20.06.2024 06:14:22 - dpa-AFX: Bsirske (Grüne): Sparhaushalt 'können wir Grüne nicht mitmachen'

BERLIN (dpa-AFX) - Der Grünen-Arbeitsmarktexperte Frank Bsirske droht
Nicht-Zustimmung der Grünen an, falls Bundesfinanzminister Christian Lindner
(FDP) für das kommende Jahr einen Sparhaushalt vorlegt. Der Bund dürfe nicht mit
einem Sparhaushalt in eine Rezession hineinsparen, sagte Bsirske der Deutschen
Presse-Agentur in Berlin. "Das können wir als Grüne nicht mitmachen, und das
sollte allen klar sein."

Der frühere Verdi-Chef mahnte: "Wir dürfen nicht den Fehler der 30er Jahre
wiederholen, in eine Rezession hineinzusparen, die damals massive Not zur Folge
gehabt hat." Energiewende, Digitalisierung, Agrarwende und die Transformation
insgesamt erforderten Milliardeninvestitionen. Aufgelegt werden müssten
umfassende Anreizprogramme für Investitionen der Wirtschaft. Weiter nötig seien
massive Unterstützung der Ukraine und Investitionen in Sicherheit und Soziales.
Der Mehrbedarf für den Haushalt belaufe sich unterm Strich eher auf 50 als auf
30 Milliarden Euro.

Nachgewiesen sei dabei, dass ein Sparkurs der Regierung zu einer Stärkung
antidemokratischer Tendenzen führen könne.

Bsirske: "Sind in historischer Ausnahmesituation"

Bsirske forderte, dass die Koalition bei der Schuldenbremse die
Notlagenklausel zieht. Das Bundesverfassungsgericht hatte als Reaktion auf
unabsehbare Notlagen Konjunkturprogramme mit Zusatzkrediten jenseits der
Schuldenbremse erlaubt. Dafür müsste eine Notlagensituation festgestellt werden.
Bsirske sagte: "Wann wenn nicht bei einem Krieg mit verheerenden Folgen mitten
in Europa sollte eine Notlagensituation ausgerufen werden? Das ist eine
historische Ausnahmesituation."

Nicht gelten lässt Bsirske das Argument von Finanzminister und FDP-Chef
Lindner, dass eine Aufweichung der Schuldenbremse per Koalitionsvertrag
ausgeschlossen sei. Bsirske entgegnete unter anderem, dass bei der Vereinbarung
Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine noch nicht vorhersehbar gewesen sei.

"Sparkurs stellt Grundlagen infrage"

"Das Gegenteil, nämlich ein Sparkurs trotz aller Konsequenzen, stellt die
Grundlagen infrage", sagte Bsirske. "Die FDP ist gefordert, sich ihrer sozialen
und ökonomischen Verantwortung zu stellen."

Derzeit verhandelt die Bundesregierung auf Spitzenebene in hohem Takt über
den Haushalt für das kommende Jahr. Ein Beschluss soll Anfang Juli stehen.
Zuletzt zeigte sich Lindner in einem Interview aber offen für eine spätere
Einigung. Beraten wird zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Lindner sowie
Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne)./bw/DP/stk

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