19.03.2024 15:08:55 - dpa-AFX: ROUNDUP/Gigabit-Mobilfunk auf Zugfahrten: 5G-Tests gestartet

MALCHOW (dpa-AFX) - Bahnreisende können darauf hoffen, künftig deutlich
bessere Mobilfunk-Internetverbindungen zu bekommen als bisher. Bei einem
ambitionierten Bahnprojekt in Mecklenburg-Vorpommern starteten am Dienstag die
Messfahrten. Genutzt wird ein ausrangierter ICE, der zum Laborfahrzeug
umgerüstet wurde. Er fährt nun auf der 10 Kilometer langen Strecke hin und her,
um Erkenntnisse über die Qualität der Datenverbindung im Zug und außerhalb des
Zuges zu testen. Das Fahrzeug hat Antennen im Inneren und auf dem Dach.

Es geht um Downloadraten von 1000 Megabit pro Sekunde (1 Gigabit). Zum
Vergleich: Derzeit sind die Mobilfunkfirmen an den Bahnstrecken zu einem
Download-Speed von 100 Megabit pro Sekunde verpflichtet. Das Projekt könnte
Impulse für den Ausbau des Handynetzes an Bahnstrecken in ganz Deutschland
setzen und auf lange Sicht Verbesserungen bewirken. Ob das wirklich passiert,
ist aber noch offen. Erst nach dem bis Ende des Jahres laufenden Projekt wird
entschieden, wie es weitergeht.

Bahn-Vorständin Daniela Gerd tom Markotten zeigte sich zufrieden mit dem
zügigen Bau der Teststrecke, die in nur acht Monaten fertiggestellt worden sei.
Auf dem Abschnitt zwischen Karow und Malchow wurden 13 neue Mobilfunk-Masten
installiert. Das Besondere dabei: Sie funken im hohen und sehr leistungsstarken
3,6 Gigahertz-Frequenzband im Standard 5G und nicht in niedrigeren Bändern, in
denen Bahnstrecken üblicherweise versorgt werden. Dadurch verbessert sich die
Verbindung wesentlich. Die Frage ist aber, wie viel von diesem sehr guten Netz
beim Reisenden ankommt, der in einem schnellen Zug sitzt und dabei etwas
abgeschirmt ist.

Bisher spielt 5G in dem hohen Frequenzband bei der Bahnstrecken-Versorgung
nur eine Nebenrolle, weil die Reichweite der Antennen nur circa einen Kilometer
beträgt. Das ist wesentlich weniger als Mobilfunk in niedrigeren Bändern,
sogenannten Flächenfrequenzen. Die bieten längst nicht so hohe
Geschwindigkeiten. Fährt der Zug in einen Bahnhof ein, kann es zwar durchaus
passieren, dass der Reisende mit dem sehr guten 5G-Netz verbunden wird und
dadurch sehr hohe Datenraten bekommt. Fährt der Zug hingegen wieder los, ist es
auf der Strecke zum nächsten Bahnhof in der Regel nur noch eine schlechtere
Verbindung - also dann, wenn viele Reisende sich mit dem Smartphone, Laptop oder
Tablet Dateien aus dem Netz herunterladen, Filme streamen oder per Video
telefonieren wollen.

Vier Firmen machen mit

Das Projekt namens "Gigabit Innovation Track" soll wichtige Erkenntnisse
sammeln, wie 5G in Zeiten steigenden Datenbedarfs gut eingebunden werden kann in
den Handyempfang auf Bahnstrecken. Neben der Bahn machen auch der Mobilfunker O2
Telefónica, das Infrastrukturunternehmen Vantage Towers und der
Netzwerkausrüster Ericsson mit.

Kritisch ist zudem die Verbindungsübergabe von einer Funkzelle zur nächsten, wenn sich das Smartphone in einem schnellen Zug befindet. Auch hierzu sollen die
Tests Erkenntnisse liefern. Zunächst ist der Laborzug mit 50 oder mit 80
Kilometern pro Stunde unterwegs. Später soll er im Rahmen des Projekts bis zu
140 Kilometer pro Stunde schnell sein. Auf das auf manchen ICE-Trassen übliche
Tempo 300 kommt der Testzug zwar nicht. Tempo 140 reicht aber nach Einschätzung
der Fachleute aus, um daraus Schlussfolgerungen zu ziehen für Netzverbindungen
bei noch höheren Geschwindigkeiten.

"Mit dem Start der Messungen vor Ort geht das Projekt in eine entscheidende
Phase", erklärte O2-Vorstandsmitglied Valentina Daiber. "Ob Business-Anwendungen
oder Videostreaming - die Anforderungen an die mobile Datennutzung nehmen
kontinuierlich zu." Sie versteht das Projekt als Beitrag für die Infrastruktur
vom "5G-Zug der Zukunft". "Die Ergebnisse helfen Bahn, Politik und
Telekommunikationsanbietern dabei, ein besseres Verständnis über den künftigen
Mobilfunkausbau entlang der Schienen sowie dessen Kosten und Finanzierung zu
erlangen."

Ausbau wäre eine teure Sache

Damit spricht Daiber einen Knackpunkt des Themas Gigabit-Mobilfunk an
Bahngleisen an: die Kosten. Denn selbst wenn das Projekt positive Erkenntnisse
mit sich bringt, wäre unklar, ob dann im großen Stil 5G-Antennen für 3,6
Gigahertz an Bahnstrecken installiert werden. Wegen der geringen Reichweite des
hohen Frequenzbandes müssten viel mehr Masten gebaut werden als bei den
Flächenfrequenzen. Das wäre eine teure Sache.

Eine teure Sache, die es möglicherweise aber wert wäre, heißt es von
Verbraucherschützern. "Wir sind zwar mitten im Digitalzeitalter, aber so fühlt
sich das auf Bahnfahrten häufig nicht an - die Datenverbindung wird auf manchen
Strecken immer wieder unterbrochen oder sie findet nur im Schneckentempo statt",
sagt Felix Flosbach von der Verbraucherzentrale NRW. Diesbezüglich erreichten
die Verbraucherzentralen auch Beschwerden von Bürgerinnen und Bürgern, eine
rechtliche Handhabe gebe es hierbei aber nicht. "Die Menschen sind angewiesen
auf die Bahn und die Mobilfunker." Sollte die Mobilfunkbranche ihre
Anstrengungen wesentlich verstärken, wäre das sehr zu begrüßen./wdw/DP/men
Name WKN Börse Kurs Datum/Zeit Diff. Diff. % Geld Brief Erster Schluss
DT.TELEKOM AG NA 555750 Xetra 21,620 07.05.24 12:25:59 -0,120 -0,55% 21,610 21,620 21,760 21,740
ERICSSON B (FRIA) 850001 Xetra 4,950 07.05.24 12:24:23 +0,040 +0,81% 4,953 4,960 4,920 4,910
TELEFONICA INH. EO 1 850775 Xetra 4,290 07.05.24 12:12:11 +0,016 +0,37% 4,287 4,291 4,279 4,274
NOKIA OYJ EO-,06 870737 Xetra 3,460 07.05.24 12:21:38 ±0,000 ±0,00% 3,467 3,471 3,472 3,460
VANTAGE TOWERS AG NA O.N. A3H3LL Hamburg 37,500 07.05.24 12:00:12 ±0,000 ±0,00% 37,400 37,800 37,400 37,500

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