20.03.2024 15:15:04 - dpa-AFX: ROUNDUP/UN-Bericht: Die Welt produziert Jahr für Jahr mehr Elektroschrott

BONN/GENF (dpa-AFX) - Weltweit wird einem neuen UN-Bericht zufolge immer
mehr Elektroschrott produziert - und das Recycling kommt nicht hinterher. Allein
im Jahr 2022 fielen 62 Millionen Tonnen an elektronischem Abfall an, wie aus dem
am Mittwoch veröffentlichten "Global E-Waste Monitor" hervorgeht. Das sei ein
Rekord - und ein Anstieg um 82 Prozent im Vergleich zum Jahr 2010. Gehe es so
weiter, sei 2030 mit 82 Millionen Tonnen zu rechnen. Unter E-Waste fällt dabei
alles, was einen Stecker oder eine Batterie hat.

Die Autoren des Berichts wählen eindrückliche Vergleiche, um das Ausmaß des
globalen Schrottproblems zu illustrieren: Mit dem Elektro-Abfall aus dem Jahr
2022 könne man 1,55 Millionen 40-Tonnen-Lastwagen füllen, schreiben sie.
Stoßstange an Stoßstange würde die Lkw-Kolonne dann ungefähr rund um den Äquator
reichen.

Das Problem: Im Verhältnis zum rasant wachsenden Berg aus ausrangierten
Handys, Laptops, Fernsehern, Kühlschränken und anderen Geräten hinkt das
dokumentierte Recycling stark hinterher. Im Jahr 2022 sei weniger als ein
Viertel (22,3 Prozent) des Elektroschrotts nachweislich ordnungsgemäß gesammelt
und aufgearbeitet worden, hieß es. Bis 2030 könne der Wert auf 20 Prozent
sinken. Milliarden-Dollar-Werte an eigentlich wiedererlangbaren Ressourcen
würden verschwendet. Hinzu kommen Gefahren für die Umwelt - denn Elektroschrott
kann giftige Zusatzstoffe und gefährliche Substanzen wie Quecksilber enthalten.
Er sollte darum auf die richtige Weise entsorgt und aufbereitet werden.

"Wir haben es mit einer ganz massiven Schieflage zu tun", sagte Rüdiger
Kühr, einer der Autoren, der Deutschen Presse-Agentur. "Das liegt maßgeblich
daran, dass es in vielen Teilen der Welt weder entsprechende Gesetzgebung noch
Infrastruktur für Sammlung und Recycling gibt. So kommen die Materialien nicht
in den eigentlichen Recycling-Prozess." Zugleich gebe es in vielen Regionen
einen enormen Zuwachs an elektronischen Geräten. Es komme viel mehr auf den
Markt als derzeit gesammelt und recycelt werden könne.

"Da sind zum Beispiel die E-Zigaretten zu nennen. Oder smarte Kleidung, die
en vogue wird - etwa mit eingebauter Heizfunktion", zählte Kühr auf. Auch
Kinderspielzeug funktioniere häufig nur noch mit einer Batterie oder einem
Stecker.

Dass aus den einst neuen, schönen Produkten alsbald Schrott wird, hat viele
Gründe. Einer davon: Reparaturen gestalten sich oft äußerst schwierig. Das liegt
auch am Design der Geräte. Viele sind verklebt statt verschraubt, was es
schwierig macht, sie ohne Schaden zu öffnen. "Das hat auch etwas mit den Kosten
zu tun", erklärte Kühr. "Eine intelligente Verschraubung ist in der Herstellung
kostenintensiver als eine Verklebung." Es müsse ein Umdenken geben. "Die
Reparierbarkeit muss vereinfacht werden."

Etwa ein Drittel des weltweiten Elektroschrotts bestand 2022 nach
Einschätzung der Autoren aus eher kleinen Geräten wie Spielzeug,
Mikrowellenherden oder E-Zigaretten. Die dokumentierten Recyclingquoten bei
diesem Equipment sind nach wie vor sehr niedrig (12 Prozent). Ausrangierte
Großgeräte wie zum Beispiel Kühlschränke oder Waschmaschinen werden häufiger
ordnungsgemäß aufbereitet.

Vielfach fehlt aber offenbar auch einfach das Wissen, was man mit dem ganzen Elektrozeugs machen soll, wenn es nicht mehr funktioniert - oder die
Bequemlichkeit schlägt zu. Geschätzt 14 Millionen Tonnen Elektroschrott seien
2022 einfach in normale Mülltonnen gewandert, heißt es im Bericht.

"Das größte Problem weltweit und in allen Ländern ist der Eintrag von
Elektroschrott in Siedlungsabfälle, die deponiert oder verbrannt werden",
erklärte Christoph Helbig von der Universität Bayreuth, der selbst nicht am
Bericht beteiligt war. Elektrogeräte gehörten niemals in die normale
Hausmülltonne - die Kommunen seien gefragt, gute, niederschwellige
Rückgabemöglichkeiten zu schaffen.

"Viele Menschen wissen schlicht nicht, was sie mit ausrangierten
Elektrogeräten machen müssen", sagte Vanessa Gray, die ebenfalls am Bericht
beteiligt war. Manch einer habe auch Angst, dass ein altes Telefon noch sensible
Daten enthalte. "Es geht auch darum, ein Bewusstsein für diese Problematik zu
schaffen." Sie betonte aber auch: "Die einfachste Lösung aller
Elektroschrott-Probleme ist, gar keinen Elektroschrott zu produzieren."

Pro Kopf liegen die Europäer beim Elektroschrott-Aufkommen mit 17,6
Kilogramm vorn, gefolgt von Ozeanien (16,1 Kilogramm) und Amerika (14,1
Kilogramm). Zugleich haben diese Regionen die höchsten Recyclingquoten - die
Europäer etwa kommen auf 42,8 Prozent. In Afrika fällt pro Kopf viel weniger
Elektroschrott an (2,5 Kilogramm) - aber weniger als 1 Prozent wird dort
nachweislich ordnungsgemäß
gesammelt und recycelt.

"Auch in Deutschland ist die Situation nach wie vor unbefriedigend und die
EU-Vorgaben zur Altgerätesammlung werden Jahr für Jahr um mehr als 20 Prozent
verfehlt", betonte Andreas Manhart vom Öko-Institut in Freiburg, der selbst
nicht am Bericht beteiligt war. "Damit gehen uns jedes Jahr mehrere
Hunderttausend Tonnen Rohstoffe verloren." Zu den enthaltenen Materialien zählen
etwa Kupfer, Eisen, Gold, Nickel und Aluminium.

Der "Global E-Waste Monitor" wird regelmäßig vorgelegt und kann so Zahlen
und Daten aus verschiedenen Jahren vergleichen. Verfasser sind das Ausbildungs-
und Forschungsinstitut der Vereinten Nationen (UNITAR) und die Internationale
Fernmeldeunion (ITU).

Die Autoren blicken auch in die Zukunft. "Wir müssen klar sehen: Die
Digitalisierung erfordert mehr elektronische Artikel und kritische Rohstoffe",
sagte Vanessa Gray. "Wir wissen zum Beispiel, dass ein Drittel der
Weltbevölkerung noch nicht an das Internet angeschlossen ist. Wenn wir diese
Menschen über die nächsten Jahre an der Digitalisierung teilnehmen lassen
wollen, brauchen wir viel Material", sagte sie. "Das wird natürlich auch zu mehr
Elektroschrott führen."/idt/DP/stw
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