11.06.2024 06:30:04 - dpa-AFX: ROUNDUP: Steigender Marktanteil: Zweiter Frühling für die Kompaktklasse

FLENSBURG (dpa-AFX) - Auf dem deutschen Automarkt deutet sich eine
Trendwende an. Nach Jahren sinkender Absatzzahlen erlebt die Kompaktklasse
aktuell einen zweiten Frühling. Passend zum 50. Geburtstag ihres prominentesten
Vertreters, des VW Golf, liegt ihr Marktanteil im laufenden Jahr
mit 19,6 Prozent um satte 3,3 Punkte höher als im Gesamtjahr 2023 und sogar 3,7
Punkte über dem Tiefpunkt des Jahres 2022. Das zeigen Zahlen des
Kraftfahrt-Bundesamtes, die die dpa analysiert hat.

Parallel schwächeln SUVs: Während sie seit Jahren stets Marktanteile
gewannen und 2019 die Kompaktklasse an der Spitze der deutschen Käufergunst
ablösten, liegen sie mit 28,4 aktuell 1,4 Punkte im Minus. Der Vorsprung ist
damit zwar nach wie vor deutlich, doch noch 2022 schien es nur noch eine Frage
der Zeit, bis die SUVs das doppelte des Kompaktmarktanteils erreichen würden.

Angebot an Kompaktwagen wurde zurückgefahren

"Ich glaube, die Entwicklung hängt vor allem am Angebot", sagt der
Vizepräsident des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK), Thomas
Peckruhn. "Die Nachfrage nach kompakten Autos ist groß. Wir hatten in letzter
Zeit einfach zu wenige davon. Das hat sich inzwischen aber wieder geändert. Und
die Hersteller bieten auch wieder Aktionen für diese Modelle an."

Nach den für die Kompaktklasse besonders schwachen Vorjahren gebe es
Nachholbedarf, sagt Branchenexperte Frank Schwope, der Automobilwirtschaft an
der Fachhochschule des Mittelstands in Köln und Hannover lehrt. In den
vergangenen Jahren sei die Kompaktklasse deutlich hinter ihrem Potenzial
zurückgeblieben. "Erst Corona, dann Teilemangel. Wir hatten da sehr schwache
Verkaufszahlen."

Angesichts knapper Chips hatten Hersteller wie VW die wenigen verfügbaren
Halbleiter gezielt in höherpreisigen Modellen verbaut und die Produktion von
Klein- und Kompaktwagen gedrosselt. "Da gibt es jetzt Ersatzbedarf", so Schwope.
Und die Nachfrage könne dank wieder besser verfügbarer Teile nun auch bedient
werden. Von den Herstellern werde dies angesichts der insgesamt schwachen
Nachfrage noch unterstützt, um ihre Werke auszulasten. Zur Angebots-These passt
auch eine andere Zahl: Im Kompakt-Segment listet das KBA aktuell 32 Modelle, bei
SUVs sind es mehr als 100. 2014 waren es noch in etwa gleich viele.

Wirtschaftslage macht die Kompakten attraktiver

Hinzu kommt nach Ansicht Schwopes die derzeit angespannte Wirtschaftslage.
"Die Leute halten ihr Geld zusammen." Und kauften sich statt eines teuren SUVs
lieber einen günstigeren Kompakten. Mit dem Ergebnis, "dass viele jetzt lieber
Golf fahren als Tiguan".

Dass nicht mehr sparwillige Kunden zu noch kleineren Autos abgewandert sind, könnte wiederum am Angebot liegen: Das haben die Hersteller beispielsweise bei
den Minis - also der besonders kleinen Autos - zuletzt stark ausgedünnt. Aktuell
zählt das KBA 9 Modelle, 2021 waren es noch 13. Damals lag der Marktanteil bei
6,4 Prozent, inzwischen ist es nur noch die Hälfte.

Ein weiterer Effekt, der zur aktuellen Verschiebung zugunsten der Kompakten
beigetragen haben dürfte, ist die Schwäche der Elektroautos. Diese trifft die
Kompaktklasse nämlich deutlich weniger als beispielsweise SUVs, unter denen die
Stromer deutlich größere Anteile haben.

SUV-Trend am Ende?

Und gerade angesichts der aktuellen Diskussion um eine Abkehr vom
Verbrenner-Aus 2035 in Europa gebe es bei den Kunden viel Verunsicherung, sagt
Schwope. "Viele waren noch am Abwarten, wie es mit der Elektromobilität
weitergeht. Jetzt kaufen sie doch noch mal einen neuen Golf."

Eine generelle Trendwende zurück zum Kompakten will Schwope darin aber nicht sehen. "Das ist noch einmal ein Zwischenaufbäumen, das letzte Aufbäumen der
Kompaktklasse." Am generellen Trend hin zum SUV werde sich dadurch nichts
ändern. "Der wird so weitergehen." Wenn auch nicht mehr so rasant wir bisher,
glaubt Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch
Gladbach. "Der Trend zur SUVsierung hat irgendwo auch seine Grenzen. Ich glaube
jetzt nicht, dass wir demnächst 70 Prozent SUVs haben werden." Spürbar sinken
werde der Anteil aber auch nicht wieder. "Das kehrt sich nicht wieder um."

Zumindest ein Stück weit könnte auch der Golf zum aktuellen Aufschwung der
Kompaktklasse beigetragen haben. In den ersten fünf Monaten 2024 liegt der
Marktanteil des Modells mit knapp 4,5 Prozent deutlich über dem des Jahres 2023.
So deutlich, dass es rein rechnerisch fast die Hälfte des aktuellen Anstiegs der
Kompaktklasse erklärt. Eine reine Golf-Geschichte ist die Rückkehr der
Kompaktklasse aber nicht: Denn vergleicht man mit dem Tiefpunkt 2022, geht nur
noch etwa ein Drittel des Anstiegs auf den alten Platzhirsch zurück. Und von
früheren Erfolgen, als VW allein in Deutschland zeitweise mehr als 380 000 davon
pro Jahr verkaufte, ist der Golf weit entfernt. Selbst wenn man die aktuellen
Zahlen auf das ganze Jahr fortschreibt, käme er nur auf etwa die
Hälfte./ruc/DP/stk
Name WKN Börse Kurs Datum/Zeit Diff. Diff. % Geld Brief Erster Schluss
BAY.MOTOREN WERKE AG ST 519000 Xetra 72,700 04.11.24 17:40:34 -0,460 -0,63% 0,000 0,000 73,000 73,160
MERCEDES-BENZ GRP NA O.N. 710000 Xetra 56,180 04.11.24 17:44:47 +0,230 +0,41% 0,000 0,000 55,940 55,950
TOYOTA MOTOR CORP. 853510 Frankfurt 15,662 04.11.24 21:49:37 -0,140 -0,89% 0,000 0,000 16,240 15,802
VOLKSWAGEN AG VZO O.N. 766403 Xetra 88,260 04.11.24 17:35:26 -0,240 -0,27% 0,000 0,000 88,280 88,500
Stellantis NV A2QL01 NYSE 13,690 04.11.24 22:00:10 -0,010 -0,07% 13,680 13,860 13,770 13,700

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