14.06.2024 13:56:19 - dpa-AFX: ROUNDUP/Kreise: Nato baut Hauptquartier für Ukraine-Einsatz in Deutschland auf

BRÜSSEL (dpa-AFX) - Das Hauptquartier für den geplanten Nato-Einsatz zur
Koordinierung von Waffenlieferungen und Ausbildungsaktivitäten für die
ukrainischen Streitkräfte wird in Deutschland angesiedelt. Wie die Deutsche
Presse-Agentur am Freitag aus Bündniskreisen erfuhr, ist Wiesbaden als Standort
vorgesehen. Dort ist auch die Basis der US-Streitkräfte in Europa, die bislang
die Koordinierungsaufgaben wahrnehmen. Geleitet werden soll der Einsatz von
einem Drei-Sterne-General, der direkt an den Oberbefehlshaber der
Nato-Streitkräfte in Europa berichtet.

Der Operationsplan für den neuen Nato-Einsatz war am Donnerstag vom
Nordatlantikrat im schriftlichen Verfahren beschlossen worden. Er wurde dann am
Freitag von den Verteidigungsministern bestätigt.

Die Unterstützungsaufgaben werden bislang federführend von den Vereinigten
Staaten wahrgenommen. Diese hatten dafür Ende 2022 im Europa-Hauptquartier der
US-Streitkräfte im hessischen Wiesbaden eine rund 300 Soldaten starke Einheit
mit dem Namen Security Assistance Group-Ukraine (SAG-U) aufgebaut.

Das Nato-Projekt gilt auch als Vorkehrung für den Fall einer möglichen
Rückkehr von Donald Trump ins US-Präsidentenamt ab Januar 2025. Äußerungen des
Republikaners hatten in der Vergangenheit Zweifel daran geweckt, ob die USA die
Ukraine unter seiner Führung weiter so wie bisher im Abwehrkrieg gegen Russland
unterstützen werden. Im Bündnis wird befürchtet, dass von einem politischen
Kurswechsel in Washington auch die Koordinierung von Waffenlieferungen und
Ausbildungsaktivitäten für die ukrainischen Streitkräfte betroffen sein könnte.

Nicht beteiligen wird sich an dem neuen Nato-Projekt Ungarn. Die dortige
Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban befürchtet, dass das Bündnis durch
das Projekt in eine direkte Konfrontation mit Russland getrieben werden könnte.
Deswegen waren vor zwei Jahren auch noch zahlreiche andere Nato-Staaten sehr
zurückhaltend gewesen. Sie verhinderten eine stärkere Nato-Unterstützung. Im
Laufe der Zeit hat sich die Einschätzung aber verhindert und die meisten
Nato-Staaten stufen das Risiko als kalkulierbar ein.

Um dafür zu sorgen, dass Ungarn nicht den notwendigen Konsens für das
Projekt verhindert, wurde dem Land zugesichert, dass es sich weder finanziell
noch personell beteiligen muss.

Das neue Projekt wird derzeit bündnisintern als "Nato Security Assistance
and Training for Ukraine" (NSATU) bezeichnet. Die meisten Nato-Staaten hatten
sich zuvor eigentlich für den Namen "Nato Mission Ukraine" ausgesprochen. Die
Bundesregierung vertrat allerdings den Standpunkt, dass dieser irrtümlich so
verstanden werden könnte, dass das Bündnis Soldatinnen und Soldaten in die
Ukraine schicken wolle. Sie befürchte deswegen, dass der Name von Russland für
Propaganda gegen die Allianz genutzt werden könnte.

Auf Grundlage des vereinbarten Operationsplans können nun die weiteren
Vorbereitungen für das Projekt erfolgen. Offiziell gestartet werden soll es im
Idealfall im Juli, wenn Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die anderen 31
Staats- und Regierungschefs der Nato-Staaten in Washington zu einem
Gipfeltreffen zusammenkommen./aha/DP/ngu

© 2000-2024 DZ BANK AG. Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen | Impressum
2024 Infront Financial Technology GmbH