17.04.2024 07:43:03 - dpa-AFX: AUSBLICK: SAP mit steigendem Ergebnis erwartet - Umbaukosten könnten belasten

WALLDORF (dpa-AFX) - Europas größter Softwarehersteller SAP
legt an diesem Montag (22. April) nach US-Börsenschluss die Zahlen für das erste
Quartal vor.

DAS ERWARTET DER KONZERN:

SAP-Chef Christian Klein hat den Anlegern in Aussicht gestellt, dass es
dieses Jahr vor allem beim Cloudwachstum und dem bereinigten operativen Ergebnis
weiter schwungvoll nach oben geht. Der Umsatz mit Software zur Nutzung über das
Netz soll währungsbereinigt um 24 bis 27 Prozent zulegen.

Speziell mit der Kernsoftware zur Unternehmenssteuerung wie Finanzen,
Warenwirtschaft und Prozessverbesserungen (ERP - Enterprise Resource Planning)
aus der Cloud hat sich Klein viel vorgenommen, um den US-Erzrivalen Oracle
mit dessen Angeboten in diesem Bereich in Schach zu halten. Dafür
hat der Manager den Angriff auf den anderen Hauptkonkurrenten Salesforce
in dessen Domäne abgeblasen. Software zur Vertriebssteuerung und
Kundenmanagement (CRM - customer relationship management) hat bei dem Konzern
aus Nordbaden nur noch eine untergeordnete Rolle.

Insgesamt sollen die Produkterlöse um 8 bis 10 Prozent steigen, wenn
Währungseffekte ausgeklammert werden. Das ehemals angestammte Geschäft mit
Lizenzerlösen für vor Ort installierte Software steht bei den Walldorfern
hintan, weil Klein nur den Cloudanwendungen Zukunftschancen einräumt. Diese
sollen zugleich die Kunden stärker binden und auf längere Sicht über
Abonnementzahlungen auch mehr Ertrag abwerfen als die vergleichsweise hohen
Verkaufserlöse aus Lizenzen, die aber nur einmal anfallen. Die eingeworbenen
Abo-Verträge für die Cloud stehen daher regelmäßig im Blick der Investoren als
Gradmesser für künftiges Wachstum.

Die hohen Investitionen der früheren Jahre sollen das um Sondereffekte
bereinigte operative Ergebnis nun auch noch stärker nach oben treiben als
bereits im Vorjahr. Dieses Ergebnis will SAP währungsbereinigt um 17 bis 21
Prozent steigern; die Marge bezogen auf den Gesamtumsatz dürfte daher weiter
zulegen.

SAP hat bei der Bereinigung seiner Ergebniskennziffern eine Reihe von
Änderungen umgesetzt. Vor allem werden die Kosten für anteilsbasierte
Vergütungen nicht mehr aus dem bereinigten Ergebnis vor Zinsen und Steuern
herausgerechnet. Der Kostenblock ist bei SAP ein großer Posten: Im vergangenen
Jahr waren es 2,2 Milliarden Euro, für dieses Jahr hat SAP keine Schätzung
veröffentlicht.

Viele Mitarbeiter bei SAP bekommen Gehaltsbestandteile, die von der
Entwicklung des Aktienkurses abhängen. Im ersten Quartal hat das SAP-Papier
einen regelrechten Satz nach oben gemacht: Um 29 Prozent hat das
Dax-Schwergewicht in den drei Monaten zugelegt. Das dürfte das
Ergebnis zu Jahresbeginn dementsprechend belastet haben.

Ein weiterer Faktor in den Zahlen könnte das zu Jahresbeginn verkündete
Programm zum Stellenabbau sein. Damit will sich SAP stärker auf Programme rund
um Künstliche Intelligenz (KI) ausrichten - und künftig auch deutlich sparen.
8000 der bisherigen Stellen fallen weg. Zwei Drittel der Betroffenen sollen das
Unternehmen über Vorruhestand und Abfindungen verlassen, der Rest könnte in
anderen Positionen bleiben. Der Umbau dürfte den Konzern rund 2 Milliarden Euro
kosten. Diese rechnet SAP zwar aus dem operativen Geschäft heraus; unter dem
Strich könnte es aber rote Zahlen bedeuten, wenn der Konzern diese Kosten
tatsächlich schon im ersten Quartal verbucht.

