24.04.2024 06:30:02 - dpa-AFX: ROUNDUP: Erneut schwere Kämpfe im Norden Gazas - Die Nacht im Überblick

GAZA (dpa-AFX) - Israels Streitkräfte haben sich im Norden des
Gazastreifens, wo sie die Kampfeinheiten der islamistischen Hamas weitgehend
aufgelöst hatten, erneut schwere Kämpfe geliefert. Die Armee habe ihre Einsätze
im Norden sowie im zentralen Abschnitt des abgeriegelten Küstenstreifens
intensiviert, berichtete die "Times of Israel" am Dienstag. Auch 200 Tage nach
Kriegsbeginn wurden erneut Raketen aus Gaza auf Israels Grenzorte abgefeuert. Im
Norden des abgeriegelten Küstengebiets droht laut Experten weiterhin eine
Hungersnot. "Das Risiko einer Hungersnot im gesamten Gazastreifen ist sehr hoch,
insbesondere im Norden", sagte David Satterfield, Sonderbeauftragter von
US-Präsident Joe Biden für humanitäre Fragen im Nahen Osten.

Der von den USA angekündigte Bau eines temporären Hafens zur Lieferung von
Hilfsgütern in das Küstengebiet wird nach Angaben des Pentagons bald beginnen.
Derweil billigte der US-Kongress mit Zustimmung des Senats gut 26 Milliarden
Dollar an Unterstützung für Israel, unter anderem für die Raketenabwehr. Rund
neun Milliarden Dollar sind für humanitäre Hilfe gedacht, darunter für den
Gazastreifen.

Israels Armee kämpft weiter um Kontrolle über Norden Gazas

Das Wiederaufflammen der Gewalt in zuvor eingenommenen und weitgehend
geräumten Gebieten im Norden Gazas zeige, wie schwer sich Israels Armee damit
tue, die Lage unter Kontrolle zu bringen, schrieb das "Wall Street Journal" am
Dienstag (Ortszeit). Einem israelischen Verteidigungsbeamten zufolge halten sich
im nördlichen Gazastreifen immer noch mehrere tausend Kämpfer der Hamas auf,
hieß es. Die andauernden Kämpfe seien mit Blick auf die von Israel geplante
Bodenoffensive gegen die letzten Bataillone der Hamas in Rafah im Süden Gazas
ein "ernüchterndes Beispiel für die Schwierigkeit, Erfolge zu konsolidieren".
Die Kontrolle über den Norden Gazas zu halten und zu festigen, brauche Zeit,
zitierte die Zeitung einen ehemaligen Vize-Kommandeur des israelischen Militärs.
Berichten zufolge rückt eine Bodenoffensive in Rafah an der Grenze zu Ägypten
näher. Die dort vor den Kämpfen Schutz suchenden Hunderttausenden von Zivilisten
sollen zuvor evakuiert werden.

EU-Kommissar fordert Unterstützung für UN-Palästinenser-Hilfswerk

Der für humanitäre Hilfe zuständige EU-Kommissar Janez Lenarcic rief
angesichts der katastrophalen Lage der Menschen in Gaza dazu auf, das
umstrittene Palästinenserhilfswerk UNRWA zu unterstützen. "Ich rufe die
Geberländer auf, das UNRWA zu unterstützen - die Lebensader für die
palästinensischen Flüchtlinge", schrieb er am Dienstag auf der Plattform X
(vormals Twitter). Er begrüßte den am Vortag veröffentlichten
Untersuchungsbericht über das UNRWA, da dieser "die zahlreichen Systeme des
Hilfswerks zur Einhaltung der Vorschriften sowie die Empfehlungen für deren
weitere Verbesserung" hervorhebe.

