06.05.2024 17:10:29 - dpa-AFX: WDH/ROUNDUP 2: Russland kündigt Manöver seiner Nuklearstreitkräfte an

(neu: EU-Reaktion)

MOSKAU (dpa-AFX) - Mehr als zwei Jahre nach Beginn des Angriffskriegs gegen
die Ukraine hat Russland auf Befehl von Präsident Wladimir Putin ein Manöver
seiner taktischen Nuklearstreitkräfte angekündigt. Und auch, wenn es keine
Hinweise darauf gibt, dass die Raketen im Rahmen der Übung tatsächlich
Atomsprengköpfe tragen: Es handelt sich wohl um einen Einschüchterungsversuch
der russischen Führung im Kreml, die sich über Gedankenspiele westlicher
Politiker über mögliche Truppenentsendungen in die Ukraine ärgert.

Moskau will "Einsatz nicht strategischer Atomwaffen" üben

"Im Zuge der Übung wird eine Reihe von Aktivitäten durchgeführt, um die
Vorbereitung und den Einsatz nicht strategischer Atomwaffen zu üben", teilte das
Verteidigungsministerium in Moskau am Montag mit. In der Mitteilung war
allerdings keine Rede davon, dass bei dem Manöver auch mit Raketen geübt wird,
die tatsächlich Atomsprengköpfen tragen. Wann und wo genau die Übung beginnen
soll, war zunächst unklar. An der Übung teilnehmen sollen der südliche
Wehrbezirk sowie die Seestreitkräfte.

Bereits in der Vergangenheit hatte Russland seine Nuklearstreitkräfte ohne
Atomsprengköpfe trainieren lassen. So wurden etwa im Oktober zu Übungs- und
Abschreckungszwecken zwei Interkontinentalraketen und mehrere Marschflugkörper
abgefeuert.

Russland verärgert über Macrons Äußerungen zu Bodentruppen

Russische Vertreter wiederum versuchen seit Kriegsbeginn immer wieder, im
Westen Angst vor einem Atomkrieg zu schüren und so die internationale
Unterstützung für die Ukraine zu schwächen. Wegen stockender Munitions- und
Waffenlieferungen sind die Ukrainer derzeit stark in die Defensive geraten.

Die nun angekündigte Übung begründete Moskau mit vermeintlich "provokativen
Äußerungen und Drohungen einzelner westlicher Beamter gegen die Russische
Föderation". Kremlsprecher Dmitri Peskow bekräftigte auf Nachfrage von
Journalisten, konkreter Anlass seien unter anderem Äußerungen von Frankreichs
Staatschef Emmanuel Macron gewesen, der einen Einsatz westlicher Bodentruppen in
der Ukraine nicht grundsätzlich ausschließen will. Solche Aussagen zeigten "die
Absicht, bewaffnete Kontingente in die Ukraine zu schicken", behauptete Peskow.

Tatsächlich aber hatte Macron zuletzt in einem Interview nur gesagt: "Wenn
die Russen die Frontlinien durchbrechen sollten, wenn es eine ukrainische Bitte
gäbe - was heute nicht der Fall ist -, dann sollten wir uns die Frage
berechtigterweise stellen." Dies aber von vornherein auszuschließen, bedeute,
keine Lehren aus den vergangenen beiden Kriegsjahren zu ziehen.

Macron hatte zuerst Ende Februar einen Einsatz von Bodentruppen in der
Ukraine nicht ausgeschlossen. Damals erntete er für seine Worte auch innerhalb
Europas Kritik. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) etwa erteilte einer Entsendung
westlicher Soldaten in die Ukraine damals eine Absage.

Berlin sieht keine veränderte Lage

Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Berlin sagte, dies sei keine
veränderte Lage. Von Änderungen in der Bereitschaft der russischen
Atomstreitkräfte sei nichts bekannt. Grünen-Chef Omid Nouripour sprach von einer
Provokation. Die Rücksichtslosigkeit im Kreml sei groß. Es gehe darum, "uns
einzuschüchtern", sagte Nouripour in Berlin. Dies werde aber nicht gelingen. Ein
Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell warf Moskau vor, nur an einer
weiteren Eskalation der Situation interessiert zu sein. Man fordere Russland
auf, das "Säbelrasseln" einzustellen und die Aggression gegen die Ukraine zu
beenden.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen richtete ihren Blick auf
China, das gute Beziehungen zu Russland hat und sich schon in der Vergangenheit
einmal gegen Atomdrohungen ausgesprochen hatte. Nach einem Treffen mit
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Chinas Staats- und Parteichef Xi
Jinping in Paris sagte von der Leyen, Xi habe eine wichtige Rolle dabei
gespielt, Russlands nukleare Drohungen zu deeskalieren. "Ich bin zuversichtlich,
dass Präsident Xi vor dem Hintergrund der anhaltenden nuklearen Drohungen
Russlands dies weiter tun wird."/haw/DP/he

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