25.04.2024 13:59:51 - dpa-AFX: Wegen Glyphosat: Menschenrechtler beschweren sich bei OECD über Bayer

BERLIN/LEVERKUSEN (dpa-AFX) - In ihrer Kritik an gentechnisch verändertem
Saatgut und an dem Unkrautvernichter Glyphosat setzen Menschenrechtler den
Agrarchemie-Konzern Bayer etwas unter Druck. Ein Bündnis aus
Misereor und fünf anderen Organisationen teilte am Donnerstag in Berlin mit,
dass man eine Beschwerde bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung (OECD) eingereicht habe.

Bayer fördere ein Agrarmodell, das zu Nahrungsunsicherheit, Wasserknappheit, extremer Abholzung, Gesundheitsgefahren und Landkonflikten zulasten von
Indigenen und Kleinbauern führe. Damit verstoße der Konzern gegen die
OECD-Leitsätze zum verantwortungsvollen unternehmerischen Handeln. Die
Beschwerde bezieht sich auf Fälle in Brasilien, Argentinien, Paraguay und
Bolivien. Bayer wies die Vorwürfe zurück.

"Das Unternehmen hat es versäumt, auf die schwerwiegenden Menschenrechts-
und Umweltrisiken, die unmittelbar mit seinem Geschäftsmodell in der Region
verbunden sind, angemessen zu reagieren", sagte Misereor-Vertreterin Sarah
Schneider. "Weder wurden die Auswirkungen der Nutzung von gentechnisch
verändertem Saatgut und Pestiziden überwacht, noch wurden effektive Maßnahmen
ergriffen, um diese zu verhindern und abzumildern." In Brasilien, Argentinien,
Bolivien und Paraguay werde mehr als die Hälfte der Agrarfläche mit Soja-Saatgut
bewirtschaftet. Hierfür wiederum wird Glyphosat eingesetzt. Bayer verkauft beide
Produkte, also das Saatgut und Glyphosat-Mittel.

Kritiker sehen Bedrohungen für Menschen, Tiere und Pflanzen

Abel Areco von der Organisation BASE-IS wies darauf hin, dass Menschen an
Vergiftungen und schweren Krankheiten litten und Wasserquellen verschmutzt
seien. "Indigenen und bäuerlichen Gemeinschaften wird ihr Land genommen, was
ihre Lebens- und Ernährungsweise beeinträchtigt." Hinzu komme, dass die
Abholzung für Soja-Anbauflächen die lokale Tier- und Pflanzenwelt bedrohe.

In einem konkreten Fall der Beschwerde geht es um eine Familie in
Argentinien, die unweit von Sojafeldern lebte. Schwere gesundheitliche
Beeinträchtigungen führte sie auf den Einsatz von Pestiziden auf den Feldern
zurück. Der Fall landete den Angaben zufolge vor einem argentinischen Gericht,
lokale Beamte wurden wegen Pflichtverletzung angeklagt. Bei Razzien seien
Bayer-Produkte gefunden worden. In der Beschwerde wird nun der Bogen gespannt
nach Leverkusen, da die Kritiker hier auch Bayer in der Verantwortung sehen.

Reaktion von Bayer

Als Reaktion auf die Vorwürfe betonte ein Bayer-Sprecher, dass die
Sicherheit der Produkte für Bayer immer an erster Stelle stehe. "In zahlreichen
Sicherheits- und Zulassungsstudien zu unseren Produkten weisen wir dezidiert und
anhand von fundierten wissenschaftlichen Erkenntnissen nach, dass unsere
Produkte bei sachgemäßem Gebrauch gemäß der Anwendungshinweise sicher sind und
weder Menschen noch die Umwelt einem inakzeptablen Risiko ausgesetzt sind",
erklärte der Bayer-Sprecher.

Die Pflanzenschutzmittel würden "gründlich auf ihre Wirkungsweise, ihre
toxikologischen Eigenschaften und das Ausmaß möglicher Rückstände in Pflanzen
und in der Umwelt geprüft". Zulassungsstudien basierten auf den strengen
internationalen Richtlinien der OECD. Außerdem führe man umfangreiche Schulungen
für Landwirte durch. Die Vorfälle aus Südamerika, die in der Studie genannt
werden, seien Bayer nicht bekannt, sagte der Sprecher und wies generell darauf
hin, dass die jeweiligen Behörden für die Rahmenbedingungen der Landwirtschaft
in den Ländern zuständig seien.

Bayer drohen keine Sanktionen

Die Nichtregierungsorganisationen reichten ihre Beschwerde nach eigenen
Angaben am Donnerstag bei der deutschen Kontaktstelle der OECD ein. Dem Bündnis
zufolge hat die OECD nun drei Monate Zeit, um die Beschwerde zu prüfen. Danach
könnte das Beschwerdeverfahren bis zu einem Jahr dauern. In einer Mediation
sollen die Kritiker und Bayer miteinander ins Gespräch kommen.
Sanktionsmöglichkeiten hat die OECD nicht.

"Wir verlangen, dass Bayer sich mit den Gemeinschaften in Verbindung setzt
und mit ihnen über eine Kompensation entscheidet", sagte Silvia Rojas-Castro vom
ECCHR (European Center for Constitutional and Human Rights). Außerdem sollte
Bayer seine Praktiken bezüglich gentechnisch verändertem Soja-Saatgut und
Glyphosat-Produkten ändern./wdw/DP/jha
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