06.06.2023 08:06:03 - dpa-AFX: ROUNDUP: Ukraine wirft Russland Sprengung von Staudamm vor - Moskau dementiert

CHERSON (dpa-AFX) - Im von Russland besetzten Teil der Südukraine ist nach
Angaben beider Kriegsparteien ein großer und wichtiger Staudamm nahe der Front
schwer beschädigt worden. Kiew und Moskau machten sich am Dienstagmorgen
gegenseitig für den Vorfall in der Region Cherson mit potenziell gravierenden
Folgen verantwortlich. Das ukrainische Einsatzkommando Süd teilte mit, die
russischen Besatzer hätten den Damm in der Stadt Nowa Kachowka gesprengt. Der
Militärgouverneur des Gebiets, Olexander Prokudin, warnte, innerhalb von fünf
Stunden könne der Wasserstand eine kritische Höhe erreichen.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj rief in Kiew den nationalen
Sicherheitsrat ein. Militärgouverneur Prokudin erklärte, auf der linken Seite
des Flusses Dnipro - wo auch die von den Ukrainern befreite Gebietshauptstadt
Cherson liegt - sei mit Evakuierungen begonnen worden. "Das Ausmaß der
Zerstörung, die Geschwindigkeit und Menge des Wassers sowie die wahrscheinlichen
Überschwemmungsgebiete werden gerade bestimmt", erklärte er.

Die russischen Besatzer hingegen machten ukrainischen Beschuss für die
Schäden am Kachowka-Staudamm verantwortlich. "Das Wasser ist gestiegen", sagte
der von Moskau eingesetzte Bürgermeister in Nowa Kachowka, Wladimir Leontjew,
staatlichen russischen Nachrichtenagenturen zufolge. Bislang gebe es aber keine
Notwendigkeit, Zivilisten in Sicherheit zu bringen.

Leontjew räumte aber ein, dass es zu Problemen bei der Wasserversorgung auf
der bereits 2014 von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim kommen
könnte, die südlich von Cherson liegt. Diese wird mit Wasser aus dem
Kachowka-Stausee beliefert. Die Angaben beider Seiten zu dem Vorfall am Staudamm
konnten zunächst nicht unabhängig überprüft werden.

In ukrainischen Medien und in sozialen Netzwerken wurden Videos geteilt, die dem Anschein nach bereits gestiegenen Wasserstände um die Stadt Cherson zeigten.
Außerdem wurden Aufnahmen geteilt, auf denen offenbar die ausströmenden massiven
Wassermengen an der Staudammmauer in Kachowka zu sehen waren. Die Echtheit der
Videos konnte zunächst nicht unabhängig überprüft werden.

Angesichts der angespannten Lage berief Präsident Selenskyj den
Sicherheitsrat ein. "Russische Terroristen", schrieb Selenskyj außerdem auf
Telegram. "Die Zerstörung des Damms des Kachowka-Wasserkraftwerks beweist der
ganzen Welt, dass sie aus jeder Ecke der Ukraine vertrieben werden müssen."

Russland hatte das Nachbarland Ukraine vor mehr als 15 Monaten überfallen
und im Zuge seines Angriffskriegs auch das Gebiet Cherson besetzt. Im
vergangenen Herbst gelang der ukrainischen Armee dann die Befreiung eines Teils
der Region - darunter auch die der gleichnamigen Gebietshauptstadt Cherson.
Städte südlich des Dnipro blieben allerdings unter russischer Kontrolle,
darunter auch die Staudamm-Stadt Nowa Kachowka.

Immer wieder hatten die Ukrainer in den vergangenen Monaten vor einem
möglichen Sabotageakt der Russen in Nowa Kachowka gewarnt. Für besondere
Beunruhigung sorgte, als die Besatzer im vergangenen November die Evakuierung
der Stadt ankündigten./haw/DP/mis

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