29.03.2024 15:43:52 - dpa-AFX: POLITIK/ROUNDUP: Debatte über Umgang mit AfD im Unterricht

BERLIN (dpa-AFX) - Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat die
Lehrkräfte in Deutschland aufgerufen, sich im Unterricht kritisch mit der AfD
auseinanderzusetzen. "Die AfD ist eine Partei mit verfassungsfeindlichen
Tendenzen. Das dürfen und sollen Lehrerinnen und Lehrer auch im Klassenraum so
sagen", sagte GEW-Chefin Maike Finnern der "Stuttgarter Zeitung" und den
"Stuttgarter Nachrichten" (Freitag).

Vom Deutschen Lehrerverband kam teilweise Zustimmung. Er plädierte aber für
einen "breiten Blick": "Wir haben Verfassungsfeinde links, wir haben sie rechts,
wir haben sie im religiösen Bereich. Das muss man auch ganz offen mit den
Schülern besprechen", sagte Verbandspräsident Stefan Düll am Freitag der
Deutschen Presse-Agentur. Er nannte es normal für den unterrichtlichen Kontext,
wenn bestimmte Gruppierungen genannt würden, wenn diese wie Teile der AfD vom
Verfassungsschutz als gesichert extremistisch eingestuft seien. Ähnlich äußerte
sich der CDU-Bildungspolitiker Thomas Jarzombek, der jedoch auch Bedenken
deutlich machte. Der AfD-Bildungspolitiker Götz Frömming warnte davor,
Lehrkräfte für eine politische Auseinandersetzung zu instrumentalisieren.

Finnern sprach sich dafür aus, im Zusammenhang mit der AfD konkrete Aussagen und Vorgänge zu analysieren und mit den Schülerinnen und Schülern zu besprechen.
"Ich ermuntere Lehrkräfte nicht nur dazu, die Auseinandersetzung mit der AfD
auch im Klassenraum zu suchen. Ich rufe sie auch ausdrücklich dazu auf", betonte
Finnern. "Lehrerinnen und Lehrer schwören auf die Verfassung - und darauf, diese
zu verteidigen", sagte die GEW-Chefin.

AfD-Politiker Frömming kritisierte den Vorstoß der Gewerkschafterin: "Gegen
eine kritische Auseinandersetzung mit der AfD im Rahmen des Politikunterrichts
ist nichts einzuwenden", sagte er der dpa. Problematisch sei allerdings, dass
die GEW-Chefin eine kritische Auseinandersetzung mit anderen Parteien wie den
Grünen oder der SPD nicht für notwendig erachte. "Wer Lehrer, die als Beamte
Teil der Exekutive sind, für die politische Auseinandersetzung mit der
Opposition instrumentalisieren möchte, hat unsere Verfassung nicht verstanden."

Nach Ansicht des CDU-Bildungsexperten Jarzombek gehört die
Auseinandersetzung mit aktuellen Fragen im Unterricht im Rahmen der Vermittlung
der Grundlagen der Demokratie dazu und in diesem Kontext auch die Frage, warum
die AfD vom Verfassungsschutz als in Teilen gesichert extremistisch beurteilt
wird. "Es muss aber immer um Extremismus in allen Ausprägungen gehen und darf
nicht zu einer "Lex AfD" kommen, die am Ende auf die Opfererzählung dieser
Partei einzahlt", warnte er.

Finnern rief Lehrkräfte auch dazu auf, sich an Demonstrationen gegen
Rechtsextremismus zu beteiligen und berichtete, viele hätten Angst, sie könnten
deswegen Ärger mit ihrem Dienstherrn bekommen. Dazu hätten sie aber wie andere
Staatsbürger das Recht. "Aus unserer Sicht haben sie sogar mehr als andere die
Pflicht, sich für Demokratie und Vielfalt starkzumachen sowie ihre Stimme gegen
Rechtsextremismus und verfassungsfeindliche Umtriebe zu erheben", fügte sie
hinzu. Düll sagte, Lehrer müssten keine Angst haben, wenn sie als Privatperson
auf Demonstrationen gehen, soweit diese vom Grundgesetz abgedeckt seien. "Es
braucht dazu aber keine Aufforderung. Denn das ist eine
Privatangelegenheit."/jr/DP/he

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