25.04.2024 06:30:34 - dpa-AFX: ROUNDUP: Kiew dankbar für Sofort-Hilfspaket aus USA - Die Nacht im Überblick

WASHINGTON/KIEW (dpa-AFX) - Nach der Freigabe neuer Ukraine-Hilfen durch den
Kongress hat US-Präsident Joe Biden ein sofortiges neues Militärpaket für das
von Russland angegriffene Land angekündigt. Die Ukraine, die sich derzeit in
einer besonders schwierigen Kriegsphase befindet, zeigte sich nach dem
monatelangen Bangen erleichtert.

USA schicken Milliardenpaket mit Militärhilfe für Ukraine

"In den nächsten Stunden" werde man damit beginnen, Ausrüstung für die
Flugabwehr, Artillerie, Raketensysteme und gepanzerte Fahrzeuge in die Ukraine
zu schicken, sagte Biden am Mittwoch bei einer Rede im Weißen Haus. Das neue
Paket mit einem Wert von rund einer Milliarde US-Dollar enthält einer vom
US-Verteidigungsministerium veröffentlichten Übersicht zufolge dringend
benötigte Artilleriegranaten verschiedener Kaliber und Raketen für
Flugabwehrsysteme sowie gepanzerte Fahrzeuge. Übereinstimmenden Medienberichten
zufolge sollen auch ATACMS-Raketen enthalten sein - unklar war allerdings
zunächst, welche Reichweite diese haben.

Nach einer monatelangen innenpolitischen Hängepartie hatte der US-Kongress
am späten Dienstagabend (Ortszeit) mit der Zustimmung des Senats
milliardenschwere Hilfen für die von Russland angegriffene Ukraine gebilligt -
und damit den Weg für neue Waffenlieferungen erst freigemacht. Das Gesetz sieht
Hilfen im Umfang von rund 61 Milliarden US-Dollar (57 Milliarden Euro) für Kiew
vor. Die US-Regierung hatte die Freigabe der Mittel vom Parlament lange und
vehement gefordert.

Selenskyj dankt Biden

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zeigte sich erleichtert über
das amerikanische Sofort-Hilfspaket. "Wir bekommen die Unterstützung, die wir
brauchen, um unsere Leben weiter vor russischen Angriffen zu schützen", schrieb
Selenskyj auf der Plattform X (früher Twitter). "Ich bin Präsident Biden, dem
Kongress und allen Amerikanern dankbar, die erkennen, dass wir Putin den Boden
unter den Füßen wegziehen müssen, anstatt ihm zu gehorchen", fügte er hinzu. Mit
Blick auf die schwere Lage an der Front betonte der ukrainische Staatschef in
seiner abendlichen Videoansprache aber auch: "Nun werden wir alles tun, um die
sechs Monate auszugleichen, die in Debatten und Zweifeln vorbeigezogen sind."

USA lieferten bereits weitreichende ATACMS-Raketen

Bekannt wurde am Mittwochabend zudem, dass die USA bereits vor einiger Zeit
ATACMS-Raketen an die Ukraine geliefert haben. Die Präzisionswaffen seien von
der US-Regierung im Stillen genehmigt worden, teilte das
Verteidigungsministerium mit. Sie seien Teil eines von den USA im März bekannt
gegebenen Notfall-Militärpakets für die Ukraine gewesen, dort aber nicht
explizit aufgeführt worden, "um die operative Sicherheit der Ukraine auf deren
Ersuchen hin aufrechtzuerhalten". Auch bei diesen bereits gelieferten
ATACMS-Raketen gab es zunächst keine Angaben darüber, ob es sich um Modelle mit
einer Reichweite von rund 300 Kilometern oder solche mit geringerer Reichweite
handelte.

Der Sender NBC News berichtete unter Berufung auf US-Regierungsvertreter,
die Geschosse seien bereits in der vergangenen Woche bei einem Angriff auf der
von Russland annektierten Halbinsel Krim sowie in dieser Woche bei einem Angriff
auf die besetzte Stadt Berdjansk im Südosten der Ukraine zum Einsatz gekommen.

Bereits im Oktober hatte die Ukraine bei der Verteidigung gegen den
russischen Angriffskrieg ATACMS-Raketen aus den USA eingesetzt. Damals handelte
es sich um Modelle mit einer geringeren Reichweite von rund 165 Kilometern. Die
ukrainische Regierung hatte ATACMS-Raketen mit höherer Reichweite gefordert.

Bei dem Waffensystem (englisch: Army Tactical Missile System) gibt es die
Sorge, dass damit auch Ziele in Russland angegriffen werden könnten. Daher
reagierten die USA und andere westliche Partner lange sehr zögerlich auf die
Forderungen aus Kiew.

Pistorius: Russlands Rüstungsproduktion füllt bereits die Depots

Russland produziert derweil nach Einschätzung von Verteidigungsminister
Boris Pistorius bereits Waffen und Munition über den Bedarf für den
Angriffskrieg gegen die Ukraine hinaus. Registriert werde, wie mit steigenden
Rüstungsausgaben und einer Anordnung der Kriegswirtschaft "ein großer Teil oder
ein Teil dessen, was neu produziert wird, gar nicht mehr an die Front geht,
sondern in den Depots landet", sagte Pistorius in der ARD-Sendung
"Maischberger". Er warnte zugleich vor weiteren militärischen Ambitionen von
Russlands Präsident Wladimir Putin. Pistorius sagte: "Jetzt kann man naiv sein
und sagen, das macht er nur aus Vorsicht. Ich würde eher als skeptischer Mensch
sagen in dem Fall, das macht er, weil er im Zweifel irgendwas vorhat oder haben
könnte."

Selenskyj dankt Katar für Hilfe bei Freilassung verschleppter Kinder

Derweil bedankte sich Selenskyj beim einflussreichen Golf-Emirat Katar für
Hilfe bei der Freilassung von 16 gewaltsam nach Russland verschleppten
ukrainischen Kindern. "Dank der Vermittlungsbemühungen unseres befreundeten
Katars wurden sie freigelassen und mit ihren Familien zusammengeführt", schrieb
Selenskyj am Mittwochabend auf der Plattform X (vormals Twitter). Die Kinder und
ihre Angehörigen befänden sich derzeit in Katar zur medizinischen, psychischen
und sozialen Genesung.

Die Ukraine identifizierte bis Februar eigenen Angaben zufolge knapp 20 000
Kinder, die nach Russland oder in russisch besetzte Gebiete der Ukraine gebracht
worden sein sollen. Nur mehrere Hundert davon sollen bisher zurückgekehrt sein.
Die Angaben konnten unabhängig zunächst nicht überprüft werden. Die Golfstaaten
wie Katar pflegen meist gute Beziehungen mit Russland und bemühen sich im
Ukraine-Krieg um Neutralität. Moskau ist für sie ein wichtiger Partner etwa im
Energiebereich. Russland wird vorgeworfen, durch die gewaltsame Verschleppung
absichtlich die Identität ukrainischer Kinder zu zerstören und tiefe emotionale
und psychologische Traumata zu verursachen./haw/DP/zb

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