01.05.2024 05:15:02 - dpa-AFX: WDH: Berlusconi-Firma scheitert mit Vorstoß zu ProSiebenSat.1-Aufspaltung

(Wiederholung vom Vorabend)

UNTERFÖHRING (dpa-AFX) - Der italienische Großaktionär von ProSiebenSat.1
und TV-Konzern Media for Europe (MFE) hat im Machtkampf um die
angestrebte Aufspaltung des deutschen TV-Unternehmens eine Niederlage
eingesteckt. Zugleich konnten die Mailänder am Dienstag auf der Hauptversammlung
der Aktionäre den eigenen Einfluss etwa bei der Besetzung des Aufsichtsrats
deutlich ausbauen.

Der MFE-Antrag zur Idee einer Aufspaltung von ProSiebenSat.1 verfehlte nur
knapp die notwendige Mehrheit. Für einen Erfolg wären die Stimmen der Aktionäre
von mindestens 75 Prozent des Grundkapitals nötig gewesen. Es kamen gut 70
Prozent zusammen. MFE forderte vom Management in einer Reaktion nun "greifbare
Ergebnisse", um den Unternehmenswert zu steigern.

Auf der Hauptversammlung sollten die Aktionäre in einem ersten Schritt
zunächst darüber entscheiden, ob eine Aufspaltung geprüft werden soll. Hätte es
dafür grünes Licht gegeben, sollte erst im kommenden Jahr über die tatsächliche
Trennung der Geschäfte in zwei börsennotierte Unternehmen abgestimmt werden.

MFE ist ein italienischer TV-Konzern, der von der Familie des verstorbenen
Ex-Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi kontrolliert wird. Der Konzern, dessen
ProSiebenSat.1-Anteile sich bislang unter der 30-Prozent-Schwelle bewegen, will
das TV-Kerngeschäft von anderen Firmenteilen wie Internet-Handel trennen. So
soll der Fokus wieder stärker auf TV gelegt werden. Damit wird auch die Hoffnung
verbunden, dass die ProSiebenSat.1-Aktie wieder steigt. MFE ist größter
Aktionär. In der Vergangenheit wurde immer wieder darüber spekuliert, wie stark
MFE Einfluss auf ProSiebenSat.1 nehmen will.

Die Aufspaltungsidee aus Mailand hatte das Management überrascht. Seither
stemmten sich Aufsichtsrat und Vorstand dagegen. Auch der Betriebsrat hatte sich
öffentlich geäußert. Bemerkenswert war, dass der Streit zum Teil auf offener
Bühne ausgetragen wurde. Schon in den vergangenen Jahren galt die Beziehung
zwischen Mailand und Unterföhring als eher kühl. Mit dem neuen
ProSiebenSat.1-Chef Bert Habets schien sich der Dialog augenscheinlich
verbessert zu haben. Der MFE-Vorstoß brachte neue Unruhe.

MFE hat unter dem Strich seinen Einfluss im Aufsichtsrat von ProSiebenSat.1
deutlich ausgebaut. Sowohl die Mailänder als auch die internationale
Investmentfirma PPF Group, die ebenfalls einen größeren Anteil an ProSiebenSat.1
hält, setzten jeweils ihre Personalvorschläge für die Besetzung des
Aufsichtsrats durch - obwohl das Management dagegen war.

Der Medienkonzern musste zudem eine weitere Schlappe hinnehmen: MFE stimmte
laut ProSiebenSat.1-Aufsichtsratschef Andreas Wiele gegen einen Antrag des
Konzerns zu einer internen Reorganisation rund um den Unterhaltungsbereich und
die Streaming-Plattform Joyn. Der Beschlussvorschlag wurde von den Aktionären
abgelehnt. Wiele sagte, mit der Reorganisation hätte man Verlustvorträge
steuerlich geltend machen können. Die Ablehnung habe zur Folge, dass eine
mögliche Steuerersparnis in dreistelliger Millionenhöhe verwehrt werde. Wiele
sprach auch von Verlusten in Millionenhöhe im Hinblick auf entgehende
Zinserträge.

ProSiebenSat.1 beschäftigt noch ein älteres Problem zu dem
Gutschein-Geschäft der Tochter Jochen Schweizer mydays. Zwei
Ex-Vorstandsmitglieder von ProSiebenSat.1 sollen in Verbindung mit
Unstimmigkeiten beim Gutscheingeschäft ihre Pflichten verletzt und dadurch
Schäden verursacht haben, wie der Aufsichtsrat mitteilte. Namen wurden nicht
genannt. Ob Schadenersatzansprüche gegen die Personen erhoben werden, werde
derzeit noch geprüft, sagte Aufsichtsratsmitglied Rolf Nonnenmacher.

Im Februar 2023 hatte das Kontrollgremium nach eigenen Angaben erstmals von
Verstößen bei dem Tochter-Gutscheingeschäft Jochen Schweizer mydays erfahren.
Nonnenmacher sagte über den Komplex: "Hier wurde vertuscht." Es ging um
regulatorische Fragen. Das Gutscheingeschäft ist ein eher kleinerer Bereich bei
ProSiebenSat.1 und bietet unter anderem Geschenkgutscheine für Reisen,
Outdoor-Erlebnisse oder Restaurants an./rin/DP/he
Name WKN Börse Kurs Datum/Zeit Diff. Diff. % Geld Brief Erster Schluss
PROSIEBENSAT.1 NA O.N. PSM777 Xetra 7,330 15.05.24 17:35:14 +0,180 +2,52% 0,000 0,000 7,245 7,150

© 2000-2024 DZ BANK AG. Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen | Impressum
2024 Infront Financial Technology GmbH