21.06.2024 06:07:44 - dpa-AFX: Studie: Sanierungsquote für Klimaziel viel zu gering

MÜNCHEN (dpa-AFX) - Das von der Bundesregierung angepeilte Ziel der
Klimaneutralität bis 2045 ist aus Expertensicht im Gebäudesektor unter
derzeitigen Bedingungen nicht zu schaffen. Bei energetischen Sanierungen gebe es
wegen des "Nadelöhrs" Fachkräftemangel massive Kapazitätsengpässe, heißt es in
einer Studie des Münchner Beratungsunternehmens S&B Strategy, die der Deutschen
Presse-Agentur vorliegt. "Es fehlen schlichtweg die erforderlichen Handwerker,
um die Sanierungsarbeiten umfänglich durchzuführen. Damit bedrohen die
Kapazitätsengpässe im Handwerk die gesamte Klimastrategie Deutschlands", sagte
Fabio Meggle, Manager und Co-Autor der Studie.

Deutschland fahre zweigleisig und setze - anders als manche andere Länder -
bei der Minderung des Treibhausgasausstoßes neben der Elektrifizierung der
Wärmeerzeugung durch Wärmepumpen auch auf eine Verringerung des Energiebedarfs
durch Dämmungen der Gebäudehüllen. Gerade bei Dächern und Fassaden sei man
jedoch "meilenweit von einem Szenario entfernt, die Sanierungsziele bis 2045 zu
schaffen", meinte Christoph Blepp, Managing Partner der Strategieberatung.

Den gesamten Investitionsbedarf, um das Ziel der Klimaneutralität im
Gebäudesektor bis 2045 zu erreichen, schätzen die Experten auf rund 1,2
Billionen Euro - in den wichtigsten vier Gewerken Heizung, Fenster, Dach,
Fassade. So gebe es allein im Bereich Wohnen deutschlandweit 15,7 Millionen
Gebäude, die seit ihrer Errichtung nicht oder nur teilweise energetisch saniert
wurden. Hinzu kämen rund 1,7 Nicht-Wohn-Gebäude, die vor 2001 erreichtet wurden
und damit potenziell sanierungsbedürftig seien.

Mehr Personal lasse sich kaum kurzfristig rekrutieren - im Gegenteil: In den kommenden Jahren werden zahlreiche Handwerker in den Ruhestand gehen, und
ausreichender Nachwuchs fehle. Zentraler Hebel, um voranzukommen, sei eine
deutliche Steigerung der Produktivität - etwa durch eine stärkere
Vorkonfektionierung, fertige Module, neue Geschäftsmodelle und effizientere
Prozesse. Viele Bauzulieferer arbeiteten an Lösungen, die die für die
Installation von Heizungen oder Fassaden benötigte Zeit deutlich verringerten,
so Meggle. Auch eine Entschlackung von Normen und Regularien sei nötig.

S&B Strategy ist auf die Beratung von Unternehmern und Investoren in den
Bereichen Gebäude und Infrastruktur spezialisiert. Für die Studie wurden unter
anderem Daten des Umweltbundesamtes, des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und
Raumforschung, der Deutschen Energie-Agentur sowie von S&B erhobene Daten
verwendet./csc/DP/stk

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