In diesem Jahr rechnet SAP noch nicht mit nennenswerten Einsparungen bei den laufenden Kosten. 2025 aber soll eine Entlastung von rund 500 Millionen Euro
greifen - obwohl SAP durch Neuanstellungen Ende 2024 mit einer ähnlich hohen
Mitarbeiterzahl rechnet wie zu Jahresbeginn (107 602 Vollzeitbeschäftigte).

Die Mittelfristziele von Klein sehen dann für 2025 weitere Zuwächse vor.
Dann soll der Gesamtumsatz auf mehr als 37,5 Milliarden Euro klettern (2023:
31,2), davon aus der Cloud mehr als 21,5 Milliarden Euro (2023 fortgeführte
Geschäfte: 13,7). Das bereinigte operative Ergebnis plant SAP 2025 bei rund 10
Milliarden Euro ein (2023 angepasst: 6,5).

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Im Schnitt rechnen die Analystinnen und Analysten in dem vom Unternehmen
veröffentlichten Stimmungsbild zum ersten Quartal mit einem Plus beim
Cloudumsatz von 24 Prozent im fortgeführten Geschäft auf 3,94 Milliarden Euro
(Median). Der Gesamtumsatz dürfte daher trotz des weiter schwindenden Geschäfts
mit Lizenzen und herkömmlichen Wartungsverträgen um 8 Prozent auf 8,03
Milliarden Euro gestiegen sein.

Beim bereinigten Ergebnis vor Zinsen und Steuern erwarten die Experten einen Anstieg um ein Fünftel auf 1,58 Milliarden Euro. Allerdings gibt es große
Unterschiede in den einzelnen Schätzungen: Die Bandbreite reicht von 1,47 bis
1,93 Milliarden Euro. Womöglich sind noch nicht alle Kalkulationsmodelle der
Fachleute auf die neue Definition umgestellt. Die Experten rechnen auf
Jahressicht nicht mit einer Änderung der Prognosen.

Die Resultate sollten nach Meinung von Baader-Bank-Analyst Knut Woller einen "gesunden" Schwung bei der Nachfrage belegen. So habe Konkurrent Oracle im
jüngsten Dreimonatszeitraum gut dagestanden. Die Margenentwicklung von SAP
sollte ebenso seine These stützen, dass es in den kommenden Jahren bei Erlösen
und Profitabilität weiter nach oben geht. Allerdings geht der Experte davon aus,
dass die Kosten für anteilsbasierte Vergütung höher liegen als zuvor von ihm
geschätzt.

Auch Analyst Johannes Schaller von Deutsche Bank Research rechnet mit
Mehrkosten durch den gut gelaufenen Aktienkurs in Höhe von 200 Millionen Euro.
Er hat die neue Definition für das bereinigte operative Ergebnis nach eigenen
Angaben berücksichtigt und geht von 1,56 Milliarden Euro aus - also etwas
geringer als im Schnitt der Experten. Damit wäre die Marge aber auf
vergleichbarer Basis immerhin um 2,1 Prozentpunkte auf rund 20 Prozent
geklettert. Beim Cloud-Auftragsbestand der kommenden zwölf Monate rechnet
Schaller mit einem Plus von 27 Prozent gegenüber dem Stand ein Jahr zuvor.

Barclays-Experte James Goodman sieht in den kommenden Jahren weitere
Aufwärtschancen für den Konzern. Bisher hätten sich nur wenige der
Bestandskunden für ein Upgrade auf die neueste Version der ERP-Kernsoftware
namens S/4 Hana entschieden. Beim Wechsel von alten Wartungs- auf neue
Cloudverträge könne SAP mit einer Verdopplung bis Verdreifachung der Umsätze je
Kunde rechnen, verwies er auf Aussagen von SAP-Finanzchef Dominik
Asam./men/stw/jha/
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