19.06.2024 14:30:16 - dpa-AFX: POLITIK: Sicherheitsbehörden wegen Zunahme von Cyberangriffen durch KI besorgt

POTSDAM (dpa-AFX) - Sicherheitsbehörden zeigen sich angesichts des
wachsenden Einflusses von Künstlicher Intelligenz (KI) auf Cyberangriffe und
Desinformationskampagnen besorgt. "KI kann noch mal einen Anstieg an
Cyberkriminalität hervorrufen", sagte der Präsident des Bundeskriminalamtes
Holger Münch am Mittwoch bei einer Cybersicherheits-Konferenz am
Hasso-Plattner-Institut in Potsdam. "ChatGPT gibt es auch auf der dunklen Seite
der Macht."

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), bezeichnet
die Bedrohungslage im Cyberraum als besorgniserregend. BSI-Präsidentin Claudia
Plattner sagte, generative KI senke die Einstiegshürden für Cyberangriffe und
erhöhe auch den Umfang und Geschwindigkeiten von Cyberattacken. Auch mit Blick
auf bevorstehende Wahlen drohten Desinformationskampagnen, warnte der
Vizepräsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Sinan Selen. Die
Sicherheitsbehörden müssten sich darauf einstellen, dass der Einsatz von KI
wichtiger werde.

Der Cybersicherheits-Experten vom HPI, Christian Dörr, sieht die Gefahr,
dass KI wie ein "Brandbeschleuniger" eine Spaltung und Radikalisierung der
Gesellschaft noch verstärken könne. Denn mittels Künstlicher Intelligenz und
bestimmter Algorithmen in sozialen Medien könne die Meinungsbildung von Menschen
gezielter als früher gesteuert werden.

Verfassungsschutz: Bandbreite von Angriffen steigt

Sorgen macht dem deutschen Nachrichtendienst auch eine wachsende Gefahr
durch Spionage-Aktivitäten, die auch von privaten Akteuren im Auftrag von
Staaten ausgeführt werden. "Wir erleben eine Industrialisierung, eine
Privatisierung der Spionage in einem hohen Ausmaß", sagte Verfassungsschützer
Selen. Es seien unter anderem sogenannte patriotische Hacker unterwegs. Die
operative Bandbreite und auch die Kreativität von Angriffen steige deutlich.

Verfassungsschützer Selen sagte, er habe auch den Einruck, dass die
Zeitenwende noch nicht überall angekommen sei, auch wenn das Bewusstsein für
Cybergefahren etwa in großen Unternehmen gewachsen sei. Aber es seien gerade bei
kritischer Infrastruktur noch zu viele Daten offen im Netz verfügbar.

Vor allem seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine steigen
Bedrohungen auch in Deutschland durch eine hybride Kriegsführung. Dazu gehören
Cyberangriffe, aber auch Einflussnahmeversuche durch Desinformation und
Fake-News.

Ein Beispiel: Durch die sozialen Medien geisterten etwa gefälschte Zitate,
in denen sich Stars angeblich zur Ukraine äußerten. Aber auch SPD und CDU waren
in den Fokus russischer Cyberattacken geraten.

Sicherheitsbehörden haben auch Schutz der Landtagswahlen im Blick

Bei den bevorstehenden Landtagswahlen im Herbst im Osten wollen sich die
Sicherheitsbehörden gegen Versuche der Einflussnahme durch
Desinformationskampagnen rüsten. Es gebe dazu Arbeitsgruppen mehrerer Behörden,
sagte BSI-Präsidentin Plattner. Störungen durch Falschinformationen müssten
einkalkuliert werden, sagte Verfassungsschützer Selen. Es komme darauf an, dass
die Sicherheitsbehörden vernetzt und schnell reagierten. "Dafür haben wir auch
in Bezug auf die Landtagswahlen entsprechende Vorsorge getroffen", sagte
Selen./mow/DP/mis

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