04.05.2024 20:26:49 - dpa-AFX: Welternährungsprogramm: Im nördlichen Gazastreifen herrscht Hungersnot

WASHINGTON (dpa-AFX) - Nach Einschätzung der Direktorin des
Welternährungsprogramms (WFP) der Vereinten Nationen, Cindy McCain, herrscht im
Norden des Gazastreifens bereits eine Hungersnot. "Was ich Ihnen sagen kann,
ist, dass es im Norden eine ausgewachsene Hungersnot gibt, die sich in den Süden
ausbreitet", sagte McCain in einem Interview mit dem US-Fernsehsender NBC. Das
Interview sollte am Sonntag in voller Länge ausgestrahlt werden - vorab
veröffentliche der Sender bereits einen kurzen Auszug aus dem Gespräch.

Experten warnen seit längerem vor einer Hungersnot in dem Kriegsgebiet.
Bislang ist die Lage in Gaza aber nicht offiziell als solche eingestuft. Eine
internationale Klassifizierung als Hungersnot erfolgt erst nach einem komplexen
bürokratischen Verfahren. McCain betonte auf Nachfrage, ihre Einschätzung
basiere auf dem, was die WFP-Mitarbeiter vor Ort sähen und erlebten. Sie
beklagte eine dramatische humanitäre Lage und betonte: "Es ist so schwer, das
anzusehen."

Es sei nun dringend zu hoffen, dass bald eine Waffenruhe ausgehandelt sei,
damit die Menschen im Gazastreifen mit Nahrungsmitteln, Wasser, Medikamenten und
sanitären Einrichtungen versorgt werden könnten, sagte McCain weiter. "All das
ist Teil der Hungersnot." Sie mahnte, die Welt dürfe nicht zulassen, dass es so
weitergehe. Gerade in der heutigen Zeit, in der es weltweit mehr als ausreichend
Nahrungsmittel gebe, sollte niemand verhungern, betonte die US-Amerikanerin.

Hintergrund der Notlage im Gazastreifen sind massive Bombardierungen und
eine Bodenoffensive Israels in dem abgeriegelten Küstengebiet. Israel reagierte
mit der Militäroffensive auf das schlimmste Massaker in der Geschichte des
Landes, bei dem Terroristen der Hamas sowie anderer extremistischer Gruppen am
7. Oktober in Israel rund 1200 Menschen ermordet und 250 entführt hatten. Nach
palästinensischen Angaben wurden im Gazastreifen seit Kriegsbeginn mehr als 34
000 Menschen getötet.

In den vergangenen Monaten hatten die USA und andere enge Verbündete Israels zunehmend Druck auf die dortige Regierung gemacht, mehr Hilfslieferungen in das
abgeriegelte Küstengebiet zu lassen. Aufgrund der verzweifelten Lage hatten die
USA, Deutschland und andere Länder außerdem den Abwurf von humanitären Gütern
aus der Luft sowie die Einrichtung eines Hilfskorridors über den Seeweg
veranlasst.

International anerkannte Experten der IPC-Initiative für die Analyse von
Nahrungskrisen hatten im März gewarnt, dass in Teilen des Gazastreifens eine
Hungersnot unmittelbar bevorsteht. Im Norden werde diese voraussichtlich
zwischen Mitte März und Mai eintreten, hieß es./jac/DP/mis

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