UNRWA war im Januar in die Schlagzeilen geraten, weil Israel behauptete,
zwölf Mitarbeiter seien in das Massaker der Hamas vom 7. Oktober verwickelt
gewesen und die Organisation als Ganzes von der Hamas unterwandert. Einige der
wichtigsten Geldgeber, darunter Deutschland, setzten Zahlungen daraufhin
vorübergehend aus. Die USA nehmen die Zahlungen noch nicht wieder auf. Der
Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates der US-Regierung, John
Kirby, sagte am Dienstag die Finanzierung des UNRWA bleibe "natürlich noch immer
ausgesetzt. Wir müssen hier echte Fortschritte sehen, bevor sich das ändert."
Die USA würden weiter mit anderen Hilfsorganisationen zusammenarbeiten, um
sicherzustellen, dass die Menschen nötige Unterstützung erhielten.

Pentagon: Bau temporären Gaza-Hafens beginnt bald

Die US-Regierung hatte im März angekündigt, angesichts der humanitären
Notlage im Gazastreifen einen temporären Hafen vor der Küste einrichten zu
wollen, um Lebensmittel, Wasser und Medikamente in das Kriegsgebiet zu bringen.
"Wir sind in der Lage, sehr bald mit dem Bau zu beginnen", sagte
Pentagon-Sprecher Ryder. "Alle erforderlichen Schiffe befinden sich im
Mittelmeerraum". Die USA hatten angesichts der katastrophalen humanitären Lage
im Gazastreifen kürzlich ihren Verbündeten Israel zur raschen Ausweitung der
Hilfslieferungen für die Zivilbevölkerung aufgefordert. Inzwischen habe Israel
"bedeutende Schritte" unternommen, um den Fluss von Hilfen zu verbessern, sagte
der US-Sonderbeauftragte für humanitäre Fragen, Satterfield. Es müsse aber noch
mehr getan werden. Es bestehe immer noch die Gefahr einer Hungersnot im Norden
Gazas, hieß es.

Berichte über hungernde Kinder im Norden Gazas

Sollten die Menschen im Gazastreifen in großem Umfang zu verhungern
beginnen, werde es nach Einschätzung von Experten zuerst den Norden treffen und
dort zuerst die Schwächsten, schrieb die "New York Times" am Dienstag und nannte
Kinder mit Vorerkrankungen, ältere Erwachsene und Säuglinge. Die Zeitung
schilderte in ihrem Bericht unter anderem den herzzerreißenden Fall eines
während des Kriegs zur Welt gekommenen Babys in Gaza, das nach Schilderung
seiner Eltern seit seiner Geburt noch nie eine volle Mahlzeit zu essen bekommen
habe. Nach einem kürzlichen Bericht der Organisation Oxfam sind die Menschen im
nördlichen Gazastreifen seit Januar gezwungen, mit durchschnittlich 245 Kalorien
pro Tag zu überleben. Demnach leben dort noch mehr als 300 000 Menschen. An
diesem Mittwoch wird in Genf ein Bericht der UN über Hunger weltweit
vorgestellt.

Auslöser des Gaza-Kriegs war das beispiellose Massaker mit mehr als 1200
Toten, das Terroristen der Hamas und anderer Gruppen am 7. Oktober vergangenen
Jahres in Israel verübt hatten. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und
einer Bodenoffensive, beginnend im Norden des Gazastreifens. Später verlagerten
sich die Kämpfe Richtung Süden. Inzwischen hätten sich Hamas-Kämpfer im Norden
jedoch in kleineren Einheiten neu gruppiert und seien zu Guerilla-Taktiken
übergegangen, berichtete das "Wall Street Journal". Angesichts der hohen Zahl
ziviler Opfer und der katastrophalen humanitären Lage in Gaza geriet Israel
international in die Kritik. Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten
Gesundheitsbehörde sind seit Beginn des Gaza-Kriegs bisher 34 183 Menschen in
dem Küstenstreifen getötet und mehr als 77 000 weitere verletzt worden. Die
Zahlen, die nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten unterscheiden, lassen sich
nicht unabhängig überprüfen./ln/DP/zb

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