnahmen zur Begrenzung der Erderwärmung auf maximal zwei
Grad, schreiben die Autorinnen und Autoren.

Deutsche Wirtschaft könnte um 11 Prozent schrumpfen

Je nach Region fallen die erwarteten Schäden sehr unterschiedlich aus. Die
ärmsten und am wenigsten für den Klimawandel verantwortlichen Länder werde es am
schwersten treffen, heißt es in der Studie. Für Deutschland sagen die Forscher -
ebenso wie für die USA - bis zur Mitte des Jahrhunderts ein Schrumpfen der
Wirtschaft um 11 Prozent hinaus, verglichen mit einem Szenario ohne Klimafolgen.
Die Angaben beziehen sich auf ein Szenario, bei dem es gelingt, auf einen Pfad
zu kommen, mit dem die Erderwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts auf unter zwei
Grad begrenzt werden kann. Die bisherigen Klimaschutzpläne reichen dafür nach
Angaben der Vereinten Nationen bislang nicht aus.

"Für die meisten Regionen, darunter Nordamerika und Europa, werden hohe
Einkommensverluste prognostiziert, wobei Südasien und Afrika am stärksten
betroffen sind", schrieb Maximilian Kotz, einer der Studienautoren. "Diese
Verluste werden durch unterschiedlichste wirtschaftsrelevante Wirkungen des
Klimawandels verursacht, wie zum Beispiel Folgen für landwirtschaftliche
Erträge, Arbeitsproduktivität oder Infrastruktur." Schäden durch Stürme oder
Waldbrände sind nicht eingerechnet, sondern könnte die Höhe der Schäden weiter
erhöhen.

Für die Berechnung haben die Forscherinnen und Forscher Daten der
vergangenen 40 Jahre aus mehr als 1600 Regionen dazu ausgewertet, wie
Wetterextreme das Wirtschaftswachstum beeinflusst haben. Auf Basis von
Klimamodellen errechneten sie, wie sich diese voraussichtlich in den kommenden
26 Jahren wirtschaftlich auswirken werden.

Kommende Schäden durch bereits entstandene Emissionen

Forscherin Leonie Wenz wies darauf hin, dass die erwarteten Schäden Folgen
der bereits ausgestoßenen Treibhausgase seien. Um diese abzufedern, brauche es
Anpassungsmaßnahmen. "Zusätzlich müssen wir unsere CO?-Emissionen drastisch und
sofort reduzieren - andernfalls werden die wirtschaftlichen Verluste in der
zweiten Hälfte des Jahrhunderts noch höher sein und bis Ende des Jahrhunderts im
globalen Durchschnitt bis zu 60 Prozent betragen", sagte Wenz.

Die aktuellen Berechnungen des Potsdamer Teams liegen erstaunlich nahe an
den als Stern-Report bekannten Prognosen, die der Wirtschaftswissenschaftler
Nicholas Stern schon vor knapp 20 Jahren im Auftrag der britischen Regierung
errechnete: Durch den Klimawandel drohe der internationalen Wirtschaft ein
Rückgang um rund 20 Prozent, hieß es in der 2006 vorgestellten Studie. Das Fazit
lautete schon damals: Klimaschutz sei zwar teuer - kein Klimaschutz aber noch
viel teurer./swe/DP/stk

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