01.06.2023 08:30:04 - dpa-AFX: HINTERGRUND/Hype vorbei?: Wie E-Sport-Teams mit der Rezession umgehen

BERLIN/KÖLN(dpa-AFX) - Vor wenigen Jahren noch war dem E-Sport eine
grandiose Zukunft vorausgesagt worden, mit Umsatzwachstumsraten im zweistelligen
Bereich. Es wurde kräftig investiert in den "Wettkampf der digitalen
Generation", der sich längst von einem Nischen- zu einem Massenphänomen
entwickelt hat. Und als während der Corona-Pandemie andere Bereiche in Sport und
Unterhaltung komplett pausieren mussten, lief der sportliche Wettkampf mit
Computer- und Videospielen mehr oder weniger weiter. Doch die aktuelle
gesamtwirtschaftliche Lage stellt die Branche vor Herausforderungen: Neue
Sponsoren sind schwerer zu finden und Investorengeld versiegt.

"Wir sprechen alle vom E-Sport-Winter", sagt Alexander Müller,
Geschäftsführer der E-Sport-Organisation SK Gaming aus Köln. Die Formulierung
geht mit zurück auf den Vorstandschef eines international tätigen
E-Sport-Unternehmens, Arnold Hur von Gen.G. "Ich habe gesagt, dass der
E-Sport-Winter naht, aber selbst ich hätte nicht gedacht, dass es so kalt sein
würde. Ich denke, dass es mehr als 30 Prozent der E-Sport-Teams weltweit in den
nächsten zwei Jahren nicht schaffen werden", schrieb Hur im Januar auf Reddit.

Tatsächlich ist seitdem einiges passiert. So hat etwa das US-Team FaZe Clan
- eine der Szenegrößen - einen Verlust von 14 Millionen US-Dollar für das erste
Quartal 2023 berichtet. Einem Bericht von "digiday.com" zufolge will das
Unternehmen 40 Prozent seiner Angestellten entlassen. 2022 war FaZe noch mit
einer Bewertung von 725 Millionen US-Dollar an die Börse gegangen - die Aktie
liegt nun bei einem Wert von unter einem Dollar. Medienberichten zufolge haben
auch die E-Sport-Organisationen 100 Thieves, Optic Gaming und The Guard
Beschäftigte entlassen oder suchen nach einem Käufer.

Ein Problem: E-Sport zieht einen großen Teil seiner Umsätze aus Sponsoring,
vor allem über eigene Content-Produktion in sozialen Medien. Einer Studie des
Beratungsunternehmens Deloitte zufolge zogen europäische E-Sport-Organisationen
2022 rund 37 Prozent und damit den größten Teil ihrer Umsätze aus
Sponsoring-Verkäufen.

"Es ist nicht ganz so einfach in diesem Jahr, neue Partnerschaften zu
finden", sagt Victor Goossens, Co-Chef und Gründer von Team Liquid, einem
international tätigen E-Sport-Team aus Amsterdam. "In einer Rezession denken
große Unternehmen als erstes darüber nach, vielleicht nicht so viel für
Marketing auszugeben. Das bekommen wir natürlich zu spüren." Daneben seien
Medienrechte, digitales Merchandise und Beteiligungen an Ligen wichtige
Umsatzquellen.

Viel im E-Sport ist außerdem auf Investorengeld gebaut. In der Rezession
forderten Investoren nun schneller eine Tragfähigkeit der Organisationen als
eigentlich geplant war. "Viele Unternehmen im E-Sport stecken in diesem Moment
fest", sagt Goossens. "Das Geschäft hätte auf lange Sicht durchaus Sinn ergeben
können, ihnen wurde Kapital zum Investieren gegeben, und der Break-Even-Moment
kommt für sie zu früh." Auch der richtige Umgang mit dem Geldern ist eine
Herausforderung. "Ein großer Fehler war, dass Viele Geld genommen haben aus dem
Investitionsmarkt und dieses Geld in Spielergehälter investiert haben", sagt
etwa SK-Chef Müller.

Große E-Sport-Unternehmen diversifizieren ihre Umsätze. Aber E-Sport ist
nicht gleich E-Sport. Disziplinen wie "League of Legends", "Counter-Strike:
Global Offensive", "FIFA 23", "Valorant" oder Sim-Racing müssen jeweils für sich
betrachtet werden. Jede Disziplin hat eigene Fans, Regeln, Turnierstrukturen und
Umsatzbeteiligungen. Profitable Abteilungen gleichen so aber Verluste anderer
Teams aus. Außerdem expandieren große E-Sport-Unternehmen in weitere Branchen -
bis hin zu Überlegungen für Fashion-Marken. Große Firmen sehen sich daher nicht
so sehr im "E-Sport-Winter" und betonen, dass sie zwar auf die Rezession
reagieren mussten, aber insgesamt gut dastünden.

Kann E-Sport als alleiniges Geschäftsmodell funktionieren? "Es existiert und kann existieren, aber nur für einige wenige", sagt der Finanzchef von G2
Esports, Philippe Adam. Einerseits gebe es kleine Teams, die sich beispielsweise
auf ein Spiel konzentrieren und eine starke lokale Fangruppe haben. Andererseits
große, internationale Unternehmen, die sich diversifizieren. Und eine kleine
Mittelklasse./wck/DP/mis

--- Von Benedikt Wenck, dpa ---
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