22.04.2024 05:15:04 - dpa-AFX: WDH/Studie: Europas Industrie auf Cyberattacken schlecht vorbereitet

(Wiederholung vom Wochenende)

HANNOVER (dpa-AFX) - Die Industriebetriebe in Europa sind einer Studie
zufolge nur unzureichend auf Hackerangriffe vorbereitet. Nur 2 Prozent der
Unternehmen seien hier bestmöglich aufgestellt, bei 17 Prozent könne man
immerhin von einem guten Schutz sprechen, heißt es in einer Studie des
Netzwerk-Ausrüsters Cisco vor der am Montag beginnenden Hannover
Messe (22. bis 26. April). Bei mehr als 80 Prozent der Firmen bestehe dagegen
Handlungsbedarf.

Im Vergleich mit anderen Branchen liege die Industrie hier nur im unteren
Mittelfeld. Die besten Werte ermittelte Cisco für Technologie-Anbieter, wo
immerhin 28 Prozent gut oder sehr gut vorbereitet seien, gefolgt von der
Finanzbranche mit 23 Prozent. Auch im weltweiten Vergleich schneide Europas
Industrie schlecht ab. In den USA seien 29 Prozent der Industriebetriebe gut
oder sehr gut gegen Cyberattacken gerüstet, 10 Prozentpunkte mehr als in Europa.
Am schlechtesten schnitten in Europa Bildungseinrichtungen und das
Gesundheitswesen ab.

"Das sind erschreckende Daten", sagte Christian Korff, Mitglied der
Geschäftsführung bei Cisco in Deutschland, der Deutschen Presse-Agentur. "Die
europäische Industrie hat hier eindeutig Nachholbedarf, denn sie ist an vielen
Stellen leicht verwundbar." Das könne zur ernsten Gefahr für den Standort
werden. "Eine ausreichend gute Cyberabwehr kann heute über das Fortbestehen von
Unternehmen entscheiden", so der Manager, der auch Leiter der
Bundesfachkommission "Künstliche Intelligenz und Wertschöpfung 4.0" im
Wirtschaftsrat der CDU ist.

Eigenwahrnehmung oft besser als die Realität

Für die Untersuchung hatte Cisco im Januar und Februar weltweit mehr als
8000 Führungskräfte aus Unternehmen befragt, davon knapp 2000 in Europa. 214
kamen aus der Industrie. Dabei habe sich auch gezeigt, dass sich die eigene
Wahrnehmung der Unternehmen oft nicht mit der realen Gefahr decke. Fast 80
Prozent der befragten Manager in Europa hätten erklärt, sie seien
zuversichtlich, im Kampf gegen Cyberattacken bestehen zu können. Zugleich
rechneten 72 Prozent damit, dass es bei Ihnen in den nächsten ein bis zwei
Jahren zu einer Unterbrechung des Betriebs wegen einer Cyberattacke kommen
werde. "Das ist schon beeindruckend", merkte Korff an. "Die Unternehmen fühlen
sich relativ sicher, obwohl sie relativ schlecht vorbereitet sind."

Vorfälle wie an der Uni Gießen, die nach einem Hackerangriff Ende 2020
monatelang offline war, zeigten, welche Gefahren drohten. "Wenn uns das im
Herstellungsbereich passiert, dann brauchen wir uns um globale Lieferketten
keine Gedanken zu machen. Dann steht hier die Produktion", warnte Korff. Auch
der Zulieferer Continental war im vergangenen Jahr Opfer einer
Cyberattacke geworden, bei der Daten abgegriffen wurden. Beim
Hörgerätehersteller Kind lag im Februar die zentrale Konzern-IT für mehrere Tage
lahm, nachdem Hacker in das System eingedrungen waren.

Maschinen laufen oft noch auf Windows 95

Grund für das schlechte Abschneiden vieler Industriebetriebe sei vor allem
die Langlebigkeit vieler Produktionsanlagen, sagte Korff. "Herstellungsprozesse
werden ja schon seit 30 Jahren elektronisch unterstützt. Da läuft als
Betriebssystem zum Teil noch Windows 95 oder 98. Die sind natürlich nicht auf
dem Stand der Technologie." Und sie seien auch nur schwer nachzurüsten. "Die
alten Betriebssysteme und die vorhandenen Maschinen machen es extrem schwer,
hier Sicherheitstechnologie einzubauen."

Etwas besser sehe es beim Thema Künstliche Intelligenz (KI) aus. 34 Prozent
der Industrie seien hier gut oder sehr gut aufgestellt. Wirklich zufrieden könne
man damit aber nicht sein, sagte Korff. Zwar hätten 64 Prozent der Betriebe eine
KI-Strategie, doch nur 34 Prozent hätten auch die technische Infrastruktur, um
KI wirklich einsetzen zu können. "Und wenn ich sehe, dass ein Drittel der
Industrie-Unternehmen noch keine KI-Strategie haben, dann wird mir angst und
bange", fügte Korff hinzu. Schließlich gehe es hier um die wohl wichtigste
Schlüsseltechnologie der Zukunft.

"Die Fertigungsindustrie muss aufpassen, dass sie die beiden technologischen Megatrends Cybersicherheit und KI nicht verschläft - das gilt für Europa und
Deutschland", warnte Korff. Sonst sei die Wettbewerbsfähigkeit in Gefahr. "Das
ist existenziell für die deutsche und europäische Wirtschaft. Wenn wir nicht in
der Lage sind, KI zu nutzen, uns aber gleichzeitig auch vor KI-Angriffen zu
schützen, dann werden wir die nächste Dekade nicht überstehen."/fjo/DP/jha
Name WKN Börse Kurs Datum/Zeit Diff. Diff. % Geld Brief Erster Schluss
Cisco Systems 878841 NASDAQ 47,120 03.05.24 22:00:09 +0,330 +0,71% 47,150 47,200 47,030 46,790
CONTINENTAL AG O.N. 543900 Xetra 61,560 03.05.24 17:35:25 +0,360 +0,59% 0,000 0,000 61,760 61,200

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