14.05.2024 17:45:29 - dpa-AFX: WDH/POLITIK/ROUNDUP/Report: Betreuungsquote jüngerer Kinder steigt nur leicht

(Berichtigung: Im 2. Absatz, erster Satz muss es in der zweiten Satzhälfte
"unter der Quote von 2023 liegt" heißen (nicht: "über der Quote").)

BERLIN (dpa-AFX) - Noch immer haben es in Deutschland viele Eltern schwer,
einen Betreuungsplatz für ihren Nachwuchs zu finden. Das geht aus einem Bericht
zur Lage von Familien in Deutschland hervor, den das Bundesfamilienministerium
am Dienstag vorstellte. Demnach ist die Betreuungsquote von Kindern unter drei
Jahren im vergangenen Jahr nur leicht auf 36,4 Prozent gestiegen - das sind
lediglich 1,1 Prozentpunkte mehr als 2022. Laut Bericht waren zum 1. März 2023
etwas mehr als 856 000 Kinder unter drei Jahren in Deutschland in Betreuung -
von insgesamt knapp 2,4 Millionen Kindern in diesem Alter.

Nur leichte Zuwächse

Fünf Jahre davor, im Jahr 2018, waren bereits 33,6 Prozent der unter
Dreijährigen in Betreuung gewesen - ein Anteil, der nur geringfügig unter der
Quote von 2023 liegt. Im Vergleich zum Basisjahr 2006 hat sich der Anteil der
betreuten Kinder unter drei Jahren immerhin fast verdreifacht. Damals waren es
im Schnitt lediglich 13,6 Prozent. Was aus dem Familienreport ebenfalls klar
hervorgeht: Zwischen Ost- und Westdeutschland liegen teils Welten zwischen den
Chancen für Eltern, einen Platz für ihr Kind zu finden.

Während in Ostdeutschland bei den unter Dreijährigen im Jahr 2023 eine
Betreuungsquote von 54,2 Prozent erreicht wurde, waren es im Westen im Schnitt
gerade einmal 32,7 Prozent. Die Betreuungsquote ist demnach in
Mecklenburg-Vorpommern (59,2 Prozent) und Sachsen-Anhalt (59 Prozent) am
höchsten und fast doppelt so hoch wie in Baden-Württemberg (31 Prozent),
Nordrhein-Westfalen (31 Prozent) oder Bremen (30,7 Prozent). Immerhin hat sich
der Abstand zwischen Ost und West seit 2006 um knapp zehn Prozentpunkte
verringert. Was sich nicht geändert hat: Die große Belastung für Eltern, die
immer noch leer ausgehen.

Rechtsanspruch und Realität passen nicht zusammen

Seit 1996 haben Eltern in Deutschland für Kinder ab drei Jahren bis zum
Schuleintritt einen Anspruch auf einen Betreuungsplatz. Dieser Rechtsanspruch
gilt seit 2013 auch für Kinder ab dem ersten Lebensjahr - deckt sich aber oft
nicht mit dem realen Angebot. Nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung aus dem
vergangenen Herbst fehlen in Deutschland trotz des Anspruchs rund 430 000
Kita-Plätze.

Betreuungsquote älterer Kinder ging leicht zurück

Die Betreuungsquote von Kindern zwischen drei und fünf Jahren liegt mit über 90 Prozent deutlich höher als bei den jüngeren Kindern. Im vergangenen Jahr ging
sie aber leicht zurück von 92 Prozent im Jahr 2022 auf 90,9 Prozent. Im
Vergleich zu der Gruppe der unter Dreijährigen ist hier das Gefälle zwischen Ost
und West deutlich geringer. Hier liegen Spitzenreiter Mecklenburg-Vorpommern
(94,5 Prozent) und Schlusslicht Bremen (86 Prozent) nur rund 8,5 Prozentpunkte
auseinander. Dennoch stellt das Familienministerium auch hier einen ungedeckten
Bedarf fest.

Dem Bericht zufolge haben vor allem Familien mit Einwanderungsgeschichte,
Familien ohne akademischen Hintergrund sowie generell benachteiligte Gruppen ein
größeres Risiko, keinen Betreuungsplatz zu finden. Gerade diese würden aber
"besonders von einem Kita-Besuch profitieren", heißt es im Bericht.

Was die Bundesregierung tut

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) hält es für dringend geboten,
mehr Fachkräfte für die Kinderbetreuung zu gewinnen. Der Arbeitgeberverband BDA
schätzt, dass in Westdeutschland bis 2030 in der Kinderbetreuung 50 000 bis 90
000 Fachkräfte fehlen werden. Eine schlüssige Antwort darauf, wie dieser Mangel
zu beheben ist, gibt die Bundesregierung bislang noch nicht.

Seit 2008 wurden nach Angaben des Familienministeriums 5,4 Milliarden Euro
in den Ausbau der Betreuung investiert, 750 000 Betreuungsplätze für Kinder bis
zum Schuleintritt seien damit geschaffen worden. Im Juni dieses Jahres läuft das
letzte Investitionsprogramm des Bundes zum Ausbau von Kitas allerdings aus - ein
Nachfolgeprogramm gibt es trotz des großen Mangels an Betreuungsplätzen nach
Angaben der Bundesregierung nicht. Zur Begründung verwies sie auf die aktuelle
Haushaltslage und die grundsätzliche Verantwortung der Bundesländer, die für den
Ausbau in erster Linie zuständig seien.

Mangel an Betreuungsplätzen bremst Erwerbsbeteiligung von Frauen

Wie Daten des Statistischen Bundesamts erst kürzlich gezeigt haben, geht es
mit der Erwerbstätigkeit von Müttern jüngerer Kinder nur sehr langsam voran. Die
Erwerbsquote von Müttern mit mindestens einem Kind zwischen einem und drei
Jahren betrug im vergangenen Jahr 54 Prozent
- genauso viel wie im Jahr davor. Die meisten dieser Frauen arbeiten
nach wie vor in Teilzeit. Eine Entwicklung, die laut Experten sehr stark mit dem
Mangel an Betreuungsplätzen zusammenhängt.

Insgesamt zeigt der Bericht, dass eine partnerschaftliche Aufgabenteilung
bei Familie und Beruf zwar von vielen gewünscht wird, aber häufig nicht gelingt.
Zwar verbrachten Väter im zuletzt betrachteten Jahr 2022 im Schnitt rund eine
halbe Stunde pro Tag mehr mit ihren Kindern als noch zehn Jahre zuvor. In den
Familien mit zwei Elternteilen übernehmen aber immer noch 75 Prozent der Mütter
den Großteil der Kinderbetreuung./faa/DP/men